Maßgeschneiderte Unordnung für optische Anwendungen

Ob eine Oberfläche (hier ein Schmetterlingsflügel) bunt schillert oder ebenmäßig weiß wirkt, hängt auch von ihrer Nanostrukturierung ab.

Ob eine Oberfläche (hier ein Schmetterlingsflügel) bunt schillert oder ebenmäßig weiß wirkt, hängt auch von ihrer Nanostrukturierung ab. © Hans Bernhard/Wikipedia/ unter CC

Silke Christiansen, HZB, koordiniert neues DFG Schwerpunkt-Programm

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet in den nächsten sechs Jahren 16 neue Schwerpunktprogramme (SPP) ein. Darunter ist auch das SPP „Tailored Disorder“, das von Prof. Dr. Ing. Silke Christiansen (HZB, FU Berlin, Max Planck Institut für die Physik des Lichts) koordiniert wird. Ab 2015 werden die beteiligten Forschergruppen neuartige optische Technologien mit Hilfe von „maßgeschneiderter Unordnung“ erforschen. Das SPP „Tailored Disorder“ wird von 2015 bis voraussichtlich 2021 mit insgesamt rund 12 Mio. Euro von der DFG gefördert werden.

In den letzten Jahren hat es auf dem Gebiet der Nano-Optik große Fortschritte gegeben. Bisher wurde ein Höchstmaß an Regelmäßigkeit als Voraussetzung für perfekte Funktionalität angenommen. Dabei liefert die Natur viele Vorlagen für die Nutzung maßgeschneiderter Unordnung auf kleinsten Strukturskalen: So zeigen Schmetterlingsflügel schillernde Farben, während das nahezu identische Ausgangsmaterial bei Käfern der Familie Cyphochilus mit einer dreidimensionalen Nano-Architektur zu einer fast perfekt weißen, gleichmäßig streuenden Oberfläche führt. Erst in den letzten zwei Jahren werden auch unregelmäßige Strukturen systematisch auf ihren Nutzen für optische Anwendungen untersucht. Erste Publikationen belegen das erstaunliche Potenzial zufälliger Nanostrukturen, wie etwa das kleinste Spektroskop der Welt, das auf Unordnung basiert.

Das Potenzial von "Unordnung" ausloten

Um systematisch die Möglichkeiten dieser neuen Klasse von Materialien auszuloten, arbeiten  im Kernteam des SPP „Tailored Disorder“ anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehreren Disziplinen zusammen, von den naturwissenschaftlichen Fachrichtungen Biologie, Physik, Chemie über die Informatik bis hin zur Ingenieursdisziplin Materialwissenschaften. Mit dieser vielfältigen Expertise kann die theoretische Beschreibung komplexer Systeme, die numerische Simulation, die Herstellung und Modifikation mit Hilfe von Nanostrukturierung (Top-Down-Ansatz) und die chemische Synthese (Bottom-up-Ansatz) realisiert werden, um am Ende maßgeschneiderte technologische Anwendungen von der Planung bis zur großskaligen Realisierung etablieren zu können.

Neuartige Solarzellen, optische Elemente oder Spezial-Lacke

„Beherrschen wir diese neuartigen Materialien, wird das völlig neue Möglichkeiten zur Kontrolle breitbandigen Lichts ergeben, da die Anzahl der Freiheitsgrade mit maßgeschneiderter Unordnung viel höher ist als für geordnete Systeme“, erklärt die Koordinatorin Prof. Dr. Ing. Silke Christiansen vom Helmholtz-Zentrum in Berlin (HZB). Die möglichen Anwendungen reichen von verbesserten Solarzellen über neuartige optische Elemente bis hin zu speziellen Autolacken. Aber auch in der Grundlagenforschung verspricht man sich neue Erkenntnisse, zum Beispiel zur so genannten Anderson-Lokalisierung in drei Dimensionen oder zum Verständnis der  Eigenschaften von  Zufalls-Lasern. Auch die Medizin wird von den Ergebnissen des SPP „Tailored Disorder“ profitieren: Denn versteht man die Streu-Eigenschaften von organischen Materialien wie etwa der menschlichen Haut, wird es auch möglich sein durch sie „hindurchzusehen“.


Die Partner sind :

  • Prof. Dr. Kurt Busch, Humboldt-Universität zu Berlin & Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie im Forschungsverbund Berlin e.V.
  • PD Dr. Silke Christiansen (Koordinatorin), Max-Planck Institut für die Physik des Lichts, Erlangen  & Institut ‘Nanoarchitekturen für die Energiewandlung’ am HZB
  • Dr. Helge Fabritius, Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH, Düsseldorf
  • Prof. Dr. Georg von Freymann, Technische Universität Kaiserslautern & Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik, Kaiserslautern
  • Prof. Dr. Kristel Michielsen, Institute for Advanced Simulation Jülich Supercomputing Centre, Forschungszentrum Jülich & RWTH Aachen
  • Prof. Dr. Wolfgang Tremel, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
  • Prof. Dr. Siegfried R. Waldvogel, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
  • Prof. Dr. Cordt Zollfrank (Ko-Koordinator), Technische Universität München

red.

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