„Tanzmuster“ von Skyrmionen vermessen

Die Illustration zeigt Sykrmionen in einer ihrer Eigenschwingungen. Hier drehen sie im Uhrzeigersinn.

Die Illustration zeigt Sykrmionen in einer ihrer Eigenschwingungen. Hier drehen sie im Uhrzeigersinn. © Yotta Kippe/HZB

In bestimmten magnetischen Materialien wie Cu2OSeO3 entstehen magnetische Wirbel, so genannte Skyrmionen. Diese Skyrmionen lassen sich durch niedrige elektrische Ströme kontrollieren, was eine energiesparende Datenverarbeitung ermöglichen könnte. Nun ist es einem Team gelungen, an der VEKMAG-Station an BESSY II eine neue Technik zu entwickeln, um diese Wirbel präzise zu vermessen und dabei die drei unterschiedlichen Eigenschwingungen zu beobachten.

Cu2OSeO3 ist ein Material mit besonderen magnetischen Eigenschaften. So bilden sich in einem bestimmten Temperaturbereich bei einem kleinen äußeren Magnetfeld so genannte Skyrmionen: magnetische Spinwirbel. Aktuell sind dafür moderat tiefe Temperaturen um die 60 Kelvin (-213 Grad Celsius) erforderlich, es scheint aber möglich zu sein, diesen Temperaturbereich auch in die Raumtemperatur zu verschieben. Das Spannende an Skyrmionen ist, dass sie sich sehr leicht bewegen und kontrollieren lassen und damit neue Möglichkeiten für eine energiesparende Datenverarbeitung bieten.

Drei Eigenschwingungen erwartet

Theoretische Arbeiten hatten vorausgesagt, dass es möglich sein sollte, mit einem elektrischen Hochfrequenzfeld Skyrmionen in der Probe gemeinsam und synchron anzuregen: so könnten sich die Skyrmionen entweder alle gemeinsam im oder gegen den Uhrzeigersinn drehen oder aber „atmen“, indem sie sich ausdehnen und wieder zusammenziehen. Nun ist es einem Team gelungen, in einer einkristallinen Probe von Cu2OSeO3 die Dynamik dieser Skyrmionen im Detail zu vermessen.

Nachweis an der VEKMAG-Station an BESSY II

An BESSY II gelang es ihnen, eine spinauflösende Methode mit einem äußeren Mikrowellenfeld zu kombinieren: „So konnten wir die Spins und ihre Ausrichtung präzise kartieren, und zwar für jede Sorte von Spins, die in der Probe vorhanden ist“, erläutert der HZB-Physiker Dr. Florin Radu, der gemeinsam mit Kooperationspartnern aus den Universitäten Regensburg, der Ruhr Universität Bochum sowie der Freien Universität Berlin die VEKMAG-Station aufgebaut hat. Aufbau und Fortentwicklung der VEKMAG-Station werden durch das BMBF und das HZB gefördert. 

Durch ferromagnetische Resonanzexperimente an einem so genannten Bragg-Peak zeigte die Forschergruppe damit erstmals experimentell, dass sich alle drei Eigenschwingungen in Cu2OSeO3 ausbilden: Sie beobachteten magnetische Wirbel in drei unterschiedlichen, synchronen Bewegungsmustern, die sich mit dem Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn drehen oder sich „atmend“ ausdehnen und zusammenziehen.

Kontrolle durch Mikrowellen

Jedes Bewegungsmuster wird bei einer bestimmten Frequenz des Mikrowellenfeldes erreicht, die vom äußeren Magnetfeld sowie von intrinsischen Parametern der Probe abhängt. Mit Hilfe des Mikrowellenfeldes sind somit Übergänge von einer Eigenschwingung in eine andere möglich. "Das ist ein erster Schritt zur Kontrolle von Skyrmionen", sagt Radu.

Phys. Rev. Lett. (2019): Ferromagnetic Resonance with Magnetic Phase Selectivity by Means of Resonant Elastic X-Ray Scattering on a Chiral Magnet; S. Pöllath, A. Aqeel, A. Bauer, C. Luo, H. Ryll, F. Radu, C. Pfleiderer, G. Woltersdorf, and C. H. Back

DOI:  10.1103/PhysRevLett.123.167201

 

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Neue Katalysatormaterialien auf Basis von Torf für Brennstoffzellen
    Science Highlight
    25.11.2025
    Neue Katalysatormaterialien auf Basis von Torf für Brennstoffzellen
    Eisen-Stickstoff-Kohlenstoff-Katalysatoren haben das Potenzial, teure Platinkatalysatoren in Brennstoffzellen zu ersetzen. Dies zeigt eine Studie aus Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und der Universitäten in Tartu und Tallinn, Estland. An BESSY II beobachtete das Team, wie sich komplexe Mikrostrukturen in den Proben bilden. Anschließend analysierten sie, welche Strukturparameter für die Förderung der bevorzugten elektrochemischen Reaktionen besonders wichtig waren. Der Rohstoff für solche Katalysatoren ist gut zersetzter Torf.
  • Helmholtz-Nachwuchsgruppe zu Magnonen
    Nachricht
    24.11.2025
    Helmholtz-Nachwuchsgruppe zu Magnonen
    Dr. Hebatalla Elnaggar baut am HZB eine neue Helmholtz-Nachwuchsgruppe auf. An BESSY II will die Materialforscherin sogenannte Magnonen in magnetischen Perowskit-Dünnschichten untersuchen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihrer Forschung Grundlagen für eine zukünftige Terahertz-Magnon-Technologie zu legen: Magnonische Bauelemente im Terahertz-Bereich könnten Daten mit einem Bruchteil der Energie verarbeiten, die moderne Halbleiterbauelemente benötigen, und das mit bis zu tausendfacher Geschwindigkeit.

    Dr. Hebatalla Elnaggar will an BESSY II magnetische Perowskit-Dünnschichten untersuchen und damit die Grundlagen für eine künftige Magnonen-Technologie schaffen.

  • Zukunft der Korallen – Was Röntgenuntersuchungen zeigen können
    Interview
    12.11.2025
    Zukunft der Korallen – Was Röntgenuntersuchungen zeigen können
    In diesem Sommer war es in allen Medien. Angetrieben durch die Klimakrise haben nun auch die Ozeane einen kritischen Punkt überschritten, sie versauern immer mehr. Meeresschnecken zeigen bereits erste Schäden, aber die zunehmende Versauerung könnte auch die kalkhaltigen Skelettstrukturen von Korallen beeinträchtigen. Dabei leiden Korallen außerdem unter marinen Hitzewellen und Verschmutzung, die weltweit zur Korallenbleiche und zum Absterben ganzer Riffe führen. Wie genau wirkt sich die Versauerung auf die Skelettbildung aus?

    Die Meeresbiologin Prof. Dr. Tali Mass von der Universität Haifa, Israel, ist Expertin für Steinkorallen. Zusammen mit Prof. Dr. Paul Zaslansky, Experte für Röntgenbildgebung an der Charité Berlin, untersuchte sie an BESSY II die Skelettbildung bei Babykorallen, die unter verschiedenen pH-Bedingungen aufgezogen wurden. Antonia Rötger befragte die beiden Experten online zu ihrer aktuellen Studie und der Zukunft der Korallenriffe.