Energiereiche Röntgenstrahlen hinterlassen Spuren im Knochenkollagen

Die Bilder zeigen die Kollagenverteilung in Hechtknochen (b) vor (links) und nach (rechts) einem μCT-Experiment, (c) sowie vor (links) und nach (rechts) einem Röntgenbeugungs-μCT-Experiment an der mySpot-Beamline, BESSY. Außerdem (d) vor (links) und nach (rechts) einem 2D-Mapping-XRD mySpot-Experiment. Die geschädigten Bereiche erscheinen dunkel (mit gelben Pfeilen gekennzeichnet). Die Pfeile in Pink zeigen den Verlauf der Röntgenstrahlung.

Die Bilder zeigen die Kollagenverteilung in Hechtknochen (b) vor (links) und nach (rechts) einem μCT-Experiment, (c) sowie vor (links) und nach (rechts) einem Röntgenbeugungs-μCT-Experiment an der mySpot-Beamline, BESSY. Außerdem (d) vor (links) und nach (rechts) einem 2D-Mapping-XRD mySpot-Experiment. Die geschädigten Bereiche erscheinen dunkel (mit gelben Pfeilen gekennzeichnet). Die Pfeile in Pink zeigen den Verlauf der Röntgenstrahlung. © Charité Berlin/HZB

Ein Team der Charité Berlin hat an BESSY II die Schädigung durch fokussierte hochenergetische Röntgenstrahlung in Knochenproben von Fischen und Säugetieren analysiert. Mit einer Kombination von Mikroskopietechniken konnten sie die Zerstörung von Kollagenfasern dokumentieren. Röntgenmethoden könnten Knochenproben beeinträchtigen, wenn sie über einen längeren Zeitraum gemessen werden, schlussfolgern sie.

 

Es ist seit langem bekannt, dass Röntgenstrahlen ab einer bestimmten Dosis lebendes Gewebe schädigen; daher gibt es klare medizinische Indikationen, um die Strahlenbelastung auf ein Minimum zu beschränken. In der Grundlagenforschung an mineralisierten Gewebeproben wie Knochen setzen die Forschenden jedoch bislang auf immer stärkere Röntgenquellen.

Mehr ist nicht unbedingt besser

"Bisher galt eigentlich die Devise: Mehr Fluss und höhere Energie ist besser, weil man mit intensiverer Röntgenstrahlung eine größere Tiefenschärfe und höhere Auflösung erreichen kann", sagt Dr. Paul Zaslansky von der Charité-Universitätsmedizin. Zaslansky und sein Team haben nun an der MySpot-Beamline von BESSY II Knochenproben von Fischen und Säugetieren analysiert.

Knochenproben von Tieren

BESSY II erzeugt ein breites Spektrum an Röntgenstrahlung, das Einblicke in feinste Strukturen und sogar chemische und physikalische Prozesse in Materialien ermöglicht. "Dank der empfindlichen Detektoren konnten wir an verschiedenen Knochenproben nachweisen, dass Kollagenfasern durch die Strahlungsabsorption in den mineralischen Nanokristallen geschädigt werden", fasst Zaslansky die Ergebnisse der Studie zusammen.

Proteinfasern abgebildet

"Wir haben die Proben unter der Second-Harmonic Generation Laser-Scanning-Mikroskopie untersucht, um die Proteinfasern abzubilden", erklärt Erstautorin Katrein Sauer, die in Zaslanskys Team promoviert. Gemeinsam mit dem HZB-Experten Dr. Ivo Zizak bestrahlte sie Knochenproben von Hechten, Schweinen, Rindern und Mäusen mit genau kalibriertem Röntgenlicht. Die Strahlen hinterließen eine Zerstörungsspur, die in den konfokalen und elektronenmikroskopischen Bildern deutlich sichtbar ist. "Die hochenergetischen Photonen des Röntgenlichts lösen eine Kaskade von Elektronenanregungen aus. Die Ionisierung von Kalzium und Phosphor im Mineral schädigt dann Proteine wie Kollagen im Knochen", sagt Sauer. Der Abbau des Kollagens nimmt mit der Dauer der Bestrahlung zu, zeigt sich aber auch schon bei kurzer Bestrahlung mit hohem Flux.

