Gleichmäßiges Kühlen reduziert Verluste in supraleitenden Kavitäten

Julia-Marie Vogt bekommt den Preis für den besten Konferenzvortrag auf der „16th International Conference on Radio Frequence Superconductivity“ in Paris verliehen.

Julia-Marie Vogt bekommt den Preis für den besten Konferenzvortrag auf der „16th International Conference on Radio Frequence Superconductivity“ in Paris verliehen.

Julia-Marie Vogt erhält Nachwuchspreis für den besten Konferenzvortrag auf der „16th International Conference on Radio Frequence Superconductivity“

Die Anforderungen der Forscher an Teilchen- und Linearbeschleuniger steigen: für noch bessere Experimente werden eine möglichst hohe Intensität und Strahlbrillanz benötigt. Diese Ansprüche lassen sich am besten mithilfe von supraleitenden Kavitäten befriedigen, die im Dauerstrich arbeiten. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Hochfrequenzverlusten, die mittels Flüssighelium gekühlt werden müssen.

Dr. Oliver Kugeler und Julia-Marie Vogt vom Helmholtz-Zentrum Berlin haben einen Mechanismus gefunden, wie sich diese Kavitäten deutlich verbessern lässt. Durch ein kontrolliertes Abkühlen der Supraleiter lassen sich die Verluste minimieren und die Investitions- und Betriebskosten der benötigten Kälteanlagen deutlich reduzieren. Julia-Marie Vogt hat auf der „16. Internationalen SRF-Konferenz“ 2013 vorgetragen, wie dieser bisher ungeklärte Effekt entsteht. Für ihren Beitrag erhielt sie den Nachwuchspreis für den besten Konferenzvortrag.

Die Konferenz gilt als wichtigstes Forum für die Weiterentwicklung von supraleitenden Beschleunigerkomponenten und fand vom 23. bis 27. September in Paris statt.

In ihren Untersuchungen kam Julia-Marie Vogt zusammen dem HZB-Physiker Dr. Oliver Kugeler zu dem Ergebnis, dass sich Verluste von supraleitenden Kavitäten in Beschleunigermodulen fast um die Hälfte minimieren lassen, wenn diese nach einem speziellen Verfahren gleichmäßig abgekühlt werden. Damit die supraleitenden Niobkavitäten richtig arbeiten, müssen sie auf 1,8 Kelvin herabgekühlt werden. Die Verluste minimierten die Forscher, indem sie die supraleitenden Kavitäten zunächst auf diese Temperatur abkühlten, sie dann aber nochmal geringfügig über die Sprungtemperatur von 10 Kelvin erwärmten – und sie anschließend wieder auf 1,8 Kelvin abkühlten.

Julia-Marie Vogt hat nun die Ursache dieses Effekts erklären können. In Modellexperimenten hat sie beobachtet, dass thermisch induzierte Magnetfelder im Supraleiter eingefroren werden und zu diesen Verlusten führen. Weiterhin beobachtete sie, dass die Effizienz, mit der die Magnetfelder eingefroren werden, durch die Abkühlrate beeinflusst wird. „In der Theorie verdrängen Supraleiter die Magnetfelder komplett, doch reale Supraleiter tun dies nicht vollständig. Wenn man sie jedoch langsam abkühlt, dann können die Magnetfelder besser verdrängt werden. Dadurch wiederum reduzieren sich die Verluste deutlich“, sagt die Physikerin Vogt, die seit März 2013 am HZB-„Institut für SRF – Wissenschaft und Technologie“ promoviert. Dieses Ergebnis hat sie zusammen mit Dr. Oliver Kugeler, Prof. Dr. Jens Knobloch vom Helmholtz-Zentrum Berlin am 9. Oktober 2013 in der Zeitschrift „Physical Review Special Topics – Accelerators and Beams“ veröffentlicht.

„Dieser Effekt ist für die Entwicklung von Kälteanlagen für Teilchenbeschleuniger hoch interessant. Gelingt ein gleichmäßiges und langsames Abkühlen durch die supraleitende Sprungtemperatur, könnte die nötige Kühlleistung beim Beschleunigerbetrieb deutlich reduziert werden“, erklärt Prof. Dr. Jens Knobloch, Leiter des HZB-Institut für SRF. Damit würden unter Umständen weniger leistungsstarke und energieintensive Kälteanlagen ausreichen, um den Betrieb sicherzustellen. Dadurch ließen sich Investitions- und Betriebskosten von Kälteanlagen einsparen. Alternativ könnte bei gleichbleibender Kryoleistung die Strahlenergie erhöht werden, so Knobloch. Um diesen Effekt genauer zu untersuchen, sind weitere Messungen in der HoBiCaT-Testanlage geplant.

Für Julia-Marie Vogt ist es bereits die zweite Auszeichnung in kurzer Folge. Im Mai 2013 erhielt sie auf der "4. International Particle Accelerator Conference“ einen Posterpreis, auf dem sie einen Teilaspekt dieser Ergebnisse vorstellte.

Originalveröffentlichung:
J.-M. Vogt, O. Kugeler, and J. Knobloch: "Impact of cool-down conditions at Tc on the superconducting rf cavity quality factor”
Phys. Rev. ST Accel. Beams 16, 102002 (2013), DOI: 10.1103/PhysRevSTAB.16.102002

Die ersten Ergebnisse zum thermischen Cycling wurden im Jahr 2009 vorgestellt. Den Konferenzbeitrag finden sie hier: MANIPULATING THE INTRINSIC QUALITY FACTOR BY THERMAL CYCLING AND MAGNETIC FIELDS

Autoren:O. Kugeler, W. Anders, A. Frahm, S. Klauke, J. Knobloch, A. Neumann, D. Pflückhahn, S. Rotterdam, M. Schuster, S. Voronenko.

(sz)