Mehr Zeit für den Austausch
Der südafrikanische Chemiker Denzil Moodley ist der erste Industrial Research Fellow am HZB. Er ist federführend am Projekt CARE-O-SENE beteiligt. Der Weg zu einem effizienten Katalysator für einen nachhaltigen Flugzeug-Treibstoff soll durch das Fellowship-Programm weiter beschleunigt werden. © Sasol
Das Foto zeigt den Sasol-Standort Sasolburg in Südafrika. Im Vordergrund ist der riesige, 60 Meter hohe FTDR (Fischer-Tropsch Design Reactor) zu sehen. Dieser Reaktor wurde für halbkommerzielle Tests eines der vergrößerten CARE-O-SENE-Katalysatoren verwendet. Er hat eine Kapazität von 300 Barrel/Tag. © Sasol
Der südafrikanische Chemiker Denzil Moodley ist der erste Industrial Research Fellow am HZB. Er ist federführend am Projekt CARE-O-SENE beteiligt. Der Weg zu einem effizienten Katalysator für einen nachhaltigen Flugzeug-Treibstoff soll durch das Fellowship-Programm weiter beschleunigt werden. Im Interview berichtet er über das Projekt und darüber, warum es so entscheidend ist, dass Forschende aus Industrie und öffentlicher Forschung zusammen arbeiten.
Herr Moodley, wie gut kannten Sie das HZB schon vor dem Fellowship-Programm?
Wir stehen schon seit zwei Jahren in engem Kontakt, ich habe also kein Neuland betreten, falls Sie das meinen. Für mich ist vor allem anders, dass ich jetzt mehr wirklich fokussierte Zeit für Diskussionen und regelmäßigen Austausch habe. Unsere Beziehung kommt also auf ein solideres Fundament.
Was versprechen Sie sich von der Zeit als Fellow?
Lassen Sie mich weiter ausholen: Für mich als Industrieforscher ist am CARE-O-SENE-Projekt die Kooperation mit den zahlreichen verschiedenen Partnern eine faszinierende Erfahrung. Diese vielen multidisziplinären Blickwinkel. Unser Ziel bei Sasol ist es ja, einen Katalysator für den Fischer-Tropsch-Prozess zu entwickeln, mit dem sich sehr effizient synthetischer Kraftstoff herstellen lässt. Und da entwickeln die Kollegen vom Karlsruhe Institute für Technologie zum Beispiel Röntgen-Methoden, mit der man diesen Katalysator während der Arbeit beobachten kann – und am HZB wurden viele Technologien entwickelt, um an BESSY II die High-End-Analyse des Katalysators zu ermöglichen.
Nun ist das Fischer-Tropsch-Verfahren, mit dem nachhaltiges Kerosin hergestellt werden soll, für Sie ja nichts Neues.
Das stimmt. Aber: Bei uns in der traditionellen Industrieforschung läuft es normalerweise so, dass wir einen Katalysator einsetzen, die Reaktion ablaufen lassen und den Katalysator anschließend analysieren – „post mortem“, wie wir das nennen. Hier haben wir dank des Synchrotrons die Möglichkeit, den Katalysator während der Reaktion zu beobachten. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Darüber hinaus verfolgen wir einen integrierten Ansatz, zu dem auch die theoretische Modellierung gehört, die Arbeit mit verschiedenen Modell-Katalysatoren, eine detaillierte Charakterisierung, aber auch verschiedene Arten von Tests und Lebenszyklus-Analysen. Das HZB ist an den meisten dieser Bereiche beteiligt.
Was ist für Sie der größte Gewinn im Rahmen des Fellowship-Programms?
Ganz persönlich genieße ich es, viel Zeit mit den beteiligten Doktorandinnen und Doktoranden sowie den Post-Docs zu verbringen. Wenn einer von ihnen zum Beispiel ein Experiment mit einem Modell-Katalysator vornimmt, dann diskutieren wir darüber, wie nah das Experiment an den realistischen Bedingungen ist, die später in der Produktion erfüllt werden müssen. Die jungen Leute haben im Projekt einen exakt definierten Bereich, für den sie zuständig sind. Ich helfe ihnen dann dabei, das größere Bild zusammenzusetzen – also zu verstehen, an welcher Stelle ihr Puzzlestein eine wichtige Rolle spielt. Und ich erkläre ihnen, wie bei uns die industriellen Prozesse ablaufen. Für mich persönlich ist es ein zusätzlicher Vorteil, dass ich nun über CARE-O-SENE hinaus mit Forschern am HZB in Kontakt komme, die Experten auf den Gebieten der (elektro)chemischen Energieumwandlung und -speicherung, der solaren Brennstoffe und Dünnschichtkatalyse sind.
Im CARE-O-SENE-Projekt leiten Sie das Team, das die Prozesse skalieren soll – also den Schritt von einem Katalysator im Labormaßstab hin zu einem Katalysator, mit dem tausende Liter nachhaltigen Kerosins produziert werden können. Was sind dabei die Knackpunkte?
