Grünes Licht für den Ausbau von BESSY II zum Variablen Pulslängen-Speicherring BESSY VSR

Leuchtturmprojekt BESSY VSR: Mit dem Ausbau von BESSY II zu einem Variablen Pulslängenspeicherring wird sich die Attraktivität der Synchrotronquelle für Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt erhöhen. Foto ©: euroluftbild.de / Robert Grahn

Leuchtturmprojekt BESSY VSR: Mit dem Ausbau von BESSY II zu einem Variablen Pulslängenspeicherring wird sich die Attraktivität der Synchrotronquelle für Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt erhöhen. Foto ©: euroluftbild.de / Robert Grahn

Die Mitgliederversammlung der Helmholtz-Gemeinschaft befürwortet einstimmig die Umsetzung eines weltweit einzigartigen Beschleunigerprojekts an der Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II

Die Mitgliederversammlung der Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt einstimmig das vom Helmholtz-Zentrum Berlin eingebrachte Konzept für den Ausbau von BESSY II zu einem Variablen Pulslängenspeicherring (BESSY VSR). Das Gremium, dem die Vorstände der 18 Helmholtz-Zentren angehören, schlägt dem Senat der Helmholtz-Gemeinschaft einstimmig die finanzielle Bezuschussung von BESSY VSR in Höhe von 11,9 Millionen Euro vor. Der Ausbau von BESSY II zu einem Variablen Pulslängen-Speicherring ist ein in der Beschleunigerforschung weltweit einmaliges Projekt, das sehr große Beachtung und Befürwortung in der Fachgemeinschaft findet.

Nach dem Upgrade wird BESSY VSR brillante Röntgenpulse von unterschiedlicher Dauer liefern. Das eröffnet Forscherinnen und Forschern völlig neue Möglichkeiten für die gezielte Entwicklung von Energie-Materialien, die zu einer nachhaltigen Energieversorgung und -speicherung beitragen sollen. In diesen Ausbau von BESSY II werden insgesamt 29 Millionen Euro investiert. BESSY VSR ist wesentlicher Bestandteil der HZB-Strategie2020+, für die das HZB die ausdrückliche Zustimmung des Aufsichtsrats und der Helmholtz-Gemeinschaft erhalten hat.

Die wissenschaftliche Geschäftsführerin Prof. Dr. Anke Kaysser-Pyzalla hob die strategische Bedeutung von BESSY VSR für das Helmholtz-Zentrum Berlin hervor: „Ich freue mich, dass wir die Mitgliederversammlung von der Qualität des Projektes überzeugen konnten und danke den beteiligten Forscherinnen und Forschern für die hervorragende Ausarbeitung des Konzeptes von BESSY VSR, das detailliert die technische Realisierbarkeit des höchst anspruchsvollen Projektes aufzeigt. Aus intensiven Diskussionen in der Fachwelt wissen wir, dass das Interesse am Ausbau von BESSY II zum Variablen Pulslängenspeicherring enorm groß ist. Mit dem Upgrade stellen wir sicher, dass das Helmholtz-Zentrum Berlin auch in Zukunft eine sehr nachgefragte Synchrotronquelle für die Energie-Materialforschung bietet, die weltweite Attraktivität besitzt.“

BESSY VSR bietet kurze und lange Pulse zugleich

Das HZB betreibt mit BESSY II eine Lichtquelle im weichen und VUV-Röntgenbereich, das besonders für die Erforschung neuer Energie-Materialien geeignet ist. Zurzeit liefert BESSY II im Regelbetrieb brillante Röntgenpulse mit einer Dauer von 17 Pikosekunden (1 Pikosekunde = 10-12s). Bereits jetzt ist es möglich, den Betriebsmodus an BESSY II für einige Tage im Jahr umzuschalten, so dass Proben auch mit extrem kurzen Pulsen von etwa drei Pikosekunden untersucht werden können. Dafür muss bisher der Photonenfluss allerdings sehr stark reduziert werden. Dies wird sich durch BESSY VSR grundsätzlich ändern. „Mit dem Variablen Pulslängen-Speicherring BESSY VSR bleibt der hohe Photonenfluss erhalten und unsere Nutzerinnen und Nutzer können jederzeit und an jedem Experiment die benötigte Pulslänge auswählen“, erklärt Prof. Dr. Andreas Jankowiak, Leiter des Instituts für Beschleunigerphysik. BESSY VSR wird kurze Pulse mit einer Länge von 2 Pikosekunden und längere Pulse mit 15 Pikosekunden bieten. Damit schließt BESSY-VSR die Lücke zwischen Speicherringen wie PETRA III und Freien Elektronen Lasern.

Die flexibel wählbare Pulslänge wird die Forschung auf vielen Gebieten der Energie-Materialforschung voranbringen. So können Forscherinnen und Forscher Einblicke in die schnellen Veränderungen der Elektronenstruktur während chemischer Reaktionen gewinnen, quantenphysikalische Effekte auf Zeitskalen von Pikosekunden untersuchen oder schnelle Umschaltprozesse in neuen Materialien für zukünftige Informationstechnologien beobachten. Prof. Dr. Alexander Föhlisch, Leiter des HZB-Instituts für Methoden und Instrumentierung, hat gemeinsam mit Nutzerinnen und Nutzer eine Vielzahl von Fragestellungen identifiziert, die durch das Upgrade BESSY VSR profitieren (englische Kurzfassung scientific case). 

