Wasser als Metall an BESSY II nachgewiesen

Nach etwa 5 Sekunden hat sich ein dünner Film aus metallischem Wasser um den NaK-Tropfen gebildet, erkennbar am goldenen Schimmer.

Nach etwa 5 Sekunden hat sich ein dünner Film aus metallischem Wasser um den NaK-Tropfen gebildet, erkennbar am goldenen Schimmer. © HZB

Das Bild oben links zeigt einen NaK-Tropfen im Vakuum ohne Wasserdampf. Die weiteren Bilder zeigen die zeitliche Entwicklung dieses Tropfens, wenn Wasserdampf pr&auml;sent ist. So bildet sich zun&auml;chst eine goldfarbene Schicht aus metallischem Wasser, dann entstehen wei&szlig;e Flecken aus Alkalihydroxid. Nach etwa 10 Sekunden f&auml;llt der Tropfen. <br /><br />

Das Bild oben links zeigt einen NaK-Tropfen im Vakuum ohne Wasserdampf. Die weiteren Bilder zeigen die zeitliche Entwicklung dieses Tropfens, wenn Wasserdampf präsent ist. So bildet sich zunächst eine goldfarbene Schicht aus metallischem Wasser, dann entstehen weiße Flecken aus Alkalihydroxid. Nach etwa 10 Sekunden fällt der Tropfen.

© HZB/Nature 10.1038/s41586-021-03646-5

In der Probenkammer tropft die NaK-Legierung aus einer D&uuml;se. Dabei str&ouml;mt Wasserdampf ein und bildet eine d&uuml;nne Haut an der Tropfenoberfl&auml;che.

In der Probenkammer tropft die NaK-Legierung aus einer Düse. Dabei strömt Wasserdampf ein und bildet eine dünne Haut an der Tropfenoberfläche. © HZB

Reines Wasser ist unter Normalbedingungen ein nahezu perfekter Isolator. Metallische Eigenschaften entwickelt Wasser nur unter extremem Druck, wie er höchstens im Innern von großen Planeten herrscht. Nun hat eine internationale Kooperation mit einem ganz anderen Ansatz metallisches Wasser erzeugt und den Phasenübergang an BESSY II dokumentiert. Die Arbeit ist in Nature publiziert.

Dass Wasser Strom leitet, weiß jedes Kind – aber damit ist das „normale“ Alltagswasser gemeint, das Salze enthält. Reines, destilliertes Wasser dagegen ist ein nahezu perfekter Isolator. Es besteht aus H2O-Molekülen, die über Wasserstoffbrückenbindungen miteinander locker vernetzt sind. Dabei bleiben die Valenzelektronen gebunden und sind nicht mobil. Um ein Leitungsband mit frei beweglichen Elektronen zu erzeugen, müsste man Wasser so stark unter Druck setzen, dass sich die Orbitale der Außenelektronen überlappen. Eine Berechnung zeigt jedoch, dass dieser Druck allenfalls im Inneren von großen Planeten wie Jupiter vorhanden ist.

Alkalimetalle als Elektronenspender

Eine internationale Kooperation aus 15 Wissenschaftler*innen an elf Forschungseinrichtungen hat nun mit einem völlig anderen Ansatz erstmals eine Wasserlösung mit metallischen Eigenschaften erzeugt und diesen Phasenübergang an BESSY II dokumentiert. Sie experimentierten dafür mit Alkalimetallen, die ihr äußeres Elektron sehr leicht abgeben.

Ein raffinierter Trick

Die Chemie zwischen Alkalimetallen und Wasser ist jedoch bekanntlich explosiv. Natrium oder andere Alkalimetalle fangen in Wasser sofort an zu brennen. Das Team fand aber einen Weg, um diese heftige Chemie in Schach zu halten: Sie warfen nicht ein Stückchen Alkalimetall in Wasser, sondern sie machten es umgekehrt: sie gaben ein klein wenig Wasser auf einen Tropfen aus Alkalimetall.

