Mathematisches Werkzeug hilft, Quantenmaterialien rascher zu berechnen

Intelligente mathematische Werkzeuge f&uuml;r die Simulation von Spin-Systemen reduzieren die ben&ouml;tigte Rechenzeit auf Supercomputern. Einige der schnellsten Supercomputer der Welt (hier JUWELS) stehen aktuell im Forschungszentrum J&uuml;lich.</p> <p>

Intelligente mathematische Werkzeuge für die Simulation von Spin-Systemen reduzieren die benötigte Rechenzeit auf Supercomputern. Einige der schnellsten Supercomputer der Welt (hier JUWELS) stehen aktuell im Forschungszentrum Jülich.

© Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau

Viele Quantenmaterialien lassen sich bislang kaum rechnerisch simulieren, weil die benötigte Rechenzeit zu groß wäre. Nun hat eine gemeinsame Forschergruppe an der Freien Universität Berlin und am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) einen Weg aufgezeigt, wie sich die Rechenzeiten deutlich verkürzen lassen. Dies könnte die Entwicklung von Materialien für künftige energieeffiziente IT-Technologie beschleunigen.

Weltweit arbeiten Supercomputer rund um die Uhr für die Forschung. Auch neuartige Materialien lassen sich im Prinzip im Computer simulieren, um ihre magnetischen oder thermischen Eigenschaften und Phasenübergänge zu berechnen. Der Goldstandard für solche Modellierungen ist die sogenannte Quanten-Monte-Carlo-Methode.

Welle-Teilchen-Dualismus erschwert die Modellierung

Doch die hat ein intrinsisches Problem: Aufgrund des quantenphysikalischen Welle-Teilchen-Dualismus besitzt jedes Teilchen im Festkörperverbund nicht nur Teilcheneigenschaften wie Masse und Impuls, sondern auch Welleneigenschaften wie eine Phase. Durch Interferenz überlagern sich die „Wellen“, sie können sich so lokal entweder verstärken (addieren) oder auslöschen (subtrahieren). Die Berechnungen werden dadurch ausgesprochen komplex. Dies wird als Vorzeichen-Problem der Quanten-Monte-Carlo-Methode bezeichnet.

Perspektivwechsel lohnt

„Jeden Tag kostet die Berechnung von Quantenmaterialien rund eine Millionen Stunden CPU an Großrechnern“, sagt Prof. Dr. Jens Eisert, der die gemeinsame Forschergruppe an der Freien Universität Berlin und HZB leitet. „Dies ist ein sehr erheblicher Anteil der überhaupt zur Verfügung stehenden Rechenzeit.“ Zusammen mit seinem Team hat der theoretische Physiker nun ein mathematisches Verfahren entwickelt, mithilfe dessen das Vorzeichenproblem soweit möglich verringert werden kann. „Wir zeigen, dass sich Festkörpersysteme aus sehr unterschiedlichen Perspektiven betrachten lassen. Und je nach Perspektive spielt das Vorzeichenproblem eine unterschiedlich große Rolle. Es geht dann darum, das Festkörpersystem so anzupacken, dass das Vorzeichenproblem minimal wird“, erklärt Dominik Hangleiter, Erstautor der Studie, die nun in Science Advances erschienen ist.

Anwendung auf Spin-Systeme

Für einfache Festkörpersysteme mit Spins, die sogenannte Heisenberg-Leitern bilden, konnten sie mit diesem Ansatz das Vorzeichenproblem deutlich reduzieren. Das mathematische Werkzeug lässt sich aber auch auf komplexere Spin-Systeme anwenden und verspricht eine raschere Berechnung ihrer Eigenschaften.

„Damit stellen wir eine neue Methode bereit, um gezielt Materialien mit besonderen Spin-Eigenschaften zu entwickeln“, sagt Eisert. Solche Materialien könnten in zukünftigen IT-Technologien Verwendung finden, in denen Daten mit deutlich weniger Energieaufwand verarbeitet und gespeichert werden sollen.

Science Advances 2020: Easing the Monte Carlo sign problem; Dominik Hangleiter, Ingo Roth, Daniel Nagaj, Jens Eisert

Doi: 10.1126/sciadv.abb8341

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Was vibrierende Moleküle über die Zellbiologie verraten
    Science Highlight
    16.10.2025
    Was vibrierende Moleküle über die Zellbiologie verraten
    Mit Infrarot-Vibrationsspektroskopie an BESSY II lassen sich hochaufgelöste Karten von Molekülen in lebenden Zellen und Zellorganellen in ihrer natürlichen wässrigen Umgebung erstellen, zeigt eine neue Studie von einem Team aus HZB und Humboldt-Universität zu Berlin. Die Nano-IR-Spektroskopie mit SNOM an der IRIS-Beamline eignet sich, um winzige biologische Proben zu untersuchen und Infrarotbilder der Molekülschwingungen mit Nanometer-Auflösung zu erzeugen. Es ist sogar möglich, 3D-Informationen, also Infrarot-Tomogramme, aufzuzeichnen. Um das Verfahren zu testen, hat das Team Fibroblasten auf einer hochtransparenten SiC-Membran gezüchtet und in vivo untersucht. Die Methode ermöglicht neue Einblicke in die Zellbiologie.
  • Sasol und HZB vertiefen Zusammenarbeit mit Fokus auf Digitalisierung
    Nachricht
    08.10.2025
    Sasol und HZB vertiefen Zusammenarbeit mit Fokus auf Digitalisierung
    Sasol Research & Technology und das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) erweitern ihre Partnerschaft auf den Bereich der Digitalisierung. Dabei bauen sie auf gemeinsamen Anstrengungen im Rahmen des CARE-O-SENE-Projekts und einer Anfang 2025 ins Leben gerufenen Industrial Fellowship auf. Die neue Initiative ist ein Schritt vorwärts bei der Nutzung digitaler Technologien, um Innovation bei Katalysatoren zu beschleunigen und die  wissenschaftliche Zusammenarbeit zu vertiefen.
  • Verleihung des Technologietransfer-Preises 2025
    Nachricht
    07.10.2025
    Verleihung des Technologietransfer-Preises 2025
    Die Verleihung des Technologietransfer-Preises wird am 13. Oktober um 14 Uhr im Hörsaal des BESSY-II-Gebäudes in Adlershof stattfinden.