Protonentransfer: Forscher finden molekularen Schutzmechanismus gegen lichtinduzierte Schädigungen

Die Experimente zeigen: Lichtpulse k&ouml;nnen Wasserstoffkerne abl&ouml;sen, ohne weitere Bindungen im Molek&uuml;l zu zerst&ouml;ren.</p> <p>

Die Experimente zeigen: Lichtpulse können Wasserstoffkerne ablösen, ohne weitere Bindungen im Molekül zu zerstören.

© Th. Splettstösser/HZB

Ein internationales Team aus Forschenden des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) sowie aus Schweden und den USA hat einen Mechanismus untersucht, der Biomoleküle wie die Erbsubstanz DNA gegen Schädigung durch Licht schützt. Sie beobachteten, wie die Energie der einfallenden Photonen im Molekül aufgenommen wird ohne wichtige Bindungen des Biomoleküls zu beschädigen. Die Experimente fanden am Freie Elektronen-Laser LCLS in Kalifornien und an der Synchrotronquelle BESSY II des HZB in Berlin statt, wo mit der Methode der resonanten inelastischen Röntgenstreuung, RIXS, ein sehr empfindliches Messverfahren bereit steht.

Biomoleküle wie die Erbsubstanz DNA benötigen Schutzmechanismen gegen energiereiches Licht. Denn UV-Anteile aus dem Sonnenlicht würden sonst rasch dazu führen, dass Bindungen brechen und Moleküle zerfallen. Der so genannte Protonentransfer spielt dabei eine wichtige Rolle. Mit ihm kann ein DNA-Molekül die über das Licht eingestrahlte Energie wieder abgeben – dabei löst sich ein einzelnes Proton (Wasserstoffkern) – und andere chemische Bindungen bleiben erhalten.

Um den Prozess im Detail zu untersuchen, hat eine internationale Kooperation um Prof. Dr. Alexander Föhlisch, Institutsleiter am Helmholtz-Zentrum Berlin, in Kalifornien am LCLS-Laser des SLAC National Accelerator Laboratory und an der Berliner Synchrotronquelle BESSY II des HZB Experimente durchgeführt: Sie untersuchten ein verhältnismäßig einfaches Molekül, das 2-Thiopyridon (2-TP). Dieses Molekül hat ähnliche Eigenschaften wie die Bausteine der DNA und dient in der Bioforschung deshalb als Modellmolekül.

Die Forschergruppe regte zunächst gezielt das Stickstoff-Atom im Molekül mit sehr kurzen Röntgenpulsen im Femtosekundenbereich (10 -15 s) an. Die Ergebnisse, die nun im Fachblatt Angewandte Chemie publiziert sind, zeigen im Detail, wie sich nach der Anregung mit dem Lichtpuls das an das Stickstoff-Atom gebundene Proton ablöst.

"Erst einmal wollten wir diese Prozesse an einem einfachen Modellsystem untersuchen,” sagt Erstautor Sebastian Eckert, der bei Alexander Föhlisch an der Universität Potsdam und am Helmholtz-Zentrum Berlin seine Doktorarbeit schreibt. " Das Modellsystem 2-Thiopyridon ist geeignet, weil das Molekül klein genug ist, um es zu verstehen und nur ein einziges Stickstoff-Atom besitzt. Nur durch den Vergleich zwischen den FEL-Messungen und Experimenten am Synchrotron BESSY II ließ sich der Mechanismus eindeutig zuordnen." Dabei hatte das Team erstmals auch die Methode der so genannten inelastischen Röntgenstreuung, RIXS, an BESSY II angewandt, um molekulare Veränderungen um das Stickstoff-Atom herum zu beobachten, die mit dem raschen Protonentransfer zusammenhängen und extrem schnell, innerhalb von Femtosekunden, ablaufen. 

Durch die Kombination der Experimente mit theoretischen Simulationen konnte letzlich der Reaktionspfad herausgearbeitet werden. Diese Berechnungen führte der Doktorand Jesper Norell und Prof. Dr. Michael Odelius der Universität Stockholm im Rahmen des Helmholtz Virtuellen Instituts „Dynamic Pathways in Multidimensional Landscapes“ durch.

