Batterien mit Siliziumanoden: Neutronenexperimente zeigen, wie Oberflächenstrukturen die Kapazität reduzieren

Wie Lithium in die Silizium-Anode einwandert, hat das Team mit Neutronenstrahlen (rote Pfeile) gemessen.

Wie Lithium in die Silizium-Anode einwandert, hat das Team mit Neutronenstrahlen (rote Pfeile) gemessen. © HZB

Theoretisch könnten Anoden aus Silizium zehnmal mehr Lithium-Ionen speichern als die Graphit-Anoden, die seit vielen Jahren in kommerziellen Lithium-Batterien eingesetzt werden. Doch bisher sinkt die Kapazität von Silizium-Anoden mit jedem weiteren Lade-Entladezyklen stark ab. Nun hat ein HZB-Team mit Neutronenexperimenten am BER II in Berlin und am Institut Laue-Langevin in Grenoble aufgeklärt, was an der Oberfläche der Siliziumanode während des Aufladens passiert und welche Prozesse die Kapazität reduzieren.

„Mit den Neutronenexperimenten und weiteren Messungen konnten wir beobachten, wie sich beim Aufladen an der Siliziumoberfläche eine blockierende Schicht bildet, die das Eindringen von Lithium-Ionen behindert“, erläutert der HZB-Physiker Dr. Sebastian Risse. Diese Schicht besteht aus organischen Molekülen aus der Elektrolyt-Flüssigkeit und anorganischen Bestandteilen. Beim Aufladen löst sich diese 30-60 Nanometer dünne Schicht teilweise wieder auf, sodass die Lithium-Ionen in die Silizium-Anode eindringen können. Für das Auflösen der Schicht wird jedoch Energie benötigt, die dann nicht mehr zur Speicherung zur Verfügung steht. Die Physiker verwendeten die gleiche Elektrolyt-Flüssigkeit, die auch in kommerziellen Lithium-Batterien genutzt wird.

Mehrere Ladezyklen beobachtet

Nach Voruntersuchungen der Neutronenquelle BER II des HZB brachten die Experimente am Institut Laue-Langevin (ILL) in Grenoble den genauen Einblick in die Prozesse. „Am Reaktor des ILL stehen kalte Neutronen mit einem sehr hohen Fluss zur Verfügung, mit denen wir die Silizium-Anode während mehrerer Ladezyklen zerstörungsfrei beobachten konnten“, erklärt Risse. Mit einer am HZB entwickelten Messzelle konnten die Physiker die Silizium-Anoden während der Lade-Entladezyklen (in operando) mit Neutronen untersuchen und dabei auch eine Reihe von anderen Messwerten wie den elektrischen Widerstand mit Impedanz-Spektroskopie erfassen.

Effizienz von 94 Prozent erreichbar

Sobald diese Blockade-Schicht aufgelöst ist, steigt die Effizienz der Ladungs-Entladungszyklen auf 94 Prozent, (94 % der abgespeicherten Ladung kann wieder ausgeliefert werden). Dieser Wert ist höher als der von Bleibatterien (90 %), aber etwas niedriger als der von technisch sehr ausgereiften Lithium-Ionen-Batterien, die bis zu 99,9 % erreichen.

Ausblick: Verhindern der Blockadeschicht

„Wir wollen nun untersuchen, ob sich durch Aufbringen einer sehr dünnen Schutzschicht aus Metalloxid die Bildung der Blockadeschicht verhindern lässt, sodass die Kapazität von Silizium-Anoden im Lauf von vielen Lade-Entladezyklen weniger stark sinkt“, sagt Risse.

Die Studie wurde in der Zeitschrift „Energy Storage Materials“ veröffentlicht: "Surface structure inhibited lithiation of crystalline silicon probed with operando neutron reflectivity". Arne Ronneburg, Marcus Trapp, Robert Cubitt, Luca Silvi,  Sébastien Cap, Matthias  Ballauff, Sebastian Risse.

DOI: 10.1016/j.ensm.2018.11.032

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Michael Naguib als Humboldt-Forschungspreisträger am HZB
    Nachricht
    16.06.2025
    Michael Naguib als Humboldt-Forschungspreisträger am HZB
    Professor Michael Naguib von der Tulane University in den USA ist einer der Entdecker einer neuen Klasse von 2D-Materialien: MXene zeichnen sich durch eine blätterteigartige Struktur aus und bieten viele Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff oder als Speichermedium für elektrische Energie. Mit dem Humboldt-Forschungspreis im Jahr 2025 verstärkt Michael Naguib seine Zusammenarbeit mit Prof. Volker Presser am Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken und mit Dr. Tristan Petit am HZB.
  • Tage des offenen Reallabors - Das HZB lädt ein!
    Nachricht
    11.06.2025
    Tage des offenen Reallabors - Das HZB lädt ein!
    Photovoltaik trifft Architektur.
  • KI-Einsatz in der Chemie: Studie zeigt Stärken und Schwächen
    Nachricht
    04.06.2025
    KI-Einsatz in der Chemie: Studie zeigt Stärken und Schwächen
    Wie gut ist künstliche Intelligenz im Vergleich zu menschlichen Fachleuten? Ein Forschungsteam des HIPOLE Jena hat diese Frage im Bereich der Chemie untersucht: Mithilfe eines neu entwickelten Prüfverfahrens namens „ChemBench“ verglichen die Forschenden die Leistung moderner Sprachmodelle wie GPT-4 mit der von erfahrenen Chemikerinnen und Chemikern.