Mit der dritthöchsten Oxidationsstufe springt Rhodium aufs Siegertreppchen

Erstmals hat ein Team Rhodium in der Oxidationsstufe +7 nachgewiesen, der dritthöchsten Oxidationsstufe unter allen Elementen im Periodensystem.

Erstmals hat ein Team Rhodium in der Oxidationsstufe +7 nachgewiesen, der dritthöchsten Oxidationsstufe unter allen Elementen im Periodensystem. © https://doi.org/10.1002/anie.202207688

Oxidationsstufen von Übergangsmetallen beschreiben, wie viele Elektronen eines Elements bereits an Bindungen beteiligt sind und wie viele noch für weitere Reaktionen zur Verfügung stehen. Teams aus Berlin und Freiburg haben nun die höchste Oxidationsstufe von Rhodium entdeckt. Dies deutet darauf hin, dass Rhodium mehr Valenzelektronen in chemische Bindungen einbringen kann, als bisher angenommen. Diese Erkenntnis könnte für das Verständnis von katalytischen Reaktionen mit Beteiligung von Rhodium von Bedeutung sein. Das Ergebnis wurde von der Zeitschrift Angewandte Chemie als "Very Important Paper" eingestuft.

Übergangsmetalle in hohen oder ungewöhnlichen Oxidationsstufen könnten eine wichtige Rolle als Katalysatoren oder reaktive Zwischenstufen in chemischen Reaktionen spielen. Doch in den meisten Fällen sind Übergangsmetalle bereits gut charakterisiert. Dass es nun der Doktorandin Mayara da Silva Santos und ihrem Team dennoch gelang, mit Rhodium(VII) eine neue Oxidationsstufe zu entdecken, ist daher eine echte Überraschung. Sie mussten dafür zunächst gasförmige Rhodiumoxide herstellen und in einer Tieftemperatur-Ionenfalle von möglichen Reaktanten isolieren.

BESSY II war entscheidend für diese Entdeckung

Diese Art von Experimenten ist sehr anspruchsvoll und kann derzeit nur bei BESSY II durchgeführt werden. "Die Kombination aus hochspezialisierter Probenherstellung, Tieftemperatur-Ionenfalle und Röntgenspektroskopie ist einzigartig. Da diese Methoden auch auf komplexere Systeme angewendet werden können, erwarten wir weitere Erkenntnisse über exotische Übergangsmetalloxide", sagt Vicente Zamudio-Bayer, Leiter der Ionenfallengruppe am Strahlrohr UE52-PGM, der das Ionenfallen-Experiment bei BESSY II entwickelt und betreibt. "Wichtig für uns war, dass unsere überraschenden experimentellen Ergebnisse von der Gruppe um Sebastian Riedel an der FU Berlin mit quantenchemischen Berechnungen untermauert werden konnten", erklärt Zamudio-Bayer. “Schon Rhodium in der Oxidationsstufe +6 ist sehr selten, also mussten wir bei der Charakterisierung von +7 sehr sorgfältig und genau  sein. Denn neue Oxidationsstufen werden nicht häufig entdeckt”, sagt Mayara da Silva Santos.

Katalytische Relevanz eines potenziellen Reaktionszwischenprodukts

"Dies ist die dritthöchste bekannte Oxidationsstufe aller Elemente. Die Tatsache, dass Rhodium(VII) existiert, bisher aber unbekannt war, könnte bedeuten, dass es bei der Analyse chemischer Reaktionspfade möglicherweise übersehen wurde", erklärt Zamudio-Bayer.

Mögliche Stabilisierung für weitere Verwendung

Die Entdeckung von Rhodium(VII) erfolgte in der Gasphase, aber eine Stabilisierung des Trioxidorhodium-Kations durch schwach koordinierende Anionen scheint beim Vergleich mit anderen bekannten Verbidnungen möglich zu sein. Dies könnte Perspektiven für eine weitere Charakterisierung oder Anwendung eröffnen. "Unser Rhodium(VII) ist sehr reaktiv, aber das Verständnis dieser scheinbar exotischen Spezies könnte in Zukunft zu besseren Materialien führen", sagt Mayara da Silva Santos.

Tobias Lau

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Schriftrollen aus buddhistischem Schrein an BESSY II virtuell entrollt
    Science Highlight
    23.07.2025
    Schriftrollen aus buddhistischem Schrein an BESSY II virtuell entrollt
    In der mongolischen Sammlung des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin befindet sich ein einzigartiger Gungervaa-Schrein. Der Schrein enthält auch drei kleine Röllchen aus eng gewickelten langen Streifen, die in Seide gewickelt und verklebt sind. Ein Team am HZB konnte die Schrift auf den Streifen teilweise sichtbar machen, ohne die Röllchen durch Aufwickeln zu beschädigen. Mit 3D-Röntgentomographie erstellten sie eine Datenkopie des Röllchens und verwendeten im Anschluss ein mathematisches Verfahren, um den Streifen virtuell zu entrollen. Das Verfahren wird auch in der Batterieforschung angewandt.
  • Langzeittest zeigt: Effizienz von Perowskit-Zellen schwankt mit der Jahreszeit
    Science Highlight
    21.07.2025
    Langzeittest zeigt: Effizienz von Perowskit-Zellen schwankt mit der Jahreszeit
    Auf dem Dach eines Forschungsgebäudes am Campus Adlershof läuft ein einzigartiger Langzeitversuch: Die unterschiedlichsten Solarzellen sind dort über Jahre Wind und Wetter ausgesetzt und werden dabei vermessen. Darunter sind auch Perowskit-Solarzellen. Sie zeichnen sich durch hohe Effizienz zu geringen Herstellungskosten aus. Das Team um Dr. Carolin Ulbrich und Dr. Mark Khenkin hat Messdaten aus vier Jahren ausgewertet und in der Fachzeitschrift Advanced Energy Materials vorgestellt. Dies ist die bislang längste Messreihe zu Perowskit-Zellen im Außeneinsatz. Eine Erkenntnis: Standard-Perowskit-Solarzellen funktionieren während der Sommersaison auch über mehrere Jahre sehr gut, lassen jedoch in der dunkleren Jahreszeit etwas nach. Die Arbeit ist ein wichtiger Beitrag, um das Verhalten von Perowskit-Solarzellen unter realen Bedingungen zu verstehen.

  • Natrium-Ionen-Batterien: Neuer Speichermodus für Kathodenmaterialien
    Science Highlight
    18.07.2025
    Natrium-Ionen-Batterien: Neuer Speichermodus für Kathodenmaterialien
    Batterien funktionieren, indem Ionen zwischen zwei chemisch unterschiedlichen Elektroden gespeichert und ausgetauscht werden. Dieser Prozess wird Interkalation genannt. Bei der Ko-Interkalation werden dagegen sowohl Ionen als auch Lösungsmittelmoleküle in den Elektrodenmaterialien gespeichert, was bisher als ungünstig galt. Ein internationales Team unter der Leitung von Philipp Adelhelm hat nun jedoch gezeigt, dass die Ko-Interkalation in Natrium-Ionen-Batterien mit den geeigneten Kathodenmaterialien funktionieren kann. Dieser Ansatz bietet neue Entwicklungsmöglichkeiten für Batterien mit hoher Effizienz und schnellen Ladefähigkeiten. Die Ergebnisse wurden in Nature Materials veröffentlicht.