Zur Publikation in Angewandte Chemie, International Edition, 2017,doi:10.1002/anie.201700239:"Ultrafast Independent N-H and N-C Bond Deformation Investigated with Resonant Inelastic X-ray Scattering" Sebastian Eckert;, Jesper Norell;, Piter S. Miedema, Martin Beye,Mattis Fondell, Wilson Quevedo, Brian Kennedy, Markus Hantschmann,Annette Pietzsch, Benjamin Van Kuiken, Matthew Ross,Michael P. Minitti, Stefan P. Moeller, William F. Schlotter, Munira Khalil, Michael Odelius, Alexander Föhlisch.

Zur Kooperation: Die Kooperation besteht aus Wissenschaftlern der Universität Potsdam, des Helmholtz-Zentrum Berlin, der Universität Stockholm, der Universität Washington und LCLS (SLAC National Accelerator Laboratory, operated by Stanford University for the U.S. Department of Energy's Office of Science). Sebastian Eckert promoviert im Rahmen des ERC Advanced Grants EDAX von Prof. Dr. Alexander Föhlisch an der Universität Potsdam. Jesper Norell und Michael Odelius kollaborieren in Rahmen des Virtuellen Instituts VI419 „Dynamic Pathways in Multidimensional Landscapes“ der Helmholtz-Gemeinschaft.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Die Zukunft der Korallen – Was Röntgenuntersuchungen zeigen können
    Interview
    12.11.2025
    Die Zukunft der Korallen – Was Röntgenuntersuchungen zeigen können
    In diesem Sommer war es in allen Medien. Angetrieben durch die Klimakrise haben nun auch die Ozeane einen kritischen Punkt überschritten, sie versauern immer mehr. Meeresschnecken zeigen bereits erste Schäden, aber die zunehmende Versauerung könnte auch die kalkhaltigen Skelettstrukturen von Korallen beeinträchtigen. Dabei leiden Korallen außerdem unter marinen Hitzewellen und Verschmutzung, die weltweit zur Korallenbleiche und zum Absterben ganzer Riffe führen. Wie genau wirkt sich die Versauerung auf die Skelettbildung aus?

    Die Meeresbiologin Prof. Dr. Tali Mass von der Universität Haifa, Israel, ist Expertin für Steinkorallen. Zusammen mit Prof. Dr. Paul Zaslansky, Experte für Röntgenbildgebung an der Charité Berlin, untersuchte sie an BESSY II die Skelettbildung bei Babykorallen, die unter verschiedenen pH-Bedingungen aufgezogen wurden. Antonia Rötger befragte die beiden Experten online zu ihrer aktuellen Studie und der Zukunft der Korallenriffe. 

  • Susanne Nies in EU-Beratergruppe zu Green Deal berufen
    Nachricht
    12.11.2025
    Susanne Nies in EU-Beratergruppe zu Green Deal berufen
    Dr. Susanne Nies leitet am HZB das Projekt Green Deal Ukraina, das den Aufbau eines nachhaltigen Energiesystems in der Ukraine unterstützt. Die Energieexpertin wurde nun auch in die wissenschaftliche Beratergruppe der Europäischen Kommission berufen, um im Zusammenhang mit der Netto-Null-Zielsetzung (DG GROW) regulatorische Belastungen aufzuzeigen und dazu zu beraten.
  • Langzeit-Stabilität von Perowskit-Solarzellen deutlich gesteigert
    Science Highlight
    07.11.2025
    Langzeit-Stabilität von Perowskit-Solarzellen deutlich gesteigert
    Perowskit-Solarzellen sind kostengünstig in der Herstellung und liefern viel Leistung pro Fläche. Allerdings sind sie bisher noch nicht stabil genug für den Langzeit-Einsatz. Nun hat ein internationales Team unter der Leitung von Prof. Dr. Antonio Abate durch eine neuartige Beschichtung der Grenzfläche zwischen Perowskitschicht und dem Top-Kontakt die Stabilität drastisch erhöht. Dabei stieg der Wirkungsgrad auf knapp 27 Prozent, was dem aktuellen state-of-the-art entspricht. Dieser hohe Wirkungsgrad nahm auch nach 1.200 Stunden im Dauerbetrieb nicht ab. An der Studie waren Forschungsteams aus China, Italien, der Schweiz und Deutschland beteiligt. Sie wurde in Nature Photonics veröffentlicht.