Weniger ist mehr: Warum ein sparsamer Iridium-Katalysator so gut funktioniert

Das Team untersuchte zwei verschiedene Iridium-basierte Nanokatalysatoren für die Wasserelektrolyse: einen kommerziellen Benchmark-Katalysator (links) und den neu entwickelten P2X-Katalysator (rechts), der amorph ist und viermal weniger Iridium benötigt. Die Daten zeigen, wie sich die spezifischen chemischen Umgebungen in beiden Materialien unterscheiden und wie diese die Sauerstoffentwicklungsreaktion beeinflussen.

Das Team untersuchte zwei verschiedene Iridium-basierte Nanokatalysatoren für die Wasserelektrolyse: einen kommerziellen Benchmark-Katalysator (links) und den neu entwickelten P2X-Katalysator (rechts), der amorph ist und viermal weniger Iridium benötigt. Die Daten zeigen, wie sich die spezifischen chemischen Umgebungen in beiden Materialien unterscheiden und wie diese die Sauerstoffentwicklungsreaktion beeinflussen. © M. van der Merwe / HZB

Für die Produktion von Wasserstoff mit Elektrolyse werden Iridiumbasierte Katalysatoren benötigt. Nun zeigt ein Team am HZB und an der Lichtquelle ALBA, dass die neu entwickelten P2X-Katalysatoren, die mit nur einem Viertel des Iridiums auskommen, ebenso effizient und langzeitstabil sind wie die besten kommerziellen Katalysatoren. Messungen am EMIL-Labor an BESSY II haben nun ans Licht gebracht, wie die besondere chemische Umgebung im P2X-Kat während der Elektrolyse die Wasserspaltung befördert.

Wasserstoff wird in einem klimaneutralen Energiesystem künftig als Energiespeicher, Brennstoff und Rohstoff für die chemische Industrie benötigt. Am besten aus klimaneutraler Produktion, mit Strom aus Sonne oder Wind, über die Elektrolyse von Wasser. Als Schlüsseltechnologie gilt aktuell die Protonenaustauschmembran-Wasserelektrolyse (PEM-WE). Beide Elektroden sind dabei mit jeweils speziellen Elektrokatalysatoren beschichtet, um die gewünschte Reaktion zu beschleunigen.

Kostbar und selten: Iridium

Iridiumbasierte Katalysatoren eignen sich am besten für die Anode. Allerdings zählt Iridium zu den seltensten Elementen auf der Erde, und eine der größten Herausforderungen besteht darin, den Bedarf an diesem Edelmetall deutlich zu senken. Eine grobe Analyse (https://doi.org/10.1002/cite.201900101) zeigt, dass Anodenmaterialien auf Iridiumbasis nicht mehr als 0,05 mgIr/cm2 enthalten sollten, um den weltweiten Wasserstoffbedarf für den Transport mit PEM-WE-Technologie zu decken. Der derzeit beste kommerziell erhältliche Katalysator aus Iridiumoxid enthält jedoch etwa 40-mal so viel wie dieser Zielwert.

Weniger Iridium im P2X-Katalysator

Doch es gibt bereits neue Optionen: Im Rahmen des Kopernikus-P2X-Projekts wurde von der Heraeus-Gruppe ein neuer effizienter Nanokatalysator auf Iridiumbasis entwickelt, der aus einer dünnen Schicht Iridiumoxid auf einem nanostrukturierten Titandioxidträger besteht. Dieser sogenannte „P2X-Katalysator“ benötigt nur eine äußerst geringe Menge an Iridium (viermal niedriger als beim derzeit besten kommerziellen Material).

Ein Team am HZB unter der Leitung von Dr. Raul Garcia-Diez und Prof. Dr.-Ing. Marcus Bär hat zusammen mit einer Gruppe vom ALBA-Synchrotron in Barcelona den P2X-Katalysator untersucht und seine katalytische und spektroskopische Signatur mit dem kommerziellen kristallinen Referenzkatalysator verglichen. Dabei wies der P2X-Katalysator selbst im Langzeitbetrieb eine bemerkenswerte Stabilität auf.

