Grüne Informationstechnologien: Supraleitung trifft Spintronik

In diesem Materialsystem wurde die langreichweitige Josephson-Kopplung nachgewiesen.&nbsp; Supraleitende YBa<sub>2</sub>Cu<sub>3</sub>O<sub>7</sub>-Regionen (gelb) sind durch einen halbmetallischen La<sub>2/3</sub>Sr<sub>1/3</sub>MnO<sub>3</sub>-Ferromagneten (gr&uuml;n) getrennt.

In diesem Materialsystem wurde die langreichweitige Josephson-Kopplung nachgewiesen.  Supraleitende YBa2Cu3O7-Regionen (gelb) sind durch einen halbmetallischen La2/3Sr1/3MnO3-Ferromagneten (grün) getrennt. © Nature Materials 2021: 10.1038/s41563-021-01162-5

Ein internationales Team hat eine Kopplung zwischen zwei supraleitenden Regionen nachgewiesen, die durch ein ferromagnetisches Material von einem Mikrometer Breite getrennt sind. Dieser makroskopische Quanteneffekt ist als Josephson-Effekt bekannt und erzeugt einen Strom aus supraleitenden Cooper-Paaren innerhalb der ferromagnetischen Region. Messungen an BESSY II zeigten, dass der Spin der Cooper-Elektronen gleich ist. Die Ergebnisse weisen den Weg für supraleitende spintronische Anwendungen mit sehr geringem Energiebedarf, bei denen spinpolarisierte Ströme durch Quantenkohärenz geschützt sind.

Wenn supraleitende Bereiche durch einen Streifen nicht-supraleitenden Materials getrennt sind, kann ein besonderer Quanteneffekt auftreten, der beide Bereiche koppelt: Der Josephson-Effekt. Handelt es sich bei dem Material um einen halbmetallischen Ferromagneten, ergeben sich neuartige Implikationen für spintronische Anwendungen.

Langreichweitiger Quanteneffekt

Ein internationales Team hat nun erstmals ein Materialsystem entworfen, das einen ungewöhnlich weitreichenden Josephson-Effekt aufweist: Hier sind Bereiche aus supraleitendem YBa2Cu3O7 durch einen Bereich aus halbmetallischem, ferromagnetischem Manganit (La2/3Sr1/3MnO3) von einem Mikrometer Breite getrennt.

Mit Hilfe von Magneto-Transportmessungen konnten die Forscher*innen nachweisen, dass ein supraleitender Strom durch das Manganit zirkuliert - hervorgerufen durch die Kopplung zwischen den beiden supraleitenden Bereichen als Manifestation eines Josephson-Effekts mit makroskopisch großer Reichweite.

Seltene Triplett-Supraleitung

Darüber hinaus erforschten sie eine weitere interessante Eigenschaft mit tiefgreifenden Konsequenzen für spintronische Anwendungen. In Supraleitern paaren sich Elektronen zu sogenannten Cooper-Paaren. In der überwiegenden Mehrheit der supraleitenden Materialien bestehen diese Paare aus Elektronen mit entgegengesetztem Spin, um das magnetische Austauschfeld zu minimieren, das die Supraleitung schwächt. Im hier verwendeten ferromagnetischen Material kann jedoch nur ein Elektron mit einem Spin zirkulieren. Die Tatsache, dass in diesem Material ein Suprastrom nachgewiesen wurde, bedeutet, dass die Cooper-Paare dieses Suprastroms aus Elektronen mit dem gleichen Spin bestehen müssen. Diese so genannte "Triplett"-Supraleitung ist extrem selten.

Magnetische Domänen an BESSY II kartiert

"An der XMCD-PEEM-Station bei BESSY II haben wir die magnetischen Domänen innerhalb des Manganit-Streifens kartiert und gemessen. Wir haben weite Bereiche beobachtet, die homogen magnetisiert sind und die supraleitenden Bereiche miteinander verbinden. In diesen können sich Triplett-Spinpaare frei ausbreiten", erklärt Dr. Sergio Valencia Molina, HZB-Physiker, der die Messungen an BESSY II betreut hat. 

Stabilität durch Quantenkohärenz

Supraleitende Ströme fließen ohne Widerstand, was sie für Anwendungen mit geringem Stromverbrauch sehr interessant macht. Im vorliegenden Fall besteht dieser Strom aus Elektronen mit gleichen Spins. Solche spinpolarisierten Ströme könnten in neuartigen supraleitenden spintronischen Anwendungen für den Transport über große Entfernungen und das Lesen/Schreiben von Informationen verwendet werden. Die makroskopische Quantenkohärenz des Josephson-Effekts sorgt dabei für Stabilität.

Ein neues Bauelement, das aus supraleitenden und ferromagnetischen Komponenten besteht, würde daher Möglichkeiten für die supraleitende Spintronik eröffnen und neue Perspektiven für das Quantencomputing aufzeigen.

Kooperationspartner:

An dieser internationalen Zusammenarbeit (Spanien, Frankreich, USA, Russland und Deutschland) unter der Leitung von Prof. Jacobo Santamaria von der Complutense Universität Madrid (Spanien) und Javier Villegas von der 2Unité Mixte de Physique CNRS/THALES (Frankreich) war die Abteilung Spin und Topologie in Quantenmaterialien am HZB beteiligt. 

Finanzierung: To2Dox, ERA-NET, EU Horizon 2020

red.

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • KI-Einsatz in der Chemie: Studie zeigt Stärken und Schwächen
    Nachricht
    04.06.2025
    KI-Einsatz in der Chemie: Studie zeigt Stärken und Schwächen
    Wie gut ist künstliche Intelligenz im Vergleich zu menschlichen Fachleuten? Ein Forschungsteam des HIPOLE Jena hat diese Frage im Bereich der Chemie untersucht: Mithilfe eines neu entwickelten Prüfverfahrens namens „ChemBench“ verglichen die Forschenden die Leistung moderner Sprachmodelle wie GPT-4 mit der von erfahrenen Chemikerinnen und Chemikern. 

  • TH Wildau und Helmholtz-Zentrum Berlin besiegeln umfassende Kooperation
    Nachricht
    30.05.2025
    TH Wildau und Helmholtz-Zentrum Berlin besiegeln umfassende Kooperation
    Am 21. Mai 2025 unterzeichneten die Technische Hochschule Wildau (TH Wildau) und das Helmholtz-Zentrum Berlin einen umfassenden Kooperationsvertrag. Ziel ist es, die Vernetzung und Zusammenarbeit insbesondere in der Grundlagenforschung weiter zu fördern, die wissenschaftliche Exzellenz beider Partner zu steigern und Kompetenznetzwerke in Forschung, Lehre sowie der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu entwickeln.

  • Grüner Wasserstoff: MXene steigert die Wirkung von Katalysatoren
    Science Highlight
    29.05.2025
    Grüner Wasserstoff: MXene steigert die Wirkung von Katalysatoren
    An den enorm großen inneren Oberflächen von MXenen können sich katalytisch aktive Partikel anheften. Mit diesem raffinierten Trick lässt sich ein preiswerter und viel effizienterer Katalysator für die Sauerstoffentwicklungsreaktion realisieren, die bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff bislang als Engpass gilt. Dies hat eine internationale Forschergruppe um die HZB-Chemikerin Michelle Browne nun in einer aufwendigen Untersuchung nachgewiesen. Die Studie ist in Advanced Functional Materials veröffentlicht.