Untersuchungen selbstorganisierter Nanostrukturen bei BESSY mit Carl-Ramsauer-Preis ausgezeichnet

Der Physiker Dr. Andrei Varykhalov hat Quantenphänomene in seiner Dissertation studiert, seine Untersuchungen führte er am Berliner Elektronenspeicherring BESSY durch. Für seine Arbeit mit dem Titel Quanteneffekte in der elektronischen Struktur neuer selbstorganisierter Systeme mit reduzierter Dimensionalität wird er von der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin mit dem Carl-Ramsauer-Preis ausgezeichnet.

Damit elektronische Geräte immer kompakter, leichter und leistungsstärker werden können, entwickelt die Industrie immer kleinere und komplexere elektronische Schaltungen und Speicherbausteine. Setzt sich diese Tendenz fort, wird in naher Zukunft die Grenze unterschritten, unterhalb der die Schaltungen nicht mehr den Regeln der klassischen Physik gehorchen, weil Quanteneffekte das Verhalten der Elektronen bestimmen.

Normalerweise lassen sich Materialien über Eigenschaften wie die Leitfähigkeit charakterisieren. Begibt man sich aber in die Nanowelt, und betrachtet Strukturen, deren Abmessungen in der Größenordnung der Atomgrößen liegen, so ändern sich diese Eigenschaften völlig. Beispielsweise sind Goldpartikel, die kleiner als zwei Nanometer (zwei Millionstel Millimeter) sind, Halbleiter, obwohl Gold ansonsten ein sehr guter Leiter ist. Das liegt daran, dass die Leitungselektronen, wenn sie in ein sehr kleines Volumen eingeschlossen werden, nur noch ganz bestimmte energetische Zustände einnehmen können.

In seiner Doktorarbeit untersuchte Varykhalov diese elektronische Struktur für verschiedene Systeme. Da sich Objekte, deren Abmessungen kleiner als 50 Nanometer sind, nicht mehr mit lithografischen Methoden herstellen lassen, präparierte er seine Proben mittels Selbstorganisation. Dabei werden Atome oder Moleküle auf eine zuvor sorgfältig vorbereitete und charakterisierte Oberfläche gebracht. Je nach Unterlage sowie Art und Zahl der aufgebrachten Atome oder Moleküle bilden sich spontan charakteristische Strukturen wie kleine Inseln oder schmale Streifen (Nanodrähte). Varykhalov untersuchte zunächst die von ihm hergestellten räumlichen Strukturen mit Hilfe eines von ihm aufgebauten Rastertunnelmikroskops. Anschließend bestimmte er die elektronischen Eigenschaften durch Photoelektronenspektros-kopie mit Hilfe der Synchrotronstrahlung bei BESSY. Dabei reichte das Spektrum der von ihm studierten Systeme von feinen Goldstreifen auf einer Wolframcarbidoberfläche bis hin zu Clustern, die aus C60-Molekülen bestehen. Weil die Selbstorganisation der einzige Weg ist, um Strukturen auf der Längenskala weniger Nanometer in großer Zahl herzustellen, ist es wichtig, hier zu einer Systematik zu gelangen, mit der sich prognostizieren lässt, wie bestimmte Strukturen mit bestimmten Eigenschaften erzeugt werden können. So kann die Welligkeit von Wolframkarbidoberflächen als Trägermaterial die Selbstorganisation von Nanostrukturen mit sehr verschiedenen elektronischen und strukturellen Eigenschaften steuern. Dies ist ein bemerkenswertes Ergebnis der Arbeit.

Andrei Varykhalov wurde 1978 in Sankt Petersburg geboren und studierte dort seit 1995 Computerwissenschaften und Physik. Nach seinem Masterabschluss mit Auszeichnung in Physik 2001 ging er für seine weitere wissenschaftliche Arbeit ans BESSY in Berlin zu Prof. Dr. Wolfgang Gudat, und reichte seine Doktorarbeit an der Universität Potsdam ein. Mit dem Carl-Ramsauer-Preis, zeichnet die Physikalische Gesellschaft zu Berlin alljährlich je eine herausragende Dissertation der Universität Potsdam sowie der drei Berliner Universitäten aus. Die Verleihung findet am Mittwoch, 15.11.2006, an der Humboldt Universität zu Berlin statt.

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Elektrokatalyse mit doppeltem Nutzen – ein Überblick
    Science Highlight
    31.10.2025
    Elektrokatalyse mit doppeltem Nutzen – ein Überblick
    Hybride Elektrokatalysatoren können beispielsweise gleichzeitig grünen Wasserstoff und wertvolle organische Verbindungen produzieren. Dies verspricht wirtschaftlich rentable Anwendungen. Die komplexen katalytischen Reaktionen, die bei der Herstellung organischer Verbindungen ablaufen, sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Moderne Röntgenmethoden an Synchrotronquellen wie BESSY II ermöglichen es, Katalysatormaterialien und die an ihren Oberflächen ablaufenden Reaktionen in Echtzeit, in situ und unter realen Betriebsbedingungen zu analysieren. Dies liefert Erkenntnisse, die für eine gezielte Optimierung genutzt werden können. Ein Team hat nun in Nature Reviews Chemistry einen Überblick über den aktuellen Wissensstand veröffentlicht.
  • Erfolgreicher Masterabschluss zu IR-Thermografie an Solarfassaden
    Nachricht
    22.10.2025
    Erfolgreicher Masterabschluss zu IR-Thermografie an Solarfassaden
    Wir freuen uns sehr und gratulieren unserer studentischen Mitarbeiterin Luca Raschke zum erfolgreich abgeschlossenen Masterstudium der Regenerativen Energien an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin – und das mit Auszeichnung!
  • BESSY II: Phosphorketten – ein 1D-Material mit 1D elektronischen Eigenschaften
    Science Highlight
    21.10.2025
    BESSY II: Phosphorketten – ein 1D-Material mit 1D elektronischen Eigenschaften
    Erstmals ist es einem Team an BESSY II gelungen, experimentell eindimensionale elektronische Eigenschaften in Phosphor nachzuweisen. Die Proben bestanden aus kurzen Ketten aus Phosphoratomen, die sich auf einem Silbersubstrat selbst organisiert in bestimmten Winkeln bilden. Durch eine raffinierte Auswertung gelang es, die Beiträge von unterschiedlich ausgerichteten Ketten voneinander zu trennen und zu zeigen, dass die elektronischen Eigenschaften tatsächlich einen eindimensionalen Charakter besitzen. Berechnungen zeigten darüber hinaus, dass ein spannender Phasenübergang zu erwarten ist. Während das Material aus einzelnen Ketten halbleitend ist, wäre eine sehr dichte Kettenstruktur metallisch.