Grüne Herstellung von Hybridmaterialien als hochempfindliche Röntgendetektoren
Neue organisch-anorganische Hybridmaterialien auf Basis von Wismut sind hervorragend als Röntgendetektoren geeignet, sie sind deutlich empfindlicher als handelsübliche Röntgendetektoren und langzeitstabil. Darüber hinaus können sie ohne Lösungsmittel durch Kugelmahlen hergestellt werden, einem umweltfreundlichen Syntheseverfahren, das auch in der Industrie genutzt wird. Empfindlichere Detektoren würden die Strahlenbelastung bei Röntgenuntersuchungen erheblich reduzieren.
Die Röntgenbildgebung ist in der medizinischen Diagnostik und Materialforschung unverzichtbar. Um ein Bild zu erzeugen, wandelt ein Detektor die Röntgenstrahlen, die das Objekt durchdrungen haben, von einem Detektor in elektrische Signale um. Je empfindlicher diese Detektoren reagieren, desto niedriger kann die Strahlenbelastung für die Probe ausfallen. Insbesondere in medizinischen Anwendungen wäre dies sehr günstig.
Inspiriert von Perowskit-Materialien
Einem Team um die Röntgendetektor-Expertin Prof. Olena Maslyanchuk am HZB ist es nun gelungen, die Eignung von zwei neuen Materialien als hocheffiziente Röntgendetektoren nachzuweisen. Es handelt sich dabei um organisch-anorganische Hybridmaterialien, inspiriert von den Halid-Perowskiten, die für optoelektronische Anwendungen interessant sind, [(CH3CH2)3S]6Bi8I30 und [(CH3CH2)3S]AgBiI5, beide mit dem Element Wismut. Sie wurden zuerst von Dr. Allan Starkholm für seine Promotion am Royal Institute of Technology, Stockholm, untersucht, der jetzt als Postdoc am HZB forscht.
Ideale Eigenschaften für Röntgendetektion
„Sie sind ideal für die Röntgendetektion“, sagt Starkholm und begründet dies mit den hohen Ordnungszahlen, geeigneten Bandlücken und einzigartigen strukturellen Eigenschaften: „Sie enthalten stabile Sulfoniumkationen, die eine bessere Langlebigkeit im Einsatz versprechen, anstelle der traditionell verwendeten hygroskopischen Ammoniumkationen.“
Umweltfreundliche Herstellung
In Zusammenarbeit mit der BAM-Expertin Dr. Franziska Emmerling wurde anschließend ein besonders umweltfreundliches Herstellungsverfahren genutzt, das ohne Lösungsmittel auskommt: das Kugelmahlen. Dabei entstehen polykristalline Pulver, die zu dichten Pellets gepresst werden. Diese Verfahren sind auch in der Industrie etabliert.
Bis zu 50mal empfindlicher
Getestet wurden die Pellets als so genannte Flachdetektoren für Röntgenstrahlung in der Gruppe von Dr. Felix Lang an der Universität Potsdam. „Die Ergebnisse zeigen, dass sie selbst über lange Zeiträume besser funktionieren als derzeit handelsübliche Detektoren“, sagt Starkholm. „Tatsächlich weisen sie eine um bis zu zwei Größenordnungen höhere Empfindlichkeit auf als handelsübliche Materialien wie amorphes Selen oder CdZnTe – und können fast 50-mal niedrigere Röntgendosen detektieren“, sagt Starkholm.
Langzeitstabilität
Neben umfangreichen Analysen im Labor konnte das Team die Proben auch an der KMC-3-XPP-Beamline der BESSY II untersuchen. Die Detektoren zeigten bei längerer gepulster Röntgenbestrahlung unter hohem Photonenfluss eine stabile Reaktion, ohne dass nach der Bestrahlung eine messbare Leistungsminderung festgestellt wurde, was die Robustheit des Materials belegt.
Ausblick: Technologietransfer
„Diese Ergebnisse zeigen, wie spannend es sein kann, die Forschung an Hybridmaterialien am HZB über die Photovoltaik hinaus auszuweiten, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Perowskitbereichs. Unsere Studie belegt, dass diese völlig neuen Materialien auf Wismutbasis hervorragende Kandidaten für die Röntgendetektion sind. Mit empfindlicheren Röntgendetektoren könnte die Strahlenbelastung bei der Röntgenbildgebung deutlich reduziert werden“, sagt Olena Maslyanchuk.
Der nächste Schritt ist der Technologietransfer. „Es gibt so viele spannende Unternehmen in Adlershof, mit denen wir zusammenarbeiten könnten, um die Entwicklung solcher Röntgendetektoren zu optimieren“, sagt Starkholm.