Die Ermöglicherin - Ein Portrait von Saskia Vormfelde

Portrait von Saskia Vormfelde.

Portrait von Saskia Vormfelde. © HZB/T. Merkau

Die neue kaufmännische Geschäftsführerin Saskia Vormfelde tritt im September ihr Amt an – und bringt mehr mit als nur ein Händchen für die Bilanz.

Es gab Nächte, in denen Saskia Vormfelde um halb zwei in den Freiburger Bahnhof einfuhr, den Arbeitstag in Hamburg noch in den Knochen, und den Kopf schüttelte. »In solchen Momenten habe ich mich gefragt: Bist du eigentlich wahnsinnig, dass du das alles machst?«, sagt sie im Rückblick. Jahrelang pendelte sie einmal pro Woche quer durch Deutschland, aber künftig wird sie es einfacher haben: 25 Minuten auf dem Fahrrad braucht sie von ihrer neuen Wohnung am Berliner Stadtrand zum HZB-Standort in Adlershof, nach Wannsee ist es etwas weiter, aber das schreckt sie nicht ab.

Die Anekdote aus dem nächtlichen Bahnhof zeigt vor allem eins: Wenn sie für eine Aufgabe brennt, dann lässt sich Saskia Vormfelde auch nicht von hunderten Kilometern ICE-Strecke bremsen, die sie dafür zurücklegen muss. In Hamburg leitete sie bis 2019 eine Software-Firma, die sie als Tochtergesellschaft zweier Berufsgenossenschaften aufgebaut hat. »Diese Berufsgenossenschaften sind die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung«, erklärt sie – »alle Arbeitsunfälle, die wir nicht verhindern können, werden dort bearbeitet.« Zwei Dinge nahm sie dort für ihre weitere Laufbahn mit: die strategische Ausrichtung mitzugestalten, sei eine spannende Erfahrung gewesen. Und dann fügt sie schmunzelnd hinzu: »Genauso interessant war es auch, die kulturellen Unterschiede zu überbrücken zwischen der Mentalität in der IT-Branche und in den Berufsgenossenschaften.«

Dass die 51-Jährige jetzt in Berlin ein neues Kapitel aufschlägt, liegt an einem Vorsatz, den sie zusammen mit ihrem Mann vor vielen Jahren gefasst hat: Wenn die vier Kinder aus dem Haus sind, so überlegten sie damals, beginnen sie noch einmal ein neues Kapitel. Das »neu« in diesem Fall bezieht sich vor allem auf die Stadt und den Helmholtz-Kosmos – mit den konkreten Themen der Forschung am HZB hat Saskia Vormfelde schon Erfahrung. Von 2020 an war sie Verwaltungsdirektorin am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. Mit seinen 1.400 Mitarbeitenden und der 200-köpfigen Verwaltung, die Vormfelde leitete, ist das Freiburger Institut zwar ähnlich groß wie das HZB, das Haushaltsvolumen in Berlin jedoch deutlich größer.

Früh stand für Saskia Vormfelde fest, dass sie Betriebswirtschaft studieren würde. Die Einschreibung in ihrer Heimatstadt stellte sich als Glücksfall heraus: Dort lernte sie ihren späteren Mann kennen – der ist Arzt, habilitierter Klinischer Pharmakologe. »Ein leidenschaftlicher Forscher«, sagt sie, »der mich mit seiner Begeisterung für die Forschung angesteckt hat.« Ihr Kennenlernen verdanken sie dem Tanzen: Beide waren Turniertänzer, spezialisiert auf lateinamerikanische Tänze, und suchten nach einem Tanzpartner. Ihr Trainer machte sie miteinander bekannt – »so fing alles an«, sagt Saskia Vormfelde. Gemeinsam machten sie sogar einen Schein als Übungsleiter, zehn Jahre lang trainierten sie Breitensportgruppen, bis dann irgendwann wegen der Kinder die Zeit fehlte.

Die ersten Jahre nach dem Studium blieb sie beruflich im universitären Umfeld: Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Rechnungs- und Prüfungswesen, als Controllerin an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek. Und sie lehrte Rechnungswesen, Steuerrecht, Bilanzierung, Buchführung – an der Volkshochschule, der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie in Göttingen, an der Universität.

