Vom Auge abgeschaut: Mikrotrichter aus Silizium erhöhen die Effizienz von Solarzellen

Aufnahmen mit dem Raster-Elektronenmikroskop zeigen, wie regelmäßig die in ein Silizium-Substrat eingeätzten Trichter angeordnet sind (links: Längenskala 5 Mikrometer, rechts: 1 Mikrometer). Die Trichter messen oben im Durchmesser noch rund 800 Nanometer und laufen unten auf etwa hundert Nanometer spitz zu.

Aufnahmen mit dem Raster-Elektronenmikroskop zeigen, wie regelmäßig die in ein Silizium-Substrat eingeätzten Trichter angeordnet sind (links: Längenskala 5 Mikrometer, rechts: 1 Mikrometer). Die Trichter messen oben im Durchmesser noch rund 800 Nanometer und laufen unten auf etwa hundert Nanometer spitz zu. © S. Schmitt/MPL

Die Simulation zeigt, wie sich die Form der Nanostrukturen auf die Lichtkonzentration auswirkt. Je spitzer der Trichter zuläuft, desto stärker ist auch das Licht konzentriert (rot: hohe Konzentration, gelb: geringe Intensität).

Die Simulation zeigt, wie sich die Form der Nanostrukturen auf die Lichtkonzentration auswirkt. Je spitzer der Trichter zuläuft, desto stärker ist auch das Licht konzentriert (rot: hohe Konzentration, gelb: geringe Intensität). © G. Shalev, S. Schmitt/MPL

Eine Biostruktur im Säugetierauge hat ein Team um Silke Christiansen inspiriert, ein anorganisches Pendant für den Einsatz in Solarzellen zu entwerfen. Mit Hilfe etablierter halbleitertechnologischer Verfahren ätzten sie dicht an dicht mikrometerfeine, vertikale Trichter in ein Siliziumsubstrat. Mit Modellrechnungen und im Experiment testeten sie, wie solche Trichterfelder das einfallende Licht sammeln und in die aktive Schicht einer Siliziumsolarzelle leiten. Durch diese Trichteranordnung steigt die Lichtabsorption in einer damit versehenen Dünnschichtsiliziumsolarzelle um 65 %, was sich in deutlich verbesserten Solarzellparametern u.a. einem erhöhten Wirkungsgrad widerspiegelt.

Wie groß die Auswirkung dieser Architektur war, überraschte die Forscherinnen und Forscher allerdings: So war aus früheren Untersuchungen bekannt, dass auch eine Architektur aus sehr dünnen Säulen (ein „Teppich aus Silizium-Nanosäulen“) Licht gut absorbiert. Doch schon geringe Abweichungen von der Säulenform hin zum Trichter verstärkten die Absorption. Im Vergleich mit den Nanosäulen-Teppichen, die seit längerem untersucht werden, schneiden die Trichterfelder nochmals deutlich besser ab.

Dabei erfordert die Herstellung der Lichttrichter keinen besonderen Aufwand und ist mit herkömmlichen halbleitertechnologischen Verfahren wie z.B. dem reaktiven Ionenätzen oder nasschemischen Ätzprozessen machbar. Verglichen mit einem Silizium-Film gleicher Dicke steigert eine Schicht aus Lichttrichtern die Absorption von Sonnenlicht um 65%.

„Durch unsere Modellierungen können wir auch eine Erklärung liefern, warum die Felder aus Lichttrichtern erheblich besser Licht einfangen als Teppiche aus Nanosäulen (siehe diese  Publikation). Optische Moden in Nanosäulen „stören“ sich gegenseitig, ein Feld von eng stehenden Nanosäulen nimmt dadurch also weniger effizient Licht auf, als dieselbe Zahl einzelner Nanosäulen es könnte. Bei den Lichttrichtern tritt das Gegenteil ein: Dicht benachbarte Lichttrichter verstärken ihre Absorption gegenseitig“, erklärt Schmitt.

Blick in die Zukunft:

„Mit diesem interessanten ersten Ergebnis planen wir in verschiedenste Richtungen vorzudringen“, sagt Silke Christiansen. Sie und ihr Team arbeiten weiter an der Verbesserung von Dünnschichtsolarzellen auf Siliziumbasis und wollen die Trichter nun in robuste Zellkonzepte einbauen, die sich auch großflächig und kostengünstig realisieren lassen.  Dabei können sie auf die Kompetenzen am  PVCOMB des HZB zugreifen, wo die Abteilung um Prof. Rutger Schlatmann sich auf Hoch-Skalierung von Labormustern spezialisiert hat und Machbarkeitsstudien für großflächige Solarzellen schnell und effizient umsetzen kann. „In dieser Kooperation werden wir hoffentlich zeitnah mit einer 30cm x 30cm Trichtersolarzelle wieder von uns hören lassen. Sebastian Schmitt arbeitet aber auch an der Nutzung der Trichter für weitere photonische Anwendungen in LEDs und sensorischen Bauelementen. Erste Vorversuche sind so vielversprechend, dass wir zuversichtlich sind, dass diese Anwendungen kein Traum bleiben müssen“, so Silke Christiansen.


Die Arbeit erschien in February 24th in Nature Scientific Reports: Enhanced photovoltaics inspired by the fovea centralis, Gil Shalev, Sebastian W. Schmitt et al. Teamleader: Silke Christiansen, Scientific Reports 5, Article number:8570, doi:10.1038/srep08570

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Science Highlight
    29.04.2025
    Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Lithium-Knopfzellen mit Elektroden aus Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden (NMC) sind sehr leistungsfähig. Doch mit der Zeit lässt die Kapazität leider nach. Nun konnte ein Team erstmals mit einem zerstörungsfreien Verfahren beobachten, wie sich die Elementzusammensetzung der einzelnen Schichten in einer Knopfzelle während der Ladezyklen verändert. An der Studie, die nun im Fachjournal Small erschienen ist, waren Teams der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), der Universität Münster sowie Forschende der Forschungsgruppe SyncLab des HZB und des Applikationslabors BLiX der Technischen Universität Berlin beteiligt. Ein Teil der Messungen fand mit einem Instrument im BLiX-Labor statt, ein weiterer Teil an der Synchrotronquelle BESSY II.
  • Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    Science Highlight
    23.04.2025
    Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    An BESSY II steht nun ein neues Instrument zur Untersuchung von Katalysatormaterialien, Batterieelektroden und anderen Energiesystemen zur Verfügung: die Operando Absorption and Emission Spectroscopy on EMIL (OÆSE) Endstation im Energy Materials In-situ Laboratory Berlin (EMIL). Ein Team um Raul Garcia-Diez und Marcus Bär hat die Leistungsfähigkeit des Instruments an elektrochemisch abgeschiedenem Kupfer demonstriert.
  • Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Science Highlight
    17.04.2025
    Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Clathrate zeichnen sich durch eine komplexe Käfigstruktur aus, die auch Platz für Gast-Ionen bietet. Nun hat ein Team erstmals untersucht, wie gut sich Clathrate als Katalysatoren für die elektrolytische Wasserstoffproduktion eignen. Das Ergebnis: Effizienz und Robustheit sind sogar besser als bei den aktuell genutzten Nickel-basierten Katalysatoren. Dafür fanden sie auch eine Begründung. Messungen an BESSY II zeigten, dass sich die Proben während der katalytischen Reaktion strukturell verändern: Aus der dreidimensionalen Käfigstruktur bilden sich ultradünne Nanoblätter, die maximalen Kontakt zu aktiven Katalysezentren ermöglichen. Die Studie ist in „Angewandte Chemie“ publiziert.