Mit Künstlicher Intelligenz die „Fingerabdrücke“ von Molekülen errechnen

Das Graphische Neuronale Netz GNN erhält als Input kleine Moleküle mit der Aufgabe, deren spektrale Antworten zu ermitteln. Durch Abgleich mit den bekannten Spektren lernt das GNN-Programm, Spektren zuverlässig zu berechnen.

Das Graphische Neuronale Netz GNN erhält als Input kleine Moleküle mit der Aufgabe, deren spektrale Antworten zu ermitteln. Durch Abgleich mit den bekannten Spektren lernt das GNN-Programm, Spektren zuverlässig zu berechnen. © K. Singh, A. Bande/HZB

Mit konventionellen Methoden ist es extrem aufwändig, den spektralen Fingerabdruck von größeren Molekülen zu berechnen. Dies ist aber eine Voraussetzung, um experimentell gewonnene Messdaten korrekt zu interpretieren. Nun hat ein Team am HZB mit selbstlernenden Graphischen Neuronalen Netzen sehr gute Ergebnisse in deutlich kürzerer Zeit erzielt.

„Biomoleküle, große anorganische Moleküle, aber auch Quantenpunkte, die oft aus tausenden von Atomen bestehen, sind mit konventionellen Methoden wie der DFT kaum noch vorab zu berechnen“, sagt PD Dr. Annika Bande, theoretische Chemikerin am HZB. Mit ihrem Team hat sie nun systematisch untersucht, wie sich die Rechenzeit durch den Einsatz von Methoden aus der Künstlichen Intelligenz verkürzen lässt.

Die Idee: Ein Computerprogramm aus der Gruppe der „graphischen neuronalen Netze“ oder GNN erhält als Input kleine Moleküle mit der Aufgabe, deren spektrale Antworten zu ermitteln. Im nächsten Schritt vergleicht das GNN-Programm die errechneten Spektren mit den bekannten Zielspektren (DFT oder experimentell) und korrigiert in der folgenden Runde den Berechnungsweg entsprechend. Runde für Runde wird so das Ergebnis immer besser. Das GNN-Programm lernt also selbstständig mit Hilfe bekannter Spektren, wie sich Spektren zuverlässig berechnen lassen.

„Wir haben fünf neuere GNN trainiert und festgestellt, dass sich mit einem davon, dem SchNet-Modell, enorme Verbesserungen erreichen lassen: Die Genauigkeit steigt um 20 % und dies in einem Bruchteil der Rechenzeit“, sagt Erstautor Kanishka Singh. Singh nimmt an der Graduiertenschule HEIBRiDS teil und wird in diesem Rahmen sowohl von Informatik-Experten Prof. Ulf Leser aus der Humboldt-Universität zu Berlin als auch von Annika Bande betreut.  

„Kürzlich entwickelte GNN-Frameworks könnten sogar noch besser abschneiden“, meint die theoretische Chemikerin. „Und die Nachfrage ist sehr groß. Wir wollen diese Forschungsrichtung daher vertiefen und planen dafür ab Sommer eine neue Postdoc-Stelle im Rahmen des Helmholtz-Projekts "eXplainable Artificial Intelligence for X-ray Absorption Spectroscopy” ein.“

 

Anmerkung:

Die Arbeit entstand im Rahmen der Graduiertenschule HEIBRiDS und wird im Helmholtz-Projekt  "eXplainable Artificial Intelligence for X-ray Absorption Spectroscopy" (XAI-4-XAS) weitergeführt.

Im Kern geht es in diesem Helmholtz-Projekt (mit HEREON, Leitung HZB) darum, die GNN auch auf sehr große Moleküle auszudehnen. Dies soll in Kombination mit der probabilistischen Analyse von Molekülmotiven  erreicht werden. Sie dient dazu, nur den Teil des Konfigurationsphasenraums der Moleküle zu erfassen, der für die genaue Vorhersage von Röntgenspektren erforderlich ist. Die Ergebnisse der Vorhersagen ermöglichen eine rigorose Interpretation von XAS-Experimenten.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Schlüsseltechnologie für eine Zukunft ohne fossile Energieträger
    Interview
    21.08.2025
    Schlüsseltechnologie für eine Zukunft ohne fossile Energieträger
    Im Juni und Juli 2025 verbrachte der Katalyseforscher Nico Fischer Zeit am HZB. Es war sein „Sabbatical“, für einige Monate war er von seinen Pflichten als Direktor des Katalyse-Instituts in Cape Town entbunden und konnte sich nur der Forschung widmen. Mit dem HZB arbeitet sein Institut an zwei Projekten, die mit Hilfe von neuartigen Katalysatortechnologien umweltfreundliche Alternativen erschließen sollen. Mit ihm sprach Antonia Rötger.

  • 5000. Patient in der Augentumortherapie mit Protonen behandelt
    Nachricht
    19.08.2025
    5000. Patient in der Augentumortherapie mit Protonen behandelt
    Seit mehr als 20 Jahren bieten die Charité – Universitätsmedizin Berlin und das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) gemeinsam die Bestrahlung von Augentumoren mit Protonen an. Dafür betreibt das HZB einen Protonenbeschleuniger in Berlin-Wannsee, die medizinische Betreuung der Patienten erfolgt durch die Charité. Anfang August wurde der 5000. Patient behandelt.
  • MXene als „Rahmen“ für zweidimensionale Wasserfilme zeigt neue Eigenschaften
    Science Highlight
    13.08.2025
    MXene als „Rahmen“ für zweidimensionale Wasserfilme zeigt neue Eigenschaften
    Ein internationales Team unter Leitung von Dr. Tristan Petit und Prof. Yury Gogotsi hat MXene mit eingeschlossenem Wasser und Ionen an der BESSY II untersucht. Dabei ging das Wasser mit steigender Temperatur vom Zustand als lokalisierte Eiskluster in einen quasi-zweidimensionalen Wasserfilm über. Das Team entdeckte dabei, dass diese strukturellen Veränderungen des eingeschlossenen Wassers im MXene einen reversiblen Phasenübergang bewirken: vom Metall zum Halbleiter. Dies könnte die Entwicklung neuartiger Bauelemente oder Sensoren auf Basis von MXenen ermöglichen.