Pflanzen nehmen Blei aus Perowskit-Solarzellen stärker auf als erwartet

Auf Bodenproben mit unterschiedlicher Blei-Belastung wuchsen Pfefferminzpflanzen. Anschließend wurde der Bleigehalt in ihren Blättern analysiert.

Auf Bodenproben mit unterschiedlicher Blei-Belastung wuchsen Pfefferminzpflanzen. Anschließend wurde der Bleigehalt in ihren Blättern analysiert. © Fujian Agriculture and Forestry University

Blei aus metall-organischen Perowskitverbindungen wird deutlich stärker von Pflanzen aufgenommen als beispielsweise Blei aus anorganischen Quellen. Dies zeigt eine Studie von HZB-Forscher Antonio Abate mit Partnern aus China und Italien, die in Nature communications veröffentlicht ist.

Bestimmte Perowskitverbindungen gelten als große Hoffnung für noch bessere und vor allem noch günstigere Solarzellen. Ihr Kristallgitter wird von organischen Methylammonium-Kationen gebildet, die von Schwermetall-Atomen und Atomen wie Jod umgeben sind. Die besten Perowskitsolarzellen werden heute mit Blei realisiert. In nur zehn Jahren Forschungsarbeit ließ sich der Wirkungsgrad dieser Solarzellen im Labor von 4 Prozent (2009) auf inzwischen über 25 Prozent (2019) steigern. Blei ist allerdings hochgiftig und darf nicht in die Nahrungskette gelangen. Ein quadratmetergroßes Perowskit-Solarmodul enthält jedoch nur 0,8 Gramm Blei, also sehr wenig im Vergleich zu anderen technischen Quellen von Blei (z.B. in Batterien).

Nun hat ein Team um Prof. Dr. Antonio Abate am Helmholtz-Zentrum Berlin eine Studie konzipiert, um dieses Risiko zu untersuchen. Dafür arbeiteten sie mit einem Team der Landwirtschaftlichen Universität in Fujian, China, sowie mit einer Gruppe an der Universität in Neapel, Italien, zusammen.

Die Pflanzenexperten in Fujian bereiteten Bodenproben mit unterschiedlicher Bleibelastung vor und bauten darauf Minzpflanzen sowie zwei andere Blattpflanzen an. Bei einem Teil der Proben war die Bleibelastung durch anorganische Quellen verursacht, bei einem anderen Teil durch Blei aus Perowskit-Verbindungen. Nach einer Wachstumsperiode analysierten sie den Bleigehalt in den Blättern und anderen Pflanzenteilen.

Die Analysen zeigten, dass Blei aus Perowskit-Solarzellen etwa zehnmal besser aufgenommen wird als aus anorganischen Kontaminations-Quellen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die organischen Kationen (Methyammonium+) im Perowskit den PH-Gehalt des Bodens verändern und damit die Bleiaufnahme durch die Pflanzen begünstigen, vermutet Dr. Qiong Wang aus dem Team von Abate. „Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass man Perowskite nicht einfach wie andere Quellen für Bleibelastungen betrachten sollte“, sagt Abate.

Abate forscht an der Entwicklung von bleifreien Perowskit-Solarzellen, die Zinn enthalten. Auch Zinn ist hochgiftig, allerdings reagiert es sehr rasch zu nicht-wasserlöslichen Formen. Eine weitere Versuchsreihe mit Minzpflanzen auf Zinn-belasteten Böden ergab, dass die Pflanzen es deutlich weniger aufnehmen. Bleifreie Perowskit-Solarzellen erreichen allerdings noch bei weitem nicht die hohen Wirkungsgrade von bleihaltigen Solarzellen und haben darüber hinaus auch noch größere Probleme mit der Stabilität.

Das Helmholtz-Zentrum Berlin hat auf dem Gebiet der Perowskit-Solarzellen große Expertise aufgebaut und forscht sowohl an bleihaltigen Verbindungen als auch an bleifreien Alternativen. „Wir müssen diese Materialklasse sehr breit untersuchen“, meint Abate und betont: „Natürlich ist es wichtig, Wirkungsgrade und Langzeitstabilität zu erhöhen, aber wir müssen auch die Umweltverträglichkeit im Blick behalten.“

Nature communications (2020): The biological impact of lead from halide perovskites reveals the risk of introducing a safe threshold concentration. Junming Li, Hai-Lei Cao, Wen-Bin Jiao, Qiong Wang, Mingdeng Wei, Irene Cantone, Jian Lü and Antonio Abate.

DOI: 10.1038/s41467-019-13910-y

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Lange Nacht der Wissenschaften 2025
    Nachricht
    18.06.2025
    Lange Nacht der Wissenschaften 2025
    Willkommen!

  • MAX IV und BESSY II treiben Materialwissenschaften gemeinsam voran
    Nachricht
    17.06.2025
    MAX IV und BESSY II treiben Materialwissenschaften gemeinsam voran
    Das schwedische Synchrotron-Labor MAX IV und das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) mit der Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II haben am 16. Juni eine Kooperationsvereinbarung mit fünfjähriger Laufzeit unterzeichnet. Sie schafft den Rahmen für eine verstärkte Zusammenarbeit bei der operativen und technologischen Entwicklung in den Bereichen Beschleunigerforschung und -entwicklung, Strahlführungen und Optik, Experimentierstationen und Probenumgebungen sowie Digitalisierung und Datenwissenschaft.
  • Michael Naguib als Humboldt-Forschungspreisträger am HZB
    Nachricht
    16.06.2025
    Michael Naguib als Humboldt-Forschungspreisträger am HZB
    Professor Michael Naguib von der Tulane University in den USA ist einer der Entdecker einer neuen Klasse von 2D-Materialien: MXene zeichnen sich durch eine blätterteigartige Struktur aus und bieten viele Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff oder als Speichermedium für elektrische Energie. Mit dem Humboldt-Forschungspreis im Jahr 2025 verstärkt Michael Naguib seine Zusammenarbeit mit Prof. Volker Presser am Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken und mit Dr. Tristan Petit am HZB.