„Löcher“ im Valenzband von Nanodiamanten entdeckt

Nanodiamanten messen nur wenige Nanometer im Durchmesser und bestehen aus einigen tausend Kohlenstoffatomen. Mohamed Sennour, MINES ParisTech.

Nanodiamanten messen nur wenige Nanometer im Durchmesser und bestehen aus einigen tausend Kohlenstoffatomen. Mohamed Sennour, MINES ParisTech.

Ende 2014 erhielt Dr. Tristan Petit (ganz rechts) für seine Doktorarbeit einen C’Nano-Preis in der Kategorie „Interdisziplinäre Forschung“.

Ende 2014 erhielt Dr. Tristan Petit (ganz rechts) für seine Doktorarbeit einen C’Nano-Preis in der Kategorie „Interdisziplinäre Forschung“. © C'Nano

Eigenschaften könnten sich gezielt verändern lassen, um Nanodiamanten als Katalysatoren für die Wasserstofferzeugung mit Sonnenlicht zu nutzen, hoffen die Forscher.

Nanodiamanten sind winzige Kristalle, die zwar die kristalline Struktur von Diamanten besitzen, aber aufgrund ihrer enormen Oberflächen andere Eigenschaften als ihre großen Brüder aufweisen. Nanodiamanten können zum Beispiel als Wirkstofftaxis für biomedizinische Anwendungen oder als Katalysatoren für die Wasserspaltung genutzt werden. Doch wie unterscheiden sich die elektronischen Eigenschaften von Nanodiamanten auf einem festen Substrat von den Eigenschaften, die Nanodiamanten in wässrigen Lösungen aufweisen?  Dr. Tristan Petit im Team um Prof. Dr. Emad F. Aziz hat dies nun mit Hilfe von Absorptions- und Emissionsspektroskopie an BESSY II untersucht. Dabei zeigten sie, dass Nanodiamanten in wässriger Lösung „Löcher“ im Valenzband aufweisen. Die Ergebnisse sind in „Nanoscale“ publiziert.

„In Wasser ist die Wechselwirkung zwischen den Nanodiamanten und den benachbarten Molekülen und Ionen besonders stark“, erklärt Petit. Durch Zugabe von Salzen oder der Veränderung des PH-Werts lässt sich zum Beispiel beeinflussen, wie gut Nanodiamanten bestimmte Wirkstoffe absorbieren. Bei ihrer Untersuchung haben Petit und seine Kollegen entdeckt, dass sich die elektronischen Zustände bei Nanodiamanten auf festen Substraten deutlich von denen unterscheiden, die Nanodiamanten in wässriger Lösung besitzen. 

Mit Hilfe der Mikrojet-Technik, die von Emad Aziz am HZB entwickelt wurde, untersuchten sie die flüssigen Proben im Vakuum mit Röntgenspektroskopie  und ermittelten ein detailliertes Bild von besetzten und unbesetzten Elektronenzuständen in Valenz- und Leitungsbändern. Sie fanden,  dass sich in der wässrigen Dispersion an den Oberflächen der Nanodiamanten so genannte „Löcher“, also fehlende Elektronen, im Valenzband bilden: „Dies deutet darauf hin, dass an der Oberfläche von Nanodiamanten Elektronen an die umgebenden Wassermoleküle abgegeben werden“, sagt Petit. Über die elektronische Struktur der Nanoteilchen könnte man auch ihre chemischen, optischen und katalytischen Eigenschaften beeinflussen, vermuten die Physiker. In weiteren Untersuchungen möchten sie abklären, ob sich die katalytische Wirkung von Nanodiamanten in wässriger Umgebung für die lichtinduzierten Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gezielt steigern lässt.

Referenz: Valence holes observed in nanodiamonds dispersed in water, Tristan Petit, Mika Pflüger, Daniel Tolksdorf, Jie Xiao and Emad Flear Aziz, Nanoscale, 2015, DOI: 10.1039/C4NR06639A

Postskriptum: Ende 2014 erhielt Dr. Tristan Petit für seine Doktorarbeit einen C’Nano-Preis in der Kategorie „Interdisziplinäre Forschung“.  In der Dachorganisation C’Nano haben sich mehrere Forschungseinrichtungen Frankreichs zusammengeschlossen, die Nanomaterialien und Nanotechnologien untersuchen und entwickeln.
Tristan Petit untersuchte für seine Promotion am Laboratoire Capteurs Diamant (CEA LIST Saclay) Eigenschaften von Nanodiamanten und ihre potentielle Eignung für die Krebstherapie. Seit Juni 2013 forscht Dr. Tristan Petit mit einem Postdoktoranden-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung im Team von Prof. Dr. Emad Flear Aziz am HZB.

Mehr Informationen zu den C’Nano-Promotionspreisen:

arö


Das könnte Sie auch interessieren

  • IRIS-Beamline an BESSY II mit Nanomikroskopie erweitert
    Science Highlight
    25.04.2024
    IRIS-Beamline an BESSY II mit Nanomikroskopie erweitert
    Die Infrarot-Beamline IRIS am Speicherring BESSY II bietet nun eine vierte Option, um Materialien, Zellen und sogar Moleküle auf verschiedenen Längenskalen zu charakterisieren. Das Team hat die IRIS-Beamline mit einer Endstation für Nanospektroskopie und Nanoimaging erweitert, die räumliche Auflösungen bis unter 30 Nanometer ermöglicht. Das Instrument steht auch externen Nutzergruppen zur Verfügung.
  • Einfachere Herstellung von anorganischen Perowskit-Solarzellen bringt Vorteile
    Science Highlight
    17.04.2024
    Einfachere Herstellung von anorganischen Perowskit-Solarzellen bringt Vorteile
    Anorganische Perowskit-Solarzellen aus CsPbI3 sind langzeitstabil und erreichen gute Wirkungsgrade. Ein Team um Prof. Antonio Abate hat nun an BESSY II Oberflächen und Grenzflächen von CsPbI3 -Schichten analysiert, die unter unterschiedlichen Bedingungen produziert wurden. Die Ergebnisse belegen, dass das Ausglühen in Umgebungsluft die optoelektronischen Eigenschaften des Halbleiterfilms nicht negativ beeinflusst, sondern sogar zu weniger Defekten führt. Dies könnte die Massenanfertigung von anorganischen Perowskit-Solarzellen weiter vereinfachen.
  • Spintronik: Ein neuer Weg zu wirbelnden Spin-Texturen bei Raumtemperatur
    Science Highlight
    16.04.2024
    Spintronik: Ein neuer Weg zu wirbelnden Spin-Texturen bei Raumtemperatur
    Ein Team am HZB hat an BESSY II eine neue, einfache Methode untersucht, mit der sich stabile radiale magnetische Wirbel in magnetischen Dünnschichten erzeugen lassen.