Topologische Isolatoren: Neuer Phasenübergang entdeckt

Der Bismut-Anteil nimmt von 0% (links) auf 2,2% (rechts) zu. Dadurch entsteht eine so genannte Bandl&uuml;cke in den Energieniveaus der Elektronen, zeigen die Messungen an BESSY II. </p>
<p>

Der Bismut-Anteil nimmt von 0% (links) auf 2,2% (rechts) zu. Dadurch entsteht eine so genannte Bandlücke in den Energieniveaus der Elektronen, zeigen die Messungen an BESSY II.

© HZB

Physiker des HZB haben an BESSY II Materialien untersucht, die zu den topologischen Isolatoren gehören. Dabei entdeckten sie einen neuen Phasenübergang zwischen zwei unterschiedlichen topologischen Phasen. Eine dieser Phasen ist ferroelektrisch: das bedeutet, dass sich im Material spontan eine elektrische Polarisation ausbildet, die sich durch ein äußeres elektrisches Feld umschalten lässt. Dieses Ergebnis könnte neue Anwendungen wie das Schalten zwischen unterschiedlichen Leitfähigkeiten ermöglichen.

Topologische Isolatoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie an ihren Oberflächen Strom sehr gut leiten, während sie im Innern Isolatoren sind. Zu dieser neuen und spannenden Materialklasse zählen auch Halbleiter aus Blei, Zinn und Selen, die zusätzlich mit winzigen Mengen Bismut versetzt sind. Das HZB-Team untersuchte einkristalline Schichten mit dieser Zusammensetzung und variierte dabei die Dotierung mit dem Element Bismut. Bei einer Dotierung mit 1 bis 2 Prozent Bismut konnten sie einen neuartigen topologischen Phasenübergang beobachten. Die Proben wechseln zu einer bestimmten topologischen Phase, die zusätzlich die Eigenschaft der Ferroelektrizität besitzt. Das bedeutet, dass ein äußeres elektrisches Feld das Kristallgitter verformt, während umgekehrt mechanischer Druck auf den Kristall elektrische Felder erzeugt.

Dieser Effekt ist für Anwendungen interessant. Solche ferroelektrischen Phasenwechselmaterialien werden beispielsweise in DVDs und Flash-Speichern verwendet. Dort verschiebt eine angelegte elektrische Spannung Atome im Kristallgitter, was aus einem Isolator ein Metall macht.

„Die Dotierung mit Bismut, die wir in der PbSnSe-Schicht untersucht haben, wirkt offenbar als Störung. Bismut ist dafür bekannt, dass seine Elektronenzahl nicht gut zu einer Kristallstruktur wie der von PbSnSe passt, so dass dieser faszinierende Phasenübergang auftritt“, erklärt Dr. Jaime Sánchez-Barriga, der für das Projekt zuständige Forscher.

Nach detaillierten Auswertungen der Messungen blieb nur eine Schlussfolgerung übrig: die Dotierung mit Bismut führt offenbar zu einer ferroelektrischen Verzerrung des Kristallgitters, die auch die erlaubten Energieniveaus der Elektronen ändert. "Die Messergebnisse haben uns über mehrere Experimentierreihen Rätsel aufgegeben, bis sich die Ergebnisse schließlich an einem ganz neuen Satz von Proben perfekt reproduzieren ließen", fügt Sánchez-Barriga hinzu.

"Ferroelektrische Phasen könnten hier zu Anwendungen führen, an die bislang nicht zu denken war. Verlustfreie elektrische Leitung in topologischen Materialien könnte sich nach Belieben an- und ausschalten lassen, durch Spannungspulse oder auch mechanische Spannungen", erklärt Prof. Oliver Rader, der am HZB die Abteilung Materialien für grüne Spintronik leitet.

Publication in Nature communications (2017): Topological quantum phase transition from mirror to time reversal symmetry protected topological insulator
Partha S. Mandal, Gunther Springholz, Valentine V. Volobuev, Ondrei Caha, Andrei Varykhalov, Evangelos Golias, Günther Bauer, Oliver Rader, Jaime Sánchez-Barriga

doi: 10.1038/s41467-017-01204-0

Hinweis: Die Untersuchungen wurden in enger Zusammenarbeit mit Forschern der Johannes-Kepler-Universität Linz durchgeführt, die auch die Proben hergestellt haben. Partha S. Mandal, der seine Doktorarbeit über die Messungen schreibt, wurde vom Helmholtz Virtual Institute "New States of Matter and their Excitations" finanziert.

 

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Science Highlight
    29.04.2025
    Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Lithium-Knopfzellen mit Elektroden aus Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden (NMC) sind sehr leistungsfähig. Doch mit der Zeit lässt die Kapazität leider nach. Nun konnte ein Team erstmals mit einem zerstörungsfreien Verfahren beobachten, wie sich die Elementzusammensetzung der einzelnen Schichten in einer Knopfzelle während der Ladezyklen verändert. An der Studie, die nun im Fachjournal Small erschienen ist, waren Teams der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), der Universität Münster sowie Forschende der Forschungsgruppe SyncLab des HZB und des Applikationslabors BLiX der Technischen Universität Berlin beteiligt. Ein Teil der Messungen fand mit einem Instrument im BLiX-Labor statt, ein weiterer Teil an der Synchrotronquelle BESSY II.
  • Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    Science Highlight
    23.04.2025
    Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    An BESSY II steht nun ein neues Instrument zur Untersuchung von Katalysatormaterialien, Batterieelektroden und anderen Energiesystemen zur Verfügung: die Operando Absorption and Emission Spectroscopy on EMIL (OÆSE) Endstation im Energy Materials In-situ Laboratory Berlin (EMIL). Ein Team um Raul Garcia-Diez und Marcus Bär hat die Leistungsfähigkeit des Instruments an elektrochemisch abgeschiedenem Kupfer demonstriert.
  • Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Science Highlight
    17.04.2025
    Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Clathrate zeichnen sich durch eine komplexe Käfigstruktur aus, die auch Platz für Gast-Ionen bietet. Nun hat ein Team erstmals untersucht, wie gut sich Clathrate als Katalysatoren für die elektrolytische Wasserstoffproduktion eignen. Das Ergebnis: Effizienz und Robustheit sind sogar besser als bei den aktuell genutzten Nickel-basierten Katalysatoren. Dafür fanden sie auch eine Begründung. Messungen an BESSY II zeigten, dass sich die Proben während der katalytischen Reaktion strukturell verändern: Aus der dreidimensionalen Käfigstruktur bilden sich ultradünne Nanoblätter, die maximalen Kontakt zu aktiven Katalysezentren ermöglichen. Die Studie ist in „Angewandte Chemie“ publiziert.