Das HZB-Team hat dafür beide Katalysatortypen  während der Wasserelektrolyse (operando-Messungen) gründlich untersucht. „Wir wollten beobachten, wie sich die beiden unterschiedlichen Katalysatormaterialien während der elektrochemischen Sauerstoffentwicklungsreaktion strukturell und elektronisch verändern, und zwar mithilfe der operando-Ir-L3-Kanten-Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS)“, sagt Erstautorin Marianne van der Merwe aus Bärs Team. Sie entwickelten dafür ein neues experimentelles Protokoll, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse in beiden Proben unter genau der gleichen Sauerstoffproduktionsrate gemessen werden. Dadurch war es möglich, die beiden Katalysatoren unter genau denselben Bedingungen zu vergleichen.

Chemische Umgebung macht den Unterschied

„Aus den Messdaten konnten wir schließen, dass die Mechanismen für die Sauerstoffentwicklungsreaktion in beiden Klassen von Iridiumoxid-Katalysatoren unterschiedlich sind, und dies wird durch die unterschiedlichen chemischen Umgebungen der beiden Materialien verursacht“, sagt van der Merwe. Die Messdaten zeigen auch, warum der P2X-Katalysator im Vergleich zum Referenzkatalysator sogar besser abschneidet: In der P2X-Probe nehmen die Bindungslängen zwischen Iridium und Sauerstoff bei OER-relevanten Potentialen deutlich stärker ab als beim Referenzkatalysator. Diese Verringerung der Ir-O-Bindungslängen kann mit der Beteiligung defekter Umgebungen zusammenhängen, die vermutlich eine Schlüsselrolle bei der Sauerstoffentwicklungsreaktion spielen.

Darüber hinaus korrelieren die Beobachtungen der elektronischen Zustände auch mit lokalen geometrischen Informationen, wie van der Merwe betont. Die Arbeit liefert wertvolle Informationen über die verschiedenen Mechanismen von Iridiumoxid-basierten Elektrokatalysatoren während der Sauerstoffentwicklungsreaktion und vertieft das Verständnis der Katalysatorleistung und -stabilität.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Synchrotronstrahlungsquellen: Werkzeugkästen für Quantentechnologien
    Science Highlight
    01.12.2025
    Synchrotronstrahlungsquellen: Werkzeugkästen für Quantentechnologien
    Synchrotronstrahlungsquellen erzeugen hochbrillante Lichtpulse, von Infrarot bis zu harter Röntgenstrahlung, mit denen sich tiefe Einblicke in komplexe Materialien gewinnen lassen. Ein internationales Team hat nun im Fachjournal Advanced Functional Materials einen Überblick über Synchrotronmethoden für die Weiterentwicklung von Quantentechnologien veröffentlicht: Anhand konkreter Beispiele zeigen sie, wie diese einzigartigen Werkzeuge dazu beitragen können, das Potenzial von Quantentechnologien wie z. B. Quantencomputing zu erschließen, Produktionsbarrieren zu überwinden und den Weg für zukünftige Durchbrüche zu ebnen.
  • Gemeinsames Energie- und Klimalabor in Kyjiw nimmt Betrieb auf
    Nachricht
    28.11.2025
    Gemeinsames Energie- und Klimalabor in Kyjiw nimmt Betrieb auf
    Das Helmholtz-Zentrum Berlin und die Nationale Universität Kyjiw-Mohyla-Akademie haben am 27. November ein gemeinsames Energie- und Klimalabor gegründet.
  • Wie Karbonate die Umwandlung von CO2 in Kraftstoff beeinflussen
    Science Highlight
    25.11.2025
    Wie Karbonate die Umwandlung von CO2 in Kraftstoff beeinflussen
    Ein Forschungsteam vom Helmholtz Zentrum Berlin (HZB) und dem Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft (FHI) hat herausgefunden, wie Karbonatmoleküle die Umwandlung von CO2 in nützliche Kraftstoffe durch Gold-Elektrokatalysatoren beeinflussen. Ihre Studie beleuchtet, welche molekularen Mechanismen bei der CO2-Elektrokatalyse und der Wasserstoffentwicklung eine Rolle spielen und zeigt Strategien zur Verbesserung der Energieeffizienz und der Selektivität der katalytischen Reaktion auf.