Mehr als 300 Wissenschaftler kamen nach Berlin, um das wissenschaftliche Profil der europäischen Spallationsquelle (ESS) festzulegen

Insgesamt sind Ideen von über 1000 Wissenschaftlern in die Projektdiskussion eingeflossen.

Die Konferenz “Science & Scientists at ESS” war die größte wissenschaftliche Tagung, die auf dem Weg zur Realisierung der ESS vom 19. bis 20. April in Berlin stattfand. Ihr Ziel war es, die Diskussionen um die wissenschaftliche Ausrichtung der Neutronenquelle zu bündeln. Die potenziellen Nutzer der Großforschungseinrichtung waren aufgefordert, ihre Vorstellungen und Ideen in die Planungen einzubringen. Die Instrumente der ESS werden in den kommenden Jahren entwickelt.

Wenn die Europäische Spallationsquelle 2019 in Betrieb gehen wird, wird sie eines der größten wissenschaftlichen Großgeräte in Europa sein. Derzeit sind 17 Europäische Länder an ihrer Planung beteiligt. Die ESS wird die stärkste Neutronenquelle der Welt mit einem bislang unerreicht hohen Neutronenfluss werden. Forscher der Materialwissenschaften wie auch der Lebenswissenschaften werden sie gleichermaßen nutzen.

Neutronen werden heute in verschiedenen Wissenschaftsgebieten genutzt. Mit ihnen ist es möglich, Einblicke in die Grundbausteine der Materie zu gewinnen, die mit anderen Methoden nicht möglich sind.
 
“Auf der Konferenz wurden viele beeindruckende Ideen eingebracht”, sagte Prof. Dr. Dimitri Argyriou, der wissenschaftliche Direktor der ESS. „Ich bin sehr froh darüber, dass die Wissenschaftscommunity so zahlreich hier war und viele neue Themen und Anforderungen an die Instrumente in einer so frühen Projektphase eingebracht hat. Dies alles wird in die Planungen einfließen.“ Und es zeige, dass die “Wissenschaftler nicht einfach abwarten und auf die Eröffnung der ESS 2019 warten“, betont Argyriou.
 
Die Veranstalter geben an, dass Feedback von mehr als 1000 Wissenschaftlern in des ESS-Projekt eingeflossen ist. Zirka 100 Posterpräsentationen, die auf wissenschaftlichen Untersuchungen jeweils einer Gruppe von Forschern beruhen, belegen dies. Davon beschäftigten sich etwa 70 Poster mit der Entwicklung von instrumentellen Möglichkeiten, um neue Themen in der Neutronenforschung zu etablieren. Etwa 30 Poster hatten wissenschaftliche Themen zum Inhalt. Feedback kam außerdem aus wissenschaftlichen Symposien, an denen mehr als 700 Wissenschaftler beteiligt waren.
 
Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, wissenschaftliche Geschäftsführerin des Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB), betont: „Deutschland verfügt über die weltweit größte Neutronencommunity. Daher hat das HZB als Betreiber einer Neutronenquelle ein großes Interesse daran, sich auch am ESS-Projekt aktiv zu beteiligen.“
 
Das HZB hat als Partner der ESS die lokale Veranstaltungsorganisation übernommen. Es betreibt eine der beiden in Deutschland verfügbaren Neutronenquellen und ist eines der großen Partnerzentren, die sich bei der Projektplanung und der Design-Phase für die ESS einbringen. Eine Reihe weiterer deutscher Forschungsinstitute, Universitäten und Laboratorien sind ebenfalls beteiligt.
 
ESS in Kürze

Die Europäische Spallationsquelle – eine Forschungseinrichtung der nächsten Generation für Anwendungen in der Materialforschung und den Lebenswissenschaften

Die ESS wird die stärkste Neutronenquelle der Welt sein und wird auf dieser Basis als multidisziplinäres Forschungslaboratorium konzipiert. Man kann sie mit einem großen Mikroskop vergleichen oder einer Art Röntgengerät für Moleküle, wobei anstatt Lichtwellen Neutronen verwendet werden, um in die Materialien hinein zu schauen. Materialien aller Art – ob weiche Materie wie Polymere oder Membranen, aber auch kristalline Stoffe – können untersucht werden. Forscher erhalten mit dieser intensiven Neutronenquelle Einblicke in die atomare Struktur, und sie können Bewegungen der kleinsten Strukturbauteile sichtbar machen. Bezogen auf die Intensität des Neutronenstrahls und die Strahleigenschaften wird die ESS um den Faktor 30 besser sein als die bisherigen Neutronenquellen. Dies eröffnet den Wissenschaftlern an den 22 parallel verfügbaren Instrumenten neue Möglichkeiten zum Beispiel in der Gesundheits-, Umwelt- oder Klimaforschung, aber auch bei der Untersuchung von Materialien für die Energieumwandlung und –speicherung oder von Kunst- und Kulturgut.

Die ESS wird aus einem linearen Protonenbeschleuniger bestehen und einem Bereich, in dem die beschleunigten Protonen auf einen schweren Atomkern gerichtet werden (das sogenannte Target). Durch diesen Aufprall werden Neutronen aus dem Quecksilber-Kern abgedampft. Diese Art der Neutronenerzeugung nennt man Spallation.

Die ESS wird in Lund im Südwesten Skandinaviens als europäisches Gemeinschaftsprojekt errichtet. Zahlreiche Forschungsinstitute und Universitäten sind daran beteiligt. 17 Europäische Staaten, die in der gegenwärtigen Projektplanung involviert sind, werden die zukünftigen Betreiber der ESS sein.
Deutschland mit einer der größten Neutronenforscher-Communities ist ein wichtiger Partner der ESS und stark in der Konzeptions- und Designarbeit engagiert.

Baubeginn ab 2013

Der Bau der Anlage soll 2013 beginnen, die ersten Neutronen sollen 2019 erzeugt werden. Die Kosten des Projekts sind auf zirka 1,5 Milliarden Euro kalkuliert. Mit dem Start des vollen Nutzerservice wird um 2025 gerechnet. Die Planung geht davon aus, dass wenigstens 5000 Europäische Wissenschaftler, die Neutronen für ihre Forschung nutzen, an der ESS arbeiten wollen.

In der Nähe der ESS wird es außerdem komplementär nutzbare Laboratorien geben, zum Beispiel die Synchrotronquelle MAX IV in Lund sowie den XFEL and PETRA III in Hamburg. Die Realisierung des ESS-Projekts wird Europas führende Rolle auf dem Gebiet der neutronenbasierten Forschung weiter stärken.

Pressestelle ESS:

Marianne Ekdahl
Communications Officer Press & Politics
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