Wissenschaftsbetrieb an Berliner Neutronenquelle wird wieder aufgenommen

Nach zirka anderthalbjähriger Unterbrechung wird der Wissenschaftsbetrieb an der Berliner Neutronenquelle, BER II, wieder aufgenommen. Der BER II ist im Oktober 2010 planmäßig für die Durchführung von längeren Umbau- und Wartungsarbeiten abgeschaltet worden. Während dieser Zeit wurde ein Strahlrohr ausgetauscht, durch welches die Neutronen vom Reaktorkern in die sogenannten Neutronenleiter geführt werden. Durch die Neutronenleiter gelangen die Neutronen – ähnlich wie Licht über Lichtleiter -  zu den wissenschaftlichen Experimentierstationen.

Der BER II ist ein internationales Aushängeschild für Spitzenforschung in Berlin und Deutschland mit jahrzehntelanger Tradition. Er ist zugleich eine sehr zuverlässig arbeitende Anlage, der auch von den Sachverständigen des Stresstests ein hoher Grad an Robustheit beschieden wurde. Die während der Betriebspause durchgeführte Sonderüberprüfung „ergab keinerlei Hinweise, die einen Weiterbetrieb des BER II in Frage stellen könnten“, heißt es in der Bewertung. Der BER II hat damit den vom Senat koordinierten Stresstest erfolgreich bestanden. Er steht nun den deutschen und internationalen Wissenschaftlern für ihre Forschungen wieder zur Verfügung.

Während der Umbauzeit wurden auch mehrere Neutronenleiter erneuert. Sie wurden mit neuen Spiegelmaterialien ausgestattet, was zu einem fünffach höheren Neutronenfluss an den Experimenten führt. Mit der Konsequenz, dass die Experimente weniger Messzeit erfordern und damit mehr Nutzergruppen bedient werden können und manche Messungen nun überhaupt erst durchführbar sind. Weiterhin wurden Experimentierstationen umgebaut und weiterentwickelt.
Das HZB hat in den letzten Jahren wichtige Investitionen in Höhe von mehreren Millionen Euro getätigt, um die Neutronenquelle ständig zu erneuern und zu warten und um den Neutronenfluss und die Instrumentierung am BER II zu verbessern.

Die EU unterstützt die Entwicklung von Instrumenten sowie den Zugang von europäischen Nutzern zur Berliner Neutronenquelle. Für die kommenden Jahre bis Januar 2016 bewilligte das Vergabegremium für dieses EU-Programm dem HZB jetzt Fördermittel in Höhe von zirka 1,4 Mio. Euro. Davon werden zirka 870.000 Euro bezahlt, um europäischen Wissenschaftlern Messzeit zu gewährleisten inklusive von Reise- und Unterkunftskosten. Die übrigen Mittel stehen zur Verfügung, um innovative Ansätze in der Instrumentierung zu verfolgen. Dies sind: die Entwicklung von neuen Methoden in der Neutronentomographie, die Entwicklung neuartiger Feuchtekammern für biologische Proben sowie kältemittelfreie Kryostaten und die Entwicklung neuartiger Detektoren für die Neutronenstreuung.

Das HZB betreibt an der Neutronenquelle BER II Experimentierstationen (Messinstrumente) für Nutzer aus Deutschland und weltweit. Mithilfe von Neutronen untersuchen sie Katalysatoren, neuartige Energiespei-chermaterialien, Materialien für Solarzellen, Phänomene wie Magnetismus und Supraleitung, Fragestellungen aus der medizinischen Forschung bis hin zu archäologischen Fundstücken.

Darüber hinaus investiert das HZB in den Ausbau eines neuartigen Spektrometers mit insgesamt 9 Mio. Euro, dessen Konzept als Studie für ein Instrument an der zukünftigen Europäischen Spallationsquelle ESS dient, die in den nächsten Jahren in Schweden gebaut werden soll. Das HZB engagiert sich aktiv als Partner für die ESS und wird im April Gastgeber der ESS-Konferenz „Science and Scientists@ESS“ sein. Die Konferenz wird am 19. und 20. April in Berlin stattfinden. Mehrere Hundert Wissenschaftler werden dazu erwartet.

IH


Das könnte Sie auch interessieren

  • Neutronenexperiment am BER II deckt neue Spin-Phase in Quantenmaterial auf
    Science Highlight
    18.03.2024
    Neutronenexperiment am BER II deckt neue Spin-Phase in Quantenmaterial auf
    In quantenmagnetischen Materialien unter Magnetfeldern können neue Ordnungszustände entstehen. Nun hat ein internationales Team aus Experimenten an der Berliner Neutronenquelle BER II und am dort aufgebauten Hochfeldmagneten neue Einblicke in diese besonderen Materiezustände gewonnen. Der BER II wurde bis Ende 2019 intensiv für die Forschung genutzt und ist seitdem abgeschaltet. Noch immer werden neue Ergebnisse aus Messdaten am BER II publiziert.
  • Fraktonen als Informationsspeicher: Noch nicht greifbar, aber nah
    Science Highlight
    26.05.2023
    Fraktonen als Informationsspeicher: Noch nicht greifbar, aber nah
    Ein neues Quasiteilchen mit interessanten Eigenschaften ist aufgetaucht – vorerst allerdings nur in theoretischen Modellierungen von Festkörpern mit bestimmten magnetischen Eigenschaften. Anders als erwartet, bringen Quantenfluktuationen das Quasiteilchen jedoch nicht deutlicher zum Vorschein, sondern verschmieren seine Signatur, zeigt nun ein internationales Team am HZB und der Freien Universität Berlin.
  • Lithium-Schwefel-Feststoffbatterien: Ladungstransport direkt beobachtet
    Science Highlight
    05.04.2023
    Lithium-Schwefel-Feststoffbatterien: Ladungstransport direkt beobachtet
    Lithium-Schwefel-Feststoffbatterien bieten im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien das Potenzial für eine wesentlich höhere Energiedichte und mehr Sicherheit. Allerdings ist die Leistungsfähigkeit von Feststoffbatterien derzeit noch unzureichend, was vor allem an sehr langen Ladezeiten liegt - und das, obwohl sie theoretisch eine besonders schnelle Aufladung ermöglichen sollten. Eine neue Studie des HZB zeigt nun, dass die Hauptursache dafür die sehr schleppende Einwanderung von Lithium-Ionen in die Verbundkathode ist.