Experiment an BESSY II zeigt, wie der Kompass in magnetisch empfindlichen Bakterien funktioniert

Die magnetischen Nanoteilchen bilden im Innern der Zelle eine Kette, zeigt die Elektronenkryotomographie.

Die magnetischen Nanoteilchen bilden im Innern der Zelle eine Kette, zeigt die Elektronenkryotomographie. © 10.1039/C7NR08493E

Messungen an BESSY II zeigten, wie sich unter einem äußeren Magnetfeld die Kettenglieder ausrichten.

Messungen an BESSY II zeigten, wie sich unter einem äußeren Magnetfeld die Kettenglieder ausrichten. © 10.1039/C7NR08493E

Bakterien sind ungeheuer vielfältig, nicht nur von Gestalt, sondern auch in ihren Eigenschaften. Magnetotaktische Bakterien können mit Hilfe von magnetischen Nanopartikeln das Erdmagnetfeld „spüren“.  Nun hat eine Kooperation aus spanischen Teams und einer Gruppe am Helmholtz-Zentrum Berlin den inneren Kompass in Magnetospirillum gryphiswaldense an der Synchrotronquelle BESSY II untersucht.  Die Ergebnisse können für die Entwicklung von biomedizinischen Anwendungen wie Nanorobotern und Nanosensoren nützlich sein.

Magnetotaktische Bakterien kommen in Gewässern und marinen Sedimenten vor. Magnetospirillum gryphiswaldense gehört zu den Spezies, die sich besonders einfach im Labor zu züchten lassen, und zwar wahlweise mit oder ohne magnetische Nanopartikel im Inneren der Zelle.  „Diese Mikroorganismen sind ideale Testobjekte, um zu verstehen, wie ihr innerer Kompass sich bildet”, erklärt Lourdes Marcano, Doktorandin an der Universidad del Pais Vasco in Leioa, Spanien.

Kette aus Nanoteilchen

Magnetospirillum-Zellen enthalten eine Anzahl von winzigen Magnetit-Teilchen (Fe3O4) mit Durchmessern um die 45 Nanometer. Diese Nanoteilchen, auch Magnetosome genannt, ordnen sich in der Regel zu einer Kette im Innern des Bakteriums an. Diese Kette aus Magnetosomen wirkt als Kompassnadel und richtet sich nach einem äußeren Magnetfeld aus. Dadurch wird auch das Bakterium entlang des Erdmagnetfelds ausgerichtet. „Diese Bakterien existieren mit Vorliebe zwischen sauerstoffreichen und sauerstoffarmen Schichten” sagt Marcano. „Ihr innerer Kompass könnte ihnen helfen, die optimalen Lebensbedingungen zu finden.”

Die spanischen Kooperationspartner untersuchten zunächst die Form der Magnetosomen und ihre Anordnung im Innern der Zelle mit unterschiedlichen Methoden, darunter auch der Elektronenkryotomographie.

Einzelne magnetische Ketten an BESSY II untersucht

An BESSY II untersuchten sie gemeinsam mit dem HZB-Team um Dr. Sergio Valencia isolierte Ketten aus Magnetosomen. Insbesondere wollten sie ermitteln, wie sich die Kette zum magnetischen Feld ausrichtet, das die magnetischen Nanopartikel selbst erzeugen. „Normalerweise benötigt man hunderte von Proben mit unterschiedlich orientierten Magnetosomen-Ketten, um die magnetischen Eigenschaften dieser Bakterien zu charakterisieren“, sagt HZB-Physiker Dr. Sergio Valencia. „Aber an BESSY II können wir mit Hilfe von Photoelektronen-Emissionsmikroskopie (PEEM) und weiteren Methoden die magnetischen Eigenschaften von einzelnen Ketten präzise vermessen.“ Dies eröffnet die Möglichkeit, die Ergebnisse mit theoretischen Vorhersagen zu vergleichen.

Spiralige Form der Ketten

Tatsächlich zeigten die Experimente etwas Überraschendes: Anders als bisher vermutet ist das Magnetfeld der Magnetosomen nicht parallel zur Kette ausgerichtet, sondern leicht schräg dazu. Die theoretische Modellierung der spanischen Partner deutet darauf hin, dass dieser Neigungswinkel dazu führt, dass die Magnetosomenkette eine spiralige Form hat.

Von der Natur lernen

Es sei sehr wichtig, die Mechanismen zu verstehen, die die Form der Kette beeinflussen, betonen die Wissenschaftler. Solche bewährten Erfindungen der Natur könnten als Vorbild und Inspiration dienen. So ließen sich möglicherweise ähnliche Mechanismen für biomedizinische Anwendungen nutzen - zum Beispiel zur Steuerung von Nanorobotern.

Publikation in Nanoscale (2018): “Configuration of the magnetosome chain: a natural magnetic nanoarchitecture”; I. Orue, L. Marcano, P. Bender, A. Garcıa-Prieto, S. Valencia, M.A. Mawass, D. Gil-Carton, D. Alba Venero, D. Honecker, A. Garcıa-Arribas, L. Fernandez Barquın, A. Muela, M.L. Fdez-Gubieda

DOI: 10.1039/C7NR08493E

 

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Sasol und HZB vertiefen Zusammenarbeit mit Fokus auf Digitalisierung
    Nachricht
    08.10.2025
    Sasol und HZB vertiefen Zusammenarbeit mit Fokus auf Digitalisierung
    Sasol Research & Technology und das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) erweitern ihre Partnerschaft auf den Bereich der Digitalisierung. Dabei bauen sie auf gemeinsamen Anstrengungen im Rahmen des CARE-O-SENE-Projekts und einer Anfang 2025 ins Leben gerufenen Industrial Fellowship auf. Die neue Initiative ist ein Schritt vorwärts bei der Nutzung digitaler Technologien, um Innovation bei Katalysatoren zu beschleunigen und die  wissenschaftliche Zusammenarbeit zu vertiefen.
  • Verleihung des Technologietransfer-Preises 2025
    Nachricht
    07.10.2025
    Verleihung des Technologietransfer-Preises 2025
    Die Verleihung des Technologietransfer-Preises wird am 13. Oktober um 14 Uhr im Hörsaal des BESSY-II-Gebäudes in Adlershof stattfinden.
  • Neue Methode wirft Licht auf Nanomaterialien: Wie MXene wirklich funktionieren
    Science Highlight
    01.10.2025
    Neue Methode wirft Licht auf Nanomaterialien: Wie MXene wirklich funktionieren
    Forschende haben erstmals die tatsächlichen Eigenschaften einzelner MXene-Flocken gemessen – einem spannenden neuen Nanomaterial mit Potenzial für bessere Batterien, flexible Elektronik und Geräte für saubere Energie. Mithilfe einer neuartigen lichtbasierten Technik – der spektroskopischen Mikroellipsometrie – haben sie herausgefunden, wie sich MXene auf der Ebene einzelner Flocken verhalten und dabei Veränderungen in der Leitfähigkeit und der optischen Reaktion aufgedeckt, die zuvor bei der Untersuchung gestapelter Schichten verborgen geblieben waren. Dieser Durchbruch liefert grundlegendes Wissen und Werkzeuge für die Entwicklung intelligenterer und effizienterer Technologien auf Basis von MXenen.