Zerstörungsfreie Methode?

"Röntgenmethoden gelten in der Materialforschung als zerstörungsfrei, aber zumindest für die Erforschung von Knochengewebe trifft das nicht zu", sagt Zaslansky. "Wir müssen in der medizinischen Grundlagenforschung mehr darauf achten, dass wir nicht gerade die Strukturen beschädigen, die wir eigentlich analysieren wollen." Wie überall in der Medizin, auch wenn es kein lebendes Gewebe und keine DNA zu beschädigen gibt, kommt es also darauf an, eine minimale Dosis zu verwenden, um die Erkenntnisse zu erhalten, die den materiellen Zustand widerspiegeln, ohne Schäden zu verursachen. 

 

Anmerkung:

Die bei BESSY II erzeugte Röntgenstrahlung ist etwa zehntausendmal intensiver als die für medizinische Untersuchungen verwendete Röntgenstrahlung (für die Röntgenaufnahme eines gebrochenen Beins gibt das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz eine Dosis von 0,01 Millisievert an). Röntgenmethoden sind für medizinische Untersuchungen äußerst nützlich.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Iridiumfreie Katalysatoren für die saure Wasserelektrolyse untersucht
    Science Highlight
    13.08.2025
    Iridiumfreie Katalysatoren für die saure Wasserelektrolyse untersucht
    Wasserstoff wird künftig eine wichtige Rolle spielen, als Brennstoff und als Rohstoff für die Industrie. Um jedoch relevante Mengen an Wasserstoff zu produzieren, muss Wasserelektrolyse im Multi-Gigawatt-Maßstab machbar werden. Ein Engpass sind die benötigten Katalysatoren, insbesondere Iridium ist ein extrem seltenes Element. Eine internationale Kooperation hat daher Iridiumfreie Katalysatoren für die saure Wasserelektrolyse untersucht, die auf dem Element Kobalt basieren. Durch Untersuchungen, unter anderem am LiXEdrom an der Berliner Röntgenquelle BESSY II, konnten sie Prozesse bei der Wasserelektrolyse in einem Kobalt-Eisen-Blei-Oxid-Material als Anode aufklären. Die Studie ist in Nature Energy publiziert.
  • MXene als „Rahmen“ für zweidimensionale Wasserfilme zeigt neue Eigenschaften
    Science Highlight
    13.08.2025
    MXene als „Rahmen“ für zweidimensionale Wasserfilme zeigt neue Eigenschaften
    Ein internationales Team unter Leitung von Dr. Tristan Petit und Prof. Yury Gogotsi hat MXene mit eingeschlossenem Wasser und Ionen an der BESSY II untersucht. Dabei ging das Wasser mit steigender Temperatur vom Zustand als lokalisierte Eiskluster in einen quasi-zweidimensionalen Wasserfilm über. Das Team entdeckte dabei, dass diese strukturellen Veränderungen des eingeschlossenen Wassers im MXene einen reversiblen Phasenübergang bewirken: vom Metall zum Halbleiter. Dies könnte die Entwicklung neuartiger Bauelemente oder Sensoren auf Basis von MXenen ermöglichen.
  • Selbstorganisierte Monolage verbessert auch bleifreie Perowskit-Solarzellen
    Science Highlight
    04.08.2025
    Selbstorganisierte Monolage verbessert auch bleifreie Perowskit-Solarzellen
    Zinn-Perowskit-Solarzellen sind nicht nur ungiftig, sondern auch potenziell stabiler als bleihaltige Perowskit-Solarzellen. Allerdings sind sie auch deutlich weniger effizient. Nun gelang einem internationalen Team eine deutliche Verbesserung:  Das Team identifizierte chemische Verbindungen, die von selbst eine molekulare Schicht bilden, welche sehr gut zur Gitterstruktur von Zinn-Perowskiten passt. Auf dieser Monolage lässt sich Zinn-Perowskit mit hervorragender optoelektronischer Qualität aufwachsen.