Solarzellen aus Kesteriten: Germanium statt Zinn verspricht bessere optoelektronische Eigenschaften

Die Einblendung zeigt den typischen Aufbau eines Kristalls mit  Kesteritstruktur, im Hintergrund sind die Kristallstruktur und die Elementarzelle angedeutet.

Die Einblendung zeigt den typischen Aufbau eines Kristalls mit Kesteritstruktur, im Hintergrund sind die Kristallstruktur und die Elementarzelle angedeutet. © HZB

Durch gezielte Veränderungen der Zusammensetzung von Kesterit-Halbleitern lässt sich ihre Eignung als Absorbermaterial in Solarzellen verbessern. Wie ein Team am Helmholtz-Zentrum Berlin zeigte, gilt dies besonders für Kesterite, in denen Zinn durch Germanium ersetzt wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten die Proben mit Hilfe von Neutronenbeugung am BER II und weiteren Methoden. Die Arbeit wurde für das Titelblatt der Zeitschrift CrystEngComm ausgewählt.

Kesterite sind Halbleiterverbindungen aus den Elementen Kupfer, Zinn, Zink und Selen. Diese Halbleiter lassen sich als Absorbermaterial in Solarzellen nutzen, schaffen aber bisher nur Wirkungsgrade von maximal 12,6 Prozent, während Solarzellen aus Kupfer-Indium-Gallium-Selenid (CIGS) bereits über 20 Prozent erreichen. Dennoch gelten Kesterite als interessante Alternative zu CIGS-Solarzellen, weil sie aus häufig vorkommenden Elementen bestehen, so dass keine Engpässe zu erwarten sind. Ein Team um Professor Dr. Susan Schorr am HZB hat nun eine Reihe von „nicht-stöchiometrischen“ Kesterit-Proben untersucht und den Zusammenhang zwischen Zusammensetzung und optoelektronischen Eigenschaften beleuchtet. Bei der Synthese der Proben am HZB wurden die Zinn-Atome durch Germanium ersetzt.

Mit Neutronen Elemente klar unterscheiden

Diese Proben untersuchten die Forscher mit Neutronenbeugung am BER II. Denn mit dieser Methode lassen sich die Elemente Kupfer, Zink und Germanium besonders gut voneinander unterscheiden und ihre Positionen im Kristallgitter verorten. Die Diagnose: Kesterite mit einer leicht Kupfer-armen und Zink-reichen Zusammensetzung, wie sie auch in Solarzellen mit den höchsten Wirkungsgraden zu finden ist, weisen die geringste Konzentration an Punktdefekten sowie die niedrigste Kupfer-Zink-Unordnung auf. Je Kupfer-reicher die Zusammensetzung wird, desto mehr steigt die Konzentration von anderen Punktdefekten, die als eher abträglich für die Leistungsfähigkeit von Solarzellen gelten. Weitere Untersuchungen zeigten, wie die so genannte Energiebandlücke von der Zusammensetzung der Kesterit-Pulverproben abhängt.  

Germanium wirkt

 „Diese Bandlücke ist eine Eigenschaft der Halbleiter und bestimmt, welche Lichtfrequenzen im Material Ladungsträger freisetzen“, erklärt René Gunder, Erstautor der Arbeit.  „Wir wissen nun, dass Germanium die optische Bandlücke vergrößert und damit dem Material ermöglicht, einen größeren Anteil des Sonnenlichts in elektrische Energie umzuwandeln.“

Kesterite: Kandidaten für Solarzellen und Photokatalysatoren

„Wir sind davon überzeugt, dass solche Kesterite sich nicht nur für Solarzellen eignen, sondern auch für andere Anwendungen in Frage kommen: So könnten Kesterite als Photokatalysatoren mit Hilfe von Sonnenlicht Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten und Solarenergie in Form von chemischer Energie speichern“, führt Susan Schorr aus.  

 

Die Arbeit wurde in CrystEngComm (2018) publiziert: “Structural characterization of off-stoichiometric kesterite-type Cu2ZnGeSe4 compound semiconductors: From cation distribution to intrinsic point defect density”; R. Gunder, J. A. Márquez-Prieto, G. Gurieva, T. Unold and S. Schorr

DOI: 10. 1039/c7ce02090b

Weitere Neuigkeiten aus der Kesterit-Forschung

arö


Das könnte Sie auch interessieren

  • Vortrag "BIPV - zwischen Bauwelt und Photovoltaik"
    Nachricht
    15.04.2024
    Vortrag "BIPV - zwischen Bauwelt und Photovoltaik"
    Im Rahmen der The smarter-e Europe/Intersolar Europe 2024 findet eine Vortragssession organisiert von der Allianz BIPV und dem Solarenergieförderverein Bayern e.V. zum Thema "Bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV)" statt.

    Datum: 19. Juni 2024, 16:00 -17:45 Uhr
    Ort:       Messe München, Halle A3, Stand A3.150

  • BESSY II: Wie das gepulste Laden die Lebensdauer von Batterien verlängert
    Science Highlight
    08.04.2024
    BESSY II: Wie das gepulste Laden die Lebensdauer von Batterien verlängert
    Ein verbessertes Ladeprotokoll könnte die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien deutlich verlängern. Das Laden mit hochfrequentem gepulstem Strom verringert Alterungseffekte. Dies zeigte ein internationales Team unter der Leitung von Philipp Adelhelm (HZB und Humboldt-Universität) in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin und der Aalborg University in Dänemark. Besonders aufschlussreich waren Experimente an der Röntgenquelle BESSY II.
  • Brennstoffzellen: Oxidationsprozesse von Phosphorsäure aufgeklärt
    Science Highlight
    03.04.2024
    Brennstoffzellen: Oxidationsprozesse von Phosphorsäure aufgeklärt
    Die Wechselwirkungen zwischen Phosporsäure und dem Platin-Katalysator in Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzellen sind komplexer als bisher angenommen. Röntgen-Experimente an BESSY II in einem mittleren Energiebereich (tender x-rays) haben die vielfältigen Oxidationsprozesse an der Platin-Elektrolyt-Grenzfläche entschlüsselt. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Feuchtigkeit in der Brennstoffzelle diese Prozesse beeinflusst, so dass sich hier Möglichkeiten bieten, um Lebensdauer und Wirkungsgrad von Brennstoffzellen zu erhöhen.