Qumran-Rollen vom Toten Meer an BESSY II untersucht

Antike Schriftstücke vor dem Verfall zu bewahren oder sie zu restaurieren ist eine Kunst für sich. Um sie auszuüben, ist es von enormer Bedeutung herauszufinden, wie beispielsweise Pergament durch bestimmte Tinten über die Jahrhunderte zerstört wird; und wie dies zu vermeiden wäre. Für solche Untersuchungen ist Röntgenstrahlung ein hervorragendes Werkzeug. Um diese Forschungsarbeiten zu unterstützen, hat BESSY nun einen Röntgenmessplatz so ausgestattet, dass auch sehr empfindliche Objekte, wie antike Pergamentrollen oder Gemälde auf Leinwand oder Holz untersucht werden können, ohne dabei Schaden zu nehmen.

Die Röntgenstrahlung an einer Synchrotronstrahlungsquelle wie BESSY eignet sich für diese Untersuchungen besonders, weil man so selbst Spuren chemischer Elemente als Bestandteil der Tinte, Farb- oder Zeichenmaterialien an einer bestimmten Stelle eines Schriftstückes nachweisen kann, und das absolut zerstörungsfrei. Durch das Messen vieler solcher Stellen erstellen Naturwissenschaftler eine "chemische Landkarte", die Archäologen oder Kunsthistorikern Rückschlüsse auf die Herstellungstechnik und die Herkunft (Provenienz) erlaubt: wichtige Informationen für Konservatoren und Restauratoren in Museen und Bibliotheken.

Eigentlich ideal, jedoch stand einer breiteren Anwendung der Methode entgegen, dass eine Vielzahl "Altertümer" außerordentlich empfindlich auf Veränderung der Umgebungstemperatur und der Luftfeuchtigkeit reagieren. An den Messplätzen von Synchrotronstrahlungsquellen ist die erforderliche Klimakonstanz nicht gegeben. Wegen dieses Dilemmas hatten Spezialisten im Rahmen des internationalen Workshop "Synchrotron Radiation in Art and Archaeology" 2006 angeregt, die Klimabedingungen an den Messeinrichtungen für zukünftige Projekte zu verbessern. BESSY ist dieser Anregung nun nachgekommen und hat einen spezialisierten Messplatz (µSpot-Messplatz) mit einer Vollklimatisierung ausgestattet. "Archäometrie ist ein spannendes Forschungsgebiet und wir wollen dazu beitragen, dieser relativ neuen Nutzerschaft die einzigartigen Experimentierbedingungen der Analytik mit Synchrotronstrahlung zu erschließen", begründet der wissenschaftliche Direktor Wolfgang Eberhardt die Motivation für den Umbau.

Die neue Probenumgebung am µSpot-Messplatz bei BESSY erlaubt es, die Temperatur im Bereich von 17-24°C auf 1° genau zu halten. Die Feuchtigkeit kann zwischen 40% und 60% mit der Genauigkeit von 2.5% relative Feuchte eingestellt werden. Die erreichbaren Werte sind somit besser als die, die führende Wissenschaftler und Konservatoren als Mindestanforderung genannt hatten. Mit der neuen Probenumgebung sind die Voraussetzungen geschaffen, Studien an antiken Pergamentrollen wie den Qumran-Rollen zu forcieren und auch empfindliche Kunstobjekte auf Leinwand oder Holz zu untersuchen.

Der µSpot-Messplatz wird von einer Kooperation betrieben. Zu den Partnern gehören die Technische Universität Berlin, das Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Golm, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und BESSY. Das von der BAM koordinierte "Netzwerk zur interdisziplinären Kulturguterhaltung (N.I.Ke.)" ist an den Forschungsarbeiten beteiligt.

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Helmholtz-Nachwuchsgruppe zu Magnonen
    Nachricht
    24.11.2025
    Helmholtz-Nachwuchsgruppe zu Magnonen
    Dr. Hebatalla Elnaggar baut am HZB eine neue Helmholtz-Nachwuchsgruppe auf. An BESSY II will die Materialforscherin sogenannte Magnonen in magnetischen Perowskit-Dünnschichten untersuchen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihrer Forschung Grundlagen für eine zukünftige Terahertz-Magnon-Technologie zu legen: Magnonische Bauelemente im Terahertz-Bereich könnten Daten mit einem Bruchteil der Energie verarbeiten, die moderne Halbleiterbauelemente benötigen, und das mit bis zu tausendfacher Geschwindigkeit.

    Dr. Hebatalla Elnaggar will an BESSY II magnetische Perowskit-Dünnschichten untersuchen und damit die Grundlagen für eine künftige Magnonen-Technologie schaffen.

  • Susanne Nies in EU-Beratergruppe zu Green Deal berufen
    Nachricht
    12.11.2025
    Susanne Nies in EU-Beratergruppe zu Green Deal berufen
    Dr. Susanne Nies leitet am HZB das Projekt Green Deal Ukraina, das den Aufbau eines nachhaltigen Energiesystems in der Ukraine unterstützt. Die Energieexpertin wurde nun auch in die wissenschaftliche Beratergruppe der Europäischen Kommission berufen, um im Zusammenhang mit der Netto-Null-Zielsetzung (DG GROW) regulatorische Belastungen aufzuzeigen und dazu zu beraten.
  • Die Zukunft der Korallen – Was Röntgenuntersuchungen zeigen können
    Interview
    12.11.2025
    Die Zukunft der Korallen – Was Röntgenuntersuchungen zeigen können
    In diesem Sommer war es in allen Medien. Angetrieben durch die Klimakrise haben nun auch die Ozeane einen kritischen Punkt überschritten, sie versauern immer mehr. Meeresschnecken zeigen bereits erste Schäden, aber die zunehmende Versauerung könnte auch die kalkhaltigen Skelettstrukturen von Korallen beeinträchtigen. Dabei leiden Korallen außerdem unter marinen Hitzewellen und Verschmutzung, die weltweit zur Korallenbleiche und zum Absterben ganzer Riffe führen. Wie genau wirkt sich die Versauerung auf die Skelettbildung aus?

    Die Meeresbiologin Prof. Dr. Tali Mass von der Universität Haifa, Israel, ist Expertin für Steinkorallen. Zusammen mit Prof. Dr. Paul Zaslansky, Experte für Röntgenbildgebung an der Charité Berlin, untersuchte sie an BESSY II die Skelettbildung bei Babykorallen, die unter verschiedenen pH-Bedingungen aufgezogen wurden. Antonia Rötger befragte die beiden Experten online zu ihrer aktuellen Studie und der Zukunft der Korallenriffe.