Grüner Wasserstoff: Auftrieb im Elektrolyten sorgt für Konvektionsströmung

Mit der Zeit ver&auml;ndert sich der lokale pH-Wert (hier in einem Elektrolyten mit 0.5 M K<sub>2</sub>SO<sub>4</sub>).

Mit der Zeit verändert sich der lokale pH-Wert (hier in einem Elektrolyten mit 0.5 M K2SO4). © HZB

Wasserstoff lässt sich klimaneutral mit Sonnenlicht produzieren. Aber auf dem Weg vom Labormaßstab zu einer großtechnischen Umsetzung gibt es noch Hürden. Nun hat ein Team am HZB eine Methode vorgestellt, um Strömungsprozesse im Elektrolyten sichtbar zu machen und mit einem Modell vorab zuverlässig zu simulieren. Die Ergebnisse sind hilfreich, um Design und Aufskalierung dieser Technologie zu unterstützen und wurden in der renommierten Zeitschrift Energy and Environmental Science veröffentlicht.

„Grüner“ Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien klimaneutral hergestellt wird, könnte einen wesentlichen Beitrag zum Energiesystem der Zukunft leisten. Eine Option ist die Nutzung von Sonnenlicht zur elektrolytischen Wasserspaltung, entweder indirekt durch Kopplung einer Solarzelle mit einem Elektrolyseur oder direkt in einer photoelektrochemischen (PEC) Zelle. Als Photoelektroden dienen lichtabsorbierende Halbleiter. Sie werden in eine Elektrolytlösung aus Wasser eingetaucht, das mit starken Säuren oder Basen vermischt ist. Dies erhöht die Konzentration von Protonen bzw. Hydroxidionen und sorgt so für eine effiziente Elektrolyse.

Effizienz versus Sicherheit

In einer Großanlage wäre es jedoch aus Sicherheitsgründen sinnvoll, eine Elektrolytlösung mit einem nahezu neutralen pH-Wert zu verwenden. Eine solche Lösung hat eine niedrige Konzentration von Protonen und Hydroxidionen, was zu Einschränkungen beim Massentransport und zu schlechter Leistung führt. Diese Einschränkungen genauer zu verstehen hilft bei der Konstruktion einer sicheren und skalierbaren PEC-Wasserspaltungsanlage.

Strömungen während der Elektrolyse

Ein Team um Dr. Fatwa Abdi vom HZB-Institut für Solare Brennstoffe hat nun zum ersten Mal untersucht, wie sich der flüssige Elektrolyt in der Zelle während der Elektrolyse verhält: Mit Hilfe fluoreszierender pH-Sensorfolien bestimmte Dr. Keisuke Obata, Postdoc in Abdis Team, den lokalen pH-Wert in PEC-Zellen zwischen Anode und Kathode im Verlauf der Elektrolyse. Die PEC-Zellen wurden mit nahezu neutralen pH-Elektrolyten gefüllt. In Bereichen nahe der Anode nahm der pH-Wert im Verlauf der Elektrolyse ab, während er nahe der Kathode zunahm. Interessanterweise bewegte sich der Elektrolyt während der Elektrolyse im Uhrzeigersinn.

Die Beobachtung lässt sich durch Auftrieb aufgrund von Änderungen der Elektrolytdichte während der elektrochemischen Reaktion erklären, die zur Konvektion führt. „Es war überraschend zu sehen, dass winzige Änderungen der Elektrolytdichte (~0,1%) diesen Auftriebseffekt verursachen", sagt Abdi.

Modell ermöglicht Simulation

Parallel dazu entwickelten Abdi und sein Team ein multiphysikalisches Modell zur Berechnung der Konvektionsströmung, die durch die elektrochemischen Reaktionen ausgelöst werden. „Wir haben dieses Modell gründlich getestet und können nun ein leistungsfähiges Werkzeug zur Verfügung stellen, um die natürliche Konvektion in einer elektrochemischen Zelle mit verschiedenen Elektrolyten im Voraus zu simulieren", sagt Abdi.

HEMF und UniSysCat

Für das Projekt hat Abdi ein neues Labor, das "Solar Fuel Devices Facility", am HZB aufgebaut. Dieses Labor ist Teil der Helmholtz Energy Materials Foundry (HEMF), einer großen Infrastruktur, die auch Messgäste aus aller Welt nutzen können. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit der TU Berlin im Rahmen des Exzellenzclusters UniSysCat durchgeführt.

„Mit dieser Arbeit erweitern wir unsere materialwissenschaftliche Expertise um neue Einblicke auf dem Gebiet der photoelektrochemischen Reaktionstechnik.  Das ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Aufskalierung  von Solarbrennstoffanlagen", sagt Prof. Dr. Roel van de Krol, der das HZB-Institut für Solare Brennstoffe leitet.

Energy & Environmental Science (2020)

In-situ Observation of pH Change during Water Splitting in Neutral pH Conditions: Impact of Natural Convection Driven by Buoyancy Effects

Keisuke Obata, Roel van de Krol, Michael Schwarze, Reinhard Schomäcker, and Fatwa F. Abdi

DOI: 10.1039/D0EE01760D

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Schlüsseltechnologie für eine Zukunft ohne fossile Energieträger
    Interview
    21.08.2025
    Schlüsseltechnologie für eine Zukunft ohne fossile Energieträger
    Im Juni und Juli 2025 verbrachte der Katalyseforscher Nico Fischer Zeit am HZB. Es war sein „Sabbatical“, für einige Monate war er von seinen Pflichten als Direktor des Katalyse-Instituts in Cape Town entbunden und konnte sich nur der Forschung widmen. Mit dem HZB arbeitet sein Institut an zwei Projekten, die mit Hilfe von neuartigen Katalysatortechnologien umweltfreundliche Alternativen erschließen sollen. Mit ihm sprach Antonia Rötger.

  • Lithium-Schwefel-Batterien mit wenig Elektrolyt: Problemzonen identifiziert
    Science Highlight
    12.08.2025
    Lithium-Schwefel-Batterien mit wenig Elektrolyt: Problemzonen identifiziert
    Mit einer zerstörungsfreien Methode hat ein Team am HZB erstmals Lithium-Schwefel-Batterien im praktischen Pouchzellenformat untersucht, die mit besonders wenig Elektrolyt-Flüssigkeit auskommen. Mit operando Neutronentomographie konnten sie in Echtzeit visualisieren, wie sich der flüssige Elektrolyt während des Ladens und Entladens über mehrere Schichten verteilt und die Elektroden benetzt. Diese Erkenntnisse liefern wertvolle Einblicke in die Mechanismen, die zum Versagen der Batterie führen können, und sind hilfreich für die Entwicklung kompakter Li-S-Batterien mit hoher Energiedichte.
  • Berliner Wissenschaftspreis geht an Philipp Adelhelm
    Nachricht
    24.07.2025
    Berliner Wissenschaftspreis geht an Philipp Adelhelm
    Der Batterieforscher Prof. Dr. Philipp Adelhelm wird mit dem Berliner Wissenschaftspreis 2024 ausgezeichnet.  Er ist Professor am Institut für Chemie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und leitet eine gemeinsame Forschungsgruppe der HU und des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB). Der Materialwissenschaftler und Elektrochemiker forscht zur Entwicklung nachhaltiger Batterien, die eine Schlüsselrolle für das Gelingen der Energiewende spielen. International zählt er zu den führenden Expert*innen auf dem Gebiet der Natrium-Ionen-Batterien.