Transparentes, leitfähiges Netz aus verkapselten Silbernanodrähten – eine neuartige flexible Elektrode für die Optoelektronik

Manuela G&ouml;belt kann die lokale Vernetzung aus REM-Aufnahmen der Elektrode am Rechner ermitteln. Foto: Bj&ouml;rn Hoffmann.</p>
<p>

Manuela Göbelt kann die lokale Vernetzung aus REM-Aufnahmen der Elektrode am Rechner ermitteln. Foto: Björn Hoffmann.

Ausschnitt aus der am Computer errechneten Qualit&auml;tslandkarte der Elektrode. Rot sind die gut vernetzten Bereiche dargestellt. <a href="http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211285515002815" class="Extern">doi:10.1016/j.nanoen.2015.06.027</a>

Ausschnitt aus der am Computer errechneten Qualitätslandkarte der Elektrode. Rot sind die gut vernetzten Bereiche dargestellt. doi:10.1016/j.nanoen.2015.06.027 © Elsevier aus

Die Rasterelektronenmikroskopie zeigt zwei sich kreuzende Nanodr&auml;hte, die von AZO-Kristalliten bedeckt sind. <a href="http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211285515002815" class="Extern">doi:10.1016/j.nanoen.2015.06.027</a><a href="http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211285515002815" class="Extern"></a>

Die Rasterelektronenmikroskopie zeigt zwei sich kreuzende Nanodrähte, die von AZO-Kristalliten bedeckt sind. doi:10.1016/j.nanoen.2015.06.027 © Elsevier in

Querschnitt durch einen Nanodraht, der von AZO umh&uuml;llt ist. <a href="http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211285515002815" class="Extern">doi:10.1016/j.nanoen.2015.06.027</a>

Querschnitt durch einen Nanodraht, der von AZO umhüllt ist. doi:10.1016/j.nanoen.2015.06.027 © Elsevier in

Ein Team um Silke Christiansen hat eine transparente, hochleitfähige Elektrode für Solarzellen und andere optoelektronische Bauelemente entwickelt, die mit minimalem Materialaufwand auskommt. Sie besteht aus einem ungeordneten Netz aus Silbernanodrähten, das mit Aluminum-dotiertem Zinkoxid beschichtet ist. Die neuartige Elektrode benötigt knapp 70mal weniger Silber als konventionelle Silber-Gitterelektroden, besitzt aber eine vergleichbar gute Leitfähigkeit.

Kontaktelektroden an der „Sonnenseite“ einer Solarzelle müssen nicht nur leitfähig sein, sondern auch transparent. Aktuell werden daher entweder Elektroden aus dünnen Silberstreifen in Form eines grobmaschigen Gitters aufgerakelt oder eine transparente Schicht eines leitfähigen Indium-Zinn-Oxides (ITO) aufgebracht. Beides sind jedoch noch keine Ideallösungen. Denn Silber ist als Edelmetall verhältnismäßig teuer und oxidiert insbesondere als Nanopartikel besonders schnell und Indium zählt sogar zu den seltenen Elementen, die voraussichtlich nur noch wenige Jahre zur Verfügung stehen.

Gewirk aus Silbernanodrähten

Nun hat Manuela Göbelt aus dem Team um Prof. Dr. Silke Christiansen eine raffinierte, neue Lösung entwickelt, um mit einem Bruchteil des Silbers und ganz ohne Indium eine technologisch interessante Elektrode herzustellen. Die Doktorandin hat dafür zunächst mit nasschemischen Verfahren Silbernanodrähte in einer Ethanol-Suspension hergestellt. Mit einer Pipette tropfte sie diese Suspension  auf ein Substrat, zum Beispiel eine Silizium-Solarzelle. Beim Verdampfen des Lösungsmittels organisieren sich die Nanodrähte aus Silber zu einem losen Gewirk, das transparent bleibt, dabei aber dicht genug ist, um durchgehende Strompfade zu bilden.

Einkapselung in AZO

Anschließend brachte Manuela Göbelt mit einem von ihr optimierten Atomlagenabscheideverfahren Schritt für Schritt eine Schicht eines hochdotierten Halbleiters, das sogenannte AZO, auf. AZO besteht aus Zinkoxid, das mit Aluminium dotiert ist und besitzt eine große Bandlücke. Es ist viel billiger als ITO und ebenso transparent, allerdings nicht ganz so leitfähig. Dabei bildeten sich auf den Silbernanodrähten winzige AZO-Kristallite aus, die schließlich die Nanodrähte perfekt umhüllten und Zwischenräume ausfüllten. Die Silbernanodrähte, die etwa 120 Nanometer im Durchmesser aufweisen, wurden so mit einer dünnen Schicht aus etwa 100 Nanometern AZO bedeckt und verkapselt.

Leitfähigkeit hängt vom Grad der Vernetzung ab

Messungen der Leitfähigkeit zeigten, dass die neu entwickelte Komposit-Elektrode mit einer konventionellen Silbergitter-Elektrode vergleichbar ist. Allerdings kommt es dafür darauf an, wie gut sich die Nanodrähte vernetzt haben, was von den Drahtlängen und der Konzentration der Silbernanodrähte in der Suspension abhängt.