Neue Beschleunigerkomponenten für die Realisierung von BESSY VSR entwickeln

Um BESSY VSR zu realisieren, werden unter anderen supraleitende Hochstrom-Kavitäten benötigt. Sie sind wichtige Schlüsselkomponenten für den Betrieb von BESSY VSR. Für die Weiterentwicklung dieser Kavitäten und den Aufbau des Anwendungslabors „SupraLab@HZB“ stellt das Land Berlin dem HZB mit 7,4 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) eine wesentliche finanzielle Grundlage bereit. „Damit haben wir die Möglichkeit, diese Technologie substanziell weiterzuentwickeln, bis sie in Lichtquellen einsatzfähig ist. Dies wird auch der Realisierung von BESSY VSR zugutekommen“, sagt Prof. Dr. Jens Knobloch, Leiter des HZB-Instituts „SRF-Wissenschaft und Technologie“ (ISRF).

Breite Befürwortung für BESSY VSR in der Fachgemeinschaft

In einem intensiven Dialog stellt das HZB sicher, dass die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer bei der Weiterentwicklung von BESSY II eine zentrale Rolle einnehmen. Das Komitee Forschung mit Synchrotronstrahlung, das die deutschen Synchrotron-Nutzerinnen und Nutzer vertritt, befürwortete den Ausbau von BESSY VSR und hob dessen Relevanz hervor: Durch BESSY VSR würden einzigartige, neue Möglichkeiten für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Europa und aus der Welt zur Verfügung stehen. Auch ein unabhängiges Expertengremium, das Machine Advisory Committee, bestätigte: „BESSY VSR ist ein Konzept, das perfekt zu BESSY II und seiner Nutzerschaft passt.“

Weiteres Material: Videos über BESSY VSR und die Herausforderungen

- Über das Projekt BESSY VSR

- über das zugrundeliegende Prinzip von BESSY VSR und das Problem

(sz/arö)

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Grüner Wasserstoff: MXene als Katalysatoren für die Sauerstoffentwicklung geeignet
    Science Highlight
    09.09.2024
    Grüner Wasserstoff: MXene als Katalysatoren für die Sauerstoffentwicklung geeignet
    Die Materialklasse der MXene besitzt vielfältige Talente. Nun hat ein internationales Team um HZB-Chemikerin Michelle Browne gezeigt, dass MXene als Katalysatoren für die Sauerstoffentwicklungsreaktion bei der elektrolytischen Wasserspaltung geeignet sind. Dabei arbeiten sie stabiler und effizienter als die derzeit besten Metalloxid-Katalysatoren. Das Team hat die neuartigen Katalysatoren für die elektrolytische Aufspaltung von Wasser nun umfassend an der Berliner Röntgenquelle BESSY II und am Synchrotron Soleil, Frankreich, charakterisiert.
  • SpinMagIC: EPR auf einem Chip sichert Qualität von Olivenöl und Bier
    Nachricht
    04.09.2024
    SpinMagIC: EPR auf einem Chip sichert Qualität von Olivenöl und Bier
    Bevor Lebensmittel verderben bilden sich meist bestimmte reaktionsfreudige Moleküle, sogenannte freie Radikale. Bisher war der Nachweis dieser Moleküle für Lebensmittelunternehmen sehr kostspielig. Ein Team aus HZB und Universität Stuttgart hat nun einen tragbaren und kostengünstigen „EPR-on-a-Chip“-Sensor entwickelt, der freie Radikale auch in geringsten Konzentrationen nachweisen kann. Nun bereitet das Team die Gründung eines Spin-off-Unternehmens vor, gefördert durch das EXIST-Forschungstransferprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Der EPRoC-Sensor soll zunächst bei der Herstellung von Olivenöl und Bier eingesetzt werden, um die Qualität dieser Produkte zu sichern.
  • Internationale Expertise zur Augentumortherapie mit Protonenstrahlung erschienen
    Science Highlight
    03.09.2024
    Internationale Expertise zur Augentumortherapie mit Protonenstrahlung erschienen
    Ein Team aus führenden Expertinnen und Experten aus Medizinphysik, Physik und Strahlentherapie, zu dem auch die HZB-Physikerin Prof. Andrea Denker und der Charité-Medizinphysiker Dr. Jens Heufelder gehören, hat einen Übersichtsartikel zur Protonentherapie von Augentumoren veröffentlicht. Der Beitrag ist im Red Journal, einem der renommiertesten Fachjournale in diesem Bereich erschienen. Er stellt die Besonderheiten dieser Therapieform am Auge vor, erläutert den Stand der Technik und aktuelle Forschungsschwerpunkte, gibt Empfehlungen zur Durchführung der Bestrahlungen und einen Ausblick auf künftige Entwicklungen.