Wertstoffe aus Abfall: Auf die richtigen Elektrolyte kommt es an

Die Hydroxylgruppen des Glycerins werden von den Bi <sup>3+</sup>-Ionen auf der Oberfl&auml;che der BiVO<sub>4</sub>-Photoanode angezogen. Der Elektrolyt spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung dieser Wechselwirkungen.

Die Hydroxylgruppen des Glycerins werden von den Bi 3+-Ionen auf der Oberfläche der BiVO4-Photoanode angezogen. Der Elektrolyt spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung dieser Wechselwirkungen. © HZB

Stellt man aus Biomasse Biodiesel her, fällt als Nebenprodukt Glycerin an. Bislang wird dieses Nebenprodukt jedoch wenig genutzt, obwohl es durch Oxidation in photoelektrochemischen Reaktoren (PEC) zu wertvolleren Chemikalien verarbeitet werden könnte. Der Grund dafür: geringe Effizienz und Selektivität. Nun hat ein Team um Dr. Marco Favaro vom Institut für Solare Brennstoffe am HZB den Einfluss der Elektrolyte auf die Effizienz der Glycerin-Oxidations-Reaktion in PEC-Reaktoren untersucht und Ergebnisse erhalten, die dabei helfen, effizientere und umweltfreundlichere Produktionsverfahren zu entwickeln.

 

Im Jahr 2023 wurden in der Europäischen Union* rund 16 Milliarden Liter Biodiesel und HVO-Diesel aus Mais, Raps oder aus Abfallstoffen der landwirtschaftlichen Produktion hergestellt. Ein Nebenprodukt der Biodieselproduktion ist Glycerin, aus dem sich über eine Glycerin-Oxidations-Reaktion (GOR) wertvolle Chemikalien wie Dihydroxyaceton, Ameisensäure, Glyceraldehyd und Glycolaldehyd herstellen lassen. Glycerin kann dafür in photoelektrochemischen (PEC)-Reaktoren oxidiert werden, die derzeit insbesondere für die Produktion von grünem Wasserstoff entwickelt werden. Allerdings wird dieser Weg derzeit kaum genutzt, weil die Effizienz zu wünschen lässt. Das ist schade, denn die Oxidation von Glycerin benötigt viel weniger Energie als die Wasserstofferzeugung durch Wasserspaltung, und erzeugt dabei wertvolle Chemikalien. Dadurch ließe sich die Wirtschaftlichkeit des PEC-Power-to-X-Verfahrens erheblich steigern.

Zahlreiche Studien haben bereits die Rolle der Photokatalysatoren in PEC-Elektrolyseuren untersucht, die Rolle des Elektrolyten blieb dabei unter dem Radar. Ein Team unter der Leitung von Dr. Marco Favaro am Institut für Solare Brennstoffe hat nun den Einfluss der Elektrolytzusammensetzung auf die Effizienz und Stabilität der Glycerin-Oxidation systematisch analysiert.

Unterschiedliche Elektrolyte getestet

Das Team verwendete eine PEC-Zelle mit Photoanoden aus nanoporösem Bismutvanadat (BiVO4) und testete saure Elektrolyte (pH = 2), darunter Natriumnitrat (NaNO3), Natriumperchlorat (NaClO4), Natriumsulfat (Na2SO4), Kaliumsulfat (K2SO4) und Kaliumphosphat (KPi). „Unsere Ergebnisse zeigten, dass BiVO4-Photoanoden in Natriumnitrat am besten funktionieren und das üblicherweise verwendete Natriumsulfat in Bezug auf Photostrom, Stabilität und Produktionsraten von hochwertigen Glycerin-Oxidationsreaktionsprodukten übertreffen", fasst Favaro zusammen.

Deutlicher Einfluss, auch bei anderen Photoanoden

Das Team untersuchte auch die Gründe für diesen