Wenn Sie sich den Katalysator unter einem Mikroskop anschauen, stellen Sie fest, dass die aktiven Partikel winzig klein sind, wir reden von sechs bis zehn Nanometern. Wenn Sie im Labor in einem Reagenzglas damit arbeiten, ist das etwas völlig anderes als in einer industriellen Anlage, wo die Reaktoren auf einmal 20 oder sogar 50 Meter hoch sind. Wie verhalten sich also diese winzigen Partikel in einer Umgebung, in der tonnenweise Material miteinander reagiert und in der allein schon die Druckverhältnisse völlig anders sind? Beim Skalieren werden Fragen der Hydrodynamik – also der Strömungsmuster von Flüssigkeiten – sowie der Wärmeabfuhr sehr wichtig, denn Fischer-Tropsch ist eine stark exotherme Reaktion, bei der Wärme entsteht. Diese Bedingungen ändern sich, wenn die Reaktion in einer Laborumgebung oder eben in einem großen Reaktor stattfindet.
Wie gehen Sie bei dieser Skalierung auf die größeren Mengen vor?
Wir verschieben Schritt für Schritt die Maßstäbe. Vereinfacht gesagt: In jedem Schritt nutzen wir Equipment und Katalysator-Mengen, die einem industriellen Reaktor immer ähnlicher werden. Jeder dieser Schritte ist mit einem anderen Risiko behaftet, denn es ist nicht immer ein linearer Prozess. Und so tasten wir uns in die größeren Maßstäbe vor.
Bei CARE-O-SENE soll am Ende die Produktion in einem halb-kommerziellen Maßstab stehen. Wie schwierig ist von dort aus der letzte Schritt – die Übertragung auf eine wirkliche industrielle Produktion?
Wir nennen den halb-kommerziellen Maßstab auch demonstration level. Der Reaktor ist in Sachen Hydrodynamik und Hitze-Ableitung fast identisch, auch die Gerätschaften für die Vorbereitung des Katalysators sind ähnlich. Natürlich gibt es noch ein Risiko, dass etwas nicht klappt, wenn man den letzten Schritt in Richtung industrieller Produktion geht – aber es ist viel kleiner als jetzt, wo wir den Maßstab von ein paar Gramm im Labor gewaltig vergrößern.
Wie weit sind Sie derzeit?
Bei CARE-O-SENE haben wir vier Katalysatoren in den Blick gefasst. Manche sind schon einsetzbar, andere hingegen versprechen eine noch höhere Effizienz, müssen aber noch weiterentwickelt werden. Für einen dieser Katalysatoren haben wir gerade den Weg zur Produktion im halb-kommerziellen Maßstab abgeschlossen. Dabei haben wir ein Produkt hergestellt, dass unser Ziel einer 80-prozentigen Ausbeute erreicht und damit den Weg ebnet für eine kommerzielle Anwendung im nächsten Jahr. Es geht also gut voran.
Kommen wir noch einmal zurück auf Ihr Fellowship. Wird es danach einen weiteren Austausch geben?
Naja, erstmal läuft ja jetzt das CARE-O-SENE-Projekt noch bis Ende 2026. Aber ich bin überzeugt, dass wir danach auf Möglichkeiten schauen, die Partnerschaft zu verlängern. Es gibt eine ganze Reihe von Themen, bei denen ich mir vorstellen kann, dass beide Seiten von einem ähnlichen Fellowship-Programm profitieren können.
Gibt es etwas, das Sie bei dem Rollenwechsel überrascht hat?
Ganz eindeutig: Die Teamarbeit und Kameradschaft beim HZB, dieses An-einem-Strang-Ziehen. Ich hatte bislang keine Erfahrung mit der programmorientierten Förderung, für die auch riesige Projekte bis in die kleinsten Details durchgeplant sein müssen. Wie sich Leute mit ganz unterschiedlichen Hintergründen dafür zusammenfinden und wie konzertiert diese Planung abläuft – das hat mich wirklich beeindruckt.
Zur Person:
Denzil Moodley ist promovierter Chemiker und arbeitet seit fast 25 Jahren in der Forschungs- und Technologieabteilung beim südafrikanischen Chemie-Giganten Sasol. Er ist auf das Fischer-Tropsch-Verfahren spezialisiert und einer der verantwortlichen Wissenschaftler im internationalen Kooperationsprojekt CARE-O-SENE. Derzeit arbeitet er als Industrial Research Fellow eng mit dem HZB zusammen.
Zum Projekt:
Am Ende des Projekts CARE-O-SENE soll ein Katalysator stehen, mit dem synthetischer Treibstoff für die Luftfahrt produziert wird. Für dieses Verfahren sind Katalysatoren notwendig, die deutlich effizienter arbeiten als die bislang bekannten Materialien. Die Entwicklung eines solchen Katalysators ist deshalb eine der Schlüsselaufgaben des Projekts; in einem weiteren Schritt soll die Produktion auf einen semi-industriellen Maßstab vergrößert werden. CARE-O-SENE wird vom BMBF gefördert. Unter der Federführung von Sasol und HZB sind sieben Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Deutschland und Südafrika beteiligt: Sasol South Africa, Sasol Germany, HZB, KIT, Fraunhofer IKTS, UCT and INERATEC. Das Projekt läuft bis Ende 2026.