Gute Aussichten für Zinn-Perowskit-Solarzellen

In den Handschuhboxen im HZB-Labor lassen sich unterschiedliche Perowskit-Halbleiter für Solarzellen herstellen. Dr. Artem Musiienko (rechts) leitet die Forschungsgruppe "Optoelektronische Material- und Photovoltaik-Entwicklung" am HZB.  

In den Handschuhboxen im HZB-Labor lassen sich unterschiedliche Perowskit-Halbleiter für Solarzellen herstellen. Dr. Artem Musiienko (rechts) leitet die Forschungsgruppe "Optoelektronische Material- und Photovoltaik-Entwicklung" am HZB.   © Michael Setzpfandt / HZB

Perowskit-Solarzellen gelten weithin als die Photovoltaik-Technologie der nächsten Generation. Allerdings sind Perowskit-Halbleiter langfristig noch nicht stabil genug für den breiten kommerziellen Einsatz. Ein Grund dafür sind wandernde Ionen, die mit der Zeit dazu führen, dass das Halbleitermaterial degradiert. Ein Team des HZB und der Universität Potsdam hat nun die Ionendichte in vier verschiedenen Perowskit-Halbleitern untersucht und dabei erhebliche Unterschiede festgestellt. Eine besonders geringe Ionendichte wiesen Zinn-Perowskit-Halbleiter auf, die mit einem alternativen Lösungsmittel hergestellt wurden – hier betrug die Ionendichte nur ein Zehntel im Vergleich zu Blei-Perowskit-Halbleitern. Damit könnten Perowskite auf Zinnbasis ein besonders großes Potenzial zur Herstellung von umweltfreundlichen und besonders stabilen Solarzellen besitzen.

Seit über zehn Jahren untersuchen Forschungsgruppen weltweit organometallische Perowskit-Halbleiter für den Einsatz in der Photovoltaik. Im Mittelpunkt standen dabei vor allem Perowskit-Halbleiter, die Blei als B-Kation in der ABX3-Struktur des Perowskits enthalten. Dank der intensiven Forschung hat sich der Wirkungsgrad von bleihaltigen Perowskit-Solarzellen von 4 % auf heute über 27 % erhöht. Allerdings gibt es noch einige Probleme, nicht nur, weil das Schwermetall Blei giftig ist, sondern auch weil die Blei-Perowskit-Halbleitermaterialien bisher noch nicht über Jahre hinweg stabil bleiben.

Bisher wenig untersucht

Das Blei in der Struktur kann durch das ungiftige Element Zinn ersetzt werden. Allerdings haben Zinn-basierte Perowskit-Solarzellen derzeit noch einen deutlich geringeren Wirkungsgrad als Blei-basierte Solarzellen. „Dies könnte aber auch daran liegen, dass die Forschung zu Zinn-Perowskiten noch in den Kinderschuhen steckt“, sagt Dr. Artem Musiienko, Leiter einer Forschungsgruppe am HZB, und erklärt: „Rein theoretisch könnten Zinn-basierte Perowskit-Solarzellen sogar den Wirkungsgrad von Blei-basierten Perowskiten übertreffen.“

Mobile Ionen, die Probleme machen

Eine neue Studie liefert ein wichtiges Argument dafür, Perowskiten auf Zinnbasis mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Denn einer der Hauptgründe für die bislang unzureichende Stabilität von Perowskit-Solarzellen ist das Vorhandensein mobiler Halogenid-Ionen im Material. Durch die Wanderung dieser Ionen wird das Material abgebaut und der Wirkungsgrad der Solarzelle nimmt mit der Zeit ab.

Ionendichte und Migration in unterschiedlichen Perowskit-Halbleitern 

Das Team um Musiienko hat dieses Phänomen nun gemeinsam mit der Gruppe um Antonio-Abate, HZB, und dem Team um Felix-Lang, Universität Potsdam, untersucht. „Wir haben vier der relevantesten Perowskit-Zusammensetzungen untersucht und Ionendichte und Migration von Ionen im Material quantitativ gemessen. Wir haben nicht nur festgestellt, dass Perowskite auf Zinnbasis eine geringere Konzentration an mobilen Ionen aufweisen, sondern auch, dass sie von Natur aus eine fünfmal langsamere Degradationszeit aufweisen als Perowskite auf Bleibasis“, sagt Musiienko.

Überraschung bei Zinn-Perowskit

Die Zinn-Perowskit-Materialien wurden im Hysprint-Labor des HZB hergestellt. Eines der Zinnperowskite wurde unter Verwendung eines Dimethylsulfoxid (DSMO)-Lösungsmittels synthetisiert, das andere unter Verwendung eines alternativen DMF-DMI-Lösungsmittels. Wie frühere Untersuchungen gezeigt haben, war die Variation der Lösungsmittel ein Weg, um die Zinnoxidation zu vermeiden [Chemistry of Materials (2022)]. Tatsächlich zeigten die Ergebnisse, dass das bleibasierte Perowskit die größte Ionendichte aufwies. Diese Dichte war bei der Blei-Zinn-Mischung und dem Zinn-Perowskit etwas geringer. Eine große Überraschung war die Zinn-Perowskit-Probe, die mit dem alternativen Lösungsmittel hergestellt worden war: „Das war wirklich unerwartet: Diese FASnI3-Solarzellen haben zehnmal weniger mobile Ionen als die Pb-basierten Solarzellen. Wir haben außerdem festgestellt, dass sie während des Betriebs über 600 Stunden lang eine ausgezeichnete Stabilität aufweisen“, sagt Shengnan Zuo, die im Team Musiienko ihre Doktorarbeit macht.

Forschung an Zinn-Perowskiten kann sich lohnen

„Wir sind überzeugt, dass Perowskite auf Zinnbasis ein enormes Potenzial haben und dass die Untersuchung dieser Materialien eine sehr gute Idee ist. Es gibt Möglichkeiten, ihre Effizienz und Stabilität deutlich zu steigern. Diese Studie ebnet den Weg für die Entwicklung innovativer, stabiler Dünnschicht-Solarzellen mit unterdrückter Ionenwanderung“, sagt Musiienko.

arö

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