Die Haut aus Wasser

Sie nutzten dafür eine Natrium-Kalium-Legierung, die bei Raumtemperatur flüssig ist. Am Strahlrohr U49/2 am BESSY II bauten sie das Experiment in der Hochvakuum-Probenkammer SOL³PES auf. In der Probenkammer sitzt eine sehr feine Düse, aus der die flüssige Na-K-Legierung tropft. Der silberne Tropfen wächst dabei etwa 10 Sekunden, bis er sich von der Düse löst. Während der Tropfen wächst, strömt etwas Wasserdampf in die Probenkammer und bildet an der Oberfläche des Tropfens eine extrem dünne Haut, eine Schicht aus wenigen Lagen Wassermolekülen. Dabei wandern fast sofort Elektronen und Metall-Ionen von der Alkali-Legierung ins Wasser ein. Diese eingewanderten Elektronen verhalten sich dabei wie freie Elektronen in einem Leitungsband.

Von Silber zu Gold

„Man sieht den Phasenübergang zum metallischen Wasser mit bloßem Auge! Der silbrige Natrium-Kalium-Tropfen überzieht sich mit einem goldenen Schimmer, das ist sehr eindrucksvoll“, berichtet Dr. Robert Seidel, der die Experimente an BESSY II betreut hat. Die dünne Schicht aus goldfarbenem metallischem Wasser bleibt für einige Sekunden sichtbar. Dadurch konnte das Team um Prof. Pavel Jungwirth, Tschechische Akademie der Wissenschaften, Prag, mit spektroskopischen Analysen am BESSY II und am IOCB in Prag nachweisen, dass es sich tatsächlich um Wasser in einem metallischen Zustand handelt.

Nachweis der metallischen Phase

Die beiden entscheidenden Fingerabdrücke einer metallischen Phase sind die Plasmonenfrequenz und das Leitungsband. Diese beiden Größen konnten die Gruppen mit optischer Reflexionsspektroskopie und Synchrotron-Röntgen-Photoelektronenspektroskopie ermitteln: Während die Plasmonenfrequenz der goldfarbenen, metallischen „Wasserhaut“ bei etwa 2,7 eV liegt (also im blauen Bereich des sichtbaren Lichts) besitzt das Leitungsband eine Breite von ungefähr 1,1 eV mit einer scharfen Fermikante. „Unsere Studie zeigt nicht nur, dass metallisches Wasser tatsächlich auf der Erde hergestellt werden kann, sondern charakterisiert auch die spektroskopischen Eigenschaften, die mit seinem schönen goldenen Metallglanz verbunden sind“, sagt Seidel.

Nature, 28.07.2021: Spectroscopic evidence for a gold-coloured metallic water solution

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • KI-Einsatz in der Chemie: Studie zeigt Stärken und Schwächen
    Nachricht
    04.06.2025
    KI-Einsatz in der Chemie: Studie zeigt Stärken und Schwächen
    Wie gut ist künstliche Intelligenz im Vergleich zu menschlichen Fachleuten? Ein Forschungsteam des HIPOLE Jena hat diese Frage im Bereich der Chemie untersucht: Mithilfe eines neu entwickelten Prüfverfahrens namens „ChemBench“ verglichen die Forschenden die Leistung moderner Sprachmodelle wie GPT-4 mit der von erfahrenen Chemikerinnen und Chemikern. 

  • TH Wildau und Helmholtz-Zentrum Berlin besiegeln umfassende Kooperation
    Nachricht
    30.05.2025
    TH Wildau und Helmholtz-Zentrum Berlin besiegeln umfassende Kooperation
    Am 21. Mai 2025 unterzeichneten die Technische Hochschule Wildau (TH Wildau) und das Helmholtz-Zentrum Berlin einen umfassenden Kooperationsvertrag. Ziel ist es, die Vernetzung und Zusammenarbeit insbesondere in der Grundlagenforschung weiter zu fördern, die wissenschaftliche Exzellenz beider Partner zu steigern und Kompetenznetzwerke in Forschung, Lehre sowie der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu entwickeln.

  • Grüner Wasserstoff: MXene steigert die Wirkung von Katalysatoren
    Science Highlight
    29.05.2025
    Grüner Wasserstoff: MXene steigert die Wirkung von Katalysatoren
    An den enorm großen inneren Oberflächen von MXenen können sich katalytisch aktive Partikel anheften. Mit diesem raffinierten Trick lässt sich ein preiswerter und viel effizienterer Katalysator für die Sauerstoffentwicklungsreaktion realisieren, die bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff bislang als Engpass gilt. Dies hat eine internationale Forschergruppe um die HZB-Chemikerin Michelle Browne nun in einer aufwendigen Untersuchung nachgewiesen. Die Studie ist in Advanced Functional Materials veröffentlicht.