Qualitätslandkarte am Rechner erstellt

Diesen Grad der Vernetzung können die Wissenschaftler vorab am Computer bestimmen. Mit speziell entwickelten Bildauswertealgorithmen werten sie rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen aus und können daraus die Leitfähigkeit der Elektrode vorhersagen.  „Wir ermitteln, wo gegebenenfalls der durchgehende leitfähige Pfad aus Nanodrähten unterbrochen ist und sehen so, wo die Vernetzung noch nicht optimal ist“, erklärt Ralf Keding. Trotz leistungsstarker Rechner dauerte es zunächst fast fünf Tage, um eine gute „Landkarte der Qualität“ der Elektrode zu errechnen. Nun wird die Software optimiert, um die Rechenzeit zu reduzieren. „Die Bildauswertung hat uns wertvolle Hinweise gegeben, wo wir ansetzen müssen, etwa bei der Drahtlänge oder Drahtkonzentration in der Lösung, um die Qualität der Elektrode durch erhöhte Vernetzung bei geringer Bedeckung zu verbessern “, sagt Manuela Göbelt.

Praktikable und günstige Alternative zu konventionellen Elektroden

„Mit dieser neu entwickelte Hybridelektrode haben wir eine praktikable und kostengünstige Alternative zu konventionellen gedruckten Gitter-Elektroden und zu dem gängigen, jedoch durch Materialengpässe bedrohte, ITO entwickelt“, sagt Silke Christiansen, die am HZB das Institut für Nanoarchitekturen für die Energieumwandlung leitet und am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL) zusätzlich eine fokussierte Projektgruppe leitet.

Vorteile: Nur ein Bruchteil des Silbers, kaum Verschattung

Tatsächlich kommen die neuen Elektroden mit 0,3 Gramm Silber pro Quadratmeter Oberfläche aus, während konventionelle Silber-Gitterelektroden eher zwischen 15 und 20 Gramm Silber benötigen. Außerdem verschatten sie die Solarzelle deutlich weniger: „Das Netz aus Silbernanodrähten ist so fein, dass fast gar kein Licht durch Verschattung für die Solarenergiekonversion in der Solarzelle verloren geht“, erklärt Manuela Göbelt. Im Gegenteil, hofft sie: „Es wäre sogar möglich, dass die Silbernanodrähte durch so genannte plasmonische Effekte Licht gezielt in den Solarzellabsorber streuen.“

Die Arbeit ist im Journal Nano Energy, Vol. 16, Sept. 2015, publiziert: "Encapsulation of silver nanowire networks by atomic layer deposition for indium-free transparent electrodes". Manuela Göbelt, Ralf Keding, Sebastian W. Schmitt,Björn Hoffmann, Sara Jäckle, Michael Latzel, Vuk V. Radmilović,Velimir R. Radmilović,Erdmann Spiecker, Silke Christiansen.

doi:10.1016/j.nanoen.2015.06.027

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Grüne Herstellung von Hybridmaterialien als hochempfindliche Röntgendetektoren
    Science Highlight
    08.05.2025
    Grüne Herstellung von Hybridmaterialien als hochempfindliche Röntgendetektoren
    Neue organisch-anorganische Hybridmaterialien auf Basis von Wismut sind hervorragend als Röntgendetektoren geeignet, sie sind deutlich empfindlicher als handelsübliche Röntgendetektoren und langzeitstabil. Darüber hinaus können sie ohne Lösungsmittel durch Kugelmahlen hergestellt werden, einem umweltfreundlichen Syntheseverfahren, das auch in der Industrie genutzt wird. Empfindlichere Detektoren würden die Strahlenbelastung bei Röntgenuntersuchungen erheblich reduzieren.

  • Energiespeicher: BAM, HZB und HU Berlin planen gemeinsames Berlin Battery Lab
    Nachricht
    07.05.2025
    Energiespeicher: BAM, HZB und HU Berlin planen gemeinsames Berlin Battery Lab
    Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und die Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin) haben ein Memorandum of Understanding (MoU) zur Gründung des Berlin Battery Lab unterzeichnet. Das Labor wird die Expertise der drei Institutionen bündeln, um die Entwicklung nachhaltiger Batterietechnologien voranzutreiben. Die gemeinsame Forschungsinfrastruktur soll auch der Industrie für wegweisende Projekte in diesem Bereich offenstehen.
  • BESSY II: Einblick in ultraschnelle Spinprozesse mit Femtoslicing
    Science Highlight
    05.05.2025
    BESSY II: Einblick in ultraschnelle Spinprozesse mit Femtoslicing
    Einem internationalen Team ist es an BESSY II erstmals gelungen, einen besonders schnellen Prozess im Inneren eines magnetischen Schichtsystems, eines Spinventils, aufzuklären: An der Femtoslicing-Beamline von BESSY II konnten sie die ultraschnelle Entmagnetisierung durch spinpolarisierte Stromimpulse beobachten. Die Ergebnisse helfen bei der Entwicklung von spintronischen Bauelementen für die schnellere und energieeffizientere Verarbeitung und Speicherung von Information. An der Zusammenarbeit waren Teams der Universität Straßburg, des HZB, der Universität Uppsala sowie weiterer Universitäten beteiligt.