Ein neuer Weg für sie öffnete sich 2012, obwohl es zunächst gar nicht so gedacht war. Damals hat sie sich bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft in Hamburg beworben, ein Assessment-Center durchlaufen. Und die ausgeschriebene Stelle schließlich nicht bekommen. Im Rückblick war das ein Glück: Denn die Berufsgenossenschaft wollte die erfahrene Betriebswirtin schon haben, aber hatte andere Pläne mit ihr. »Sie haben mir angeboten, als Führungskräfte-Trainee einzusteigen«, erzählt sie. Der Weg führte sie schließlich in jenes IT-Unternehmen, das Saskia Vormfelde schließlich als Geschäftsführerin leitete und von 40 Beschäftigten bei der Gründung innerhalb weniger Jahre auf die doppelte Größe ausbaute.

Wie aber passt das zusammen: Die langjährige Arbeit in der Berufsgenossenschaft, einer IT-Firma und schließlich in Forschungseinrichtungen? »Ich habe mich schon im Studium ganz bewusst auf die Verwaltung öffentlicher Betriebe spezialisiert«, erklärt Saskia Vormfelde. »Das ist meine Chance, etwas zu verbessern in diesem wichtigen Bereich.« Die Privatwirtschaft habe sie nie interessiert – lieber packe sie da an, wo für die Allgemeinheit ein Mehrwert entstehe. Und genau das sei das Verbindende zwischen den verschiedenen Aufgaben, die sie in der Vergangenheit übernommen hat.

Der Idealismus treibt sie auch bei ihrer neuen Aufgabe an. Ihr Selbstverständnis: »Mir ist es wichtig, dass sich nie ein ‚Wir’ und ein ‚Die’ gegenüberstehen, das Wissenschaft und Verwaltung voneinander trennt. Wir haben zusammen eine Aufgabe«, sagt sie. »Ich selbst kann keinen wissenschaftlichen Beitrag zur Energiewende leisten. Aber ich kann mit meinem Team den Forscherinnen und Forschern etwas abnehmen, was wir besser können, sie entlasten, sodass sie sich ganz ihrer Forschung widmen können.« Den Idealfall hat sie klar vor Augen: »Wenn wir uns als ein großes Team verstehen, kann jeder seine Arbeit besser erledigen. Wenn das gelingt, ist es ein unheimliches Erfolgserlebnis.«

Am Freiburger Fraunhofer-Institut hat sie sich Formate einfallen lassen, um dieses Gemeinschaftsgefühl zu stärken: Gemeinsame Workshops zur Prozessverbesserung zum Beispiel, Laborbesichtigungen oder auch ein Austausch, bei dem Verwaltungsangestellte für einen Tag in der Wissenschaft mitarbeiten. »Wenn sich ein Team von Juristinnen und Einkäufern monatelang mit Beschaffungsverträgen für neue Ausrüstung beschäftigt hat, wenn sie hundertmal alle Details durchdiskutiert und verbessert haben – dann ist es schön, wenn sie am Ende auch das Ergebnis ihrer Arbeit sehen und mitkriegen, wofür die Ausrüstung eingesetzt wird«, sagt sie. Dass sie in Berlin jetzt Geschäftsführerin ist und nicht mehr Verwaltungsdirektorin wie auf ihrem vorherigen Posten, ist mehr als nur ein anderer Titel auf der Visitenkarte. Es ist ein Ansporn, so versteht es Saskia Vormfelde: »Ich gestalte gern, und das kann ich in der neuen Rolle leichter tun«, sagt sie.

Eine Wohnung in Berlin hat sie zusammen mit ihrem Mann schon gefunden. Die Suche war perfekt vorbereitet, »das hat mein Mann mit der Akribie eines Wissenschaftlers gemacht.« Auf einer Stadtkarte hat er Kreise um das HZB gezogen – welche Viertel, welche Gegenden sind von dort mit welchem Verkehrsmittel wie gut zu erreichen? Schließlich soll sich die frühere Erfahrung mit dem nächtelangen Pendeln nicht wiederholen. Dann haben sie Wohnungen besichtigt, die im passenden Radius liegen, und vor Ort überprüft, ob sie sich ihre Zukunft dort vorstellen können. Das richtige Objekt haben sie schnell entdeckt – und lassen die privaten Vorsätze bewusst offen, um sich von der Neugier treiben lassen zu können. Nach zwei Jahrzehnten Pause wieder mit dem Tanzen anzufangen, plant Saskia Vormfelde derzeit jedenfalls nicht. »Dann besorgen wir uns lieber eine Jahreskarte für die Museen und gehen auf große Erkundungstour«, sagt sie. Denn ein neues Kapitel will sie nicht nur mit der Arbeit am HZB aufschlagen: In Berlin hat sie noch nie länger gelebt – »und das wird jetzt höchste Zeit!«

Von Kilian Kirchgessner

(ma)

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