Spintronik an BESSY II: Domänenwände in magnetischen Nanodrähten

Diese magnetempfindlichen Abbildungen entstanden am HZB: a) XAS-Bild des Nanodraht-Kreuzes. Röntgenstrahl und Magnetfeld sind entlang der (vertikalen) Richtung des Nanodrahtes ausgerichtet (grüner Pfeil). b-f) XMCD-Bilder des Kreuzes für verschiedene angelegte Felder.

Diese magnetempfindlichen Abbildungen entstanden am HZB: a) XAS-Bild des Nanodraht-Kreuzes. Röntgenstrahl und Magnetfeld sind entlang der (vertikalen) Richtung des Nanodrahtes ausgerichtet (grüner Pfeil). b-f) XMCD-Bilder des Kreuzes für verschiedene angelegte Felder. © HZB

Magnetische Domänenwände sorgen für elektrischen Widerstand, da es für Elektronenspins schwierig ist, ihrer magnetischen Struktur zu folgen. Dieses Phänomen könnte in spintronischen Bauelementen genutzt werden, bei denen der elektrische Widerstand je nach Vorhandensein oder Fehlen einer Domänenwand variieren kann. Eine besonders interessante Materialklasse sind Halbmetalle wie La2/3Sr1/3MnO3 (LSMO). Sie weisen vollständige Spinpolarisation auf. Allerdings war der Widerstand einer einzelnen Domänenwand in Halbmetallen bisher noch nicht bestimmt worden. Nun hat ein Team aus Spanien, Frankreich und Deutschland eine einzelne Domänenwand auf einem LSMO-Nanodraht erzeugt und Widerstandsänderungen gemessen, die 20mal größer sind als bei normalen Ferromagneten wie Kobalt.

 

Die magnetische Textur, die magnetischen Domänenwänden eigen ist, birgt Potenzial für spintronische Anwendungen. Der elektrische Widerstand in Ferromagneten hängt davon ab, ob Domänenwände vorhanden sind oder nicht. Dieser binäre Effekt (bekannt als Domänenwand-Magnetowiderstand) könnte zur Codierung von Informationen in spintronischen Speichergeräten genutzt werden. Ihre Nutzung wird jedoch durch die geringen Änderungen des Widerstands behindert, die bei normalen Ferromagneten beobachtet werden. Eine besonders interessante Klasse von Materialien sind Manganit-Perowskite wie La2/3Sr1/3MnO3 (LSMO). Diese Verbindungen weisen nur eine Art von Spin auf (vollständige Spinpolarisation), was potenziell zu Domänenwand-Magnetowiderstandseffekten führen könnte, die groß genug sind, um in einer neuen Generation von spintronischen Sensoren und Injektoren genutzt zu werden.

Trotz dieser Perspektive gibt es große Diskrepanzen bei den berichteten Werten des Domänenwand-Magnetowiderstands für dieses System. Ein Team aus Spanien, Frankreich und Deutschland hat nun Bauelemente aus Nanodrähten hergestellt, die die Keimbildung einzelner magnetischer Domänenwände ermöglichen. Magnetotransportmessungen zeigen, dass das Vorhandensein einer Domänenwand zu einer Erhöhung des elektrischen Widerstands um bis zu 12 % führt. In absoluten Zahlen ist die beobachtete Widerstandsänderung 20mal größer als in einem normalen Ferromagneten wie Kobalt.

Diese Arbeit ist das Ergebnis einer langjährigen Zusammenarbeit, die Filmwachstum und Nanofabrikation, Transportmessungen, Kontaktmikroskopie (MFM), theoretische Simulationen und den Einsatz fortschrittlicher Charakterisierungstechniken wie der Röntgen-Photoemissions-Elektronenmikroskopie umfasst. Die Kombination einer Vielzahl unterschiedlicher Techniken ermöglicht einen facettenreichen Blick auf ein komplexes Problem, der neue Einblicke in eine heftig diskutierte offene Frage ermöglicht hat.

Sergio Valencia

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Science Highlight
    29.04.2025
    Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Lithium-Knopfzellen mit Elektroden aus Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden (NMC) sind sehr leistungsfähig. Doch mit der Zeit lässt die Kapazität leider nach. Nun konnte ein Team erstmals mit einem zerstörungsfreien Verfahren beobachten, wie sich die Elementzusammensetzung der einzelnen Schichten in einer Knopfzelle während der Ladezyklen verändert. An der Studie, die nun im Fachjournal Small erschienen ist, waren Teams der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), der Universität Münster sowie Forschende der Forschungsgruppe SyncLab des HZB und des Applikationslabors BLiX der Technischen Universität Berlin beteiligt. Ein Teil der Messungen fand mit einem Instrument im BLiX-Labor statt, ein weiterer Teil an der Synchrotronquelle BESSY II.
  • Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    Science Highlight
    23.04.2025
    Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    An BESSY II steht nun ein neues Instrument zur Untersuchung von Katalysatormaterialien, Batterieelektroden und anderen Energiesystemen zur Verfügung: die Operando Absorption and Emission Spectroscopy on EMIL (OÆSE) Endstation im Energy Materials In-situ Laboratory Berlin (EMIL). Ein Team um Raul Garcia-Diez und Marcus Bär hat die Leistungsfähigkeit des Instruments an elektrochemisch abgeschiedenem Kupfer demonstriert.
  • Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Science Highlight
    17.04.2025
    Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Clathrate zeichnen sich durch eine komplexe Käfigstruktur aus, die auch Platz für Gast-Ionen bietet. Nun hat ein Team erstmals untersucht, wie gut sich Clathrate als Katalysatoren für die elektrolytische Wasserstoffproduktion eignen. Das Ergebnis: Effizienz und Robustheit sind sogar besser als bei den aktuell genutzten Nickel-basierten Katalysatoren. Dafür fanden sie auch eine Begründung. Messungen an BESSY II zeigten, dass sich die Proben während der katalytischen Reaktion strukturell verändern: Aus der dreidimensionalen Käfigstruktur bilden sich ultradünne Nanoblätter, die maximalen Kontakt zu aktiven Katalysezentren ermöglichen. Die Studie ist in „Angewandte Chemie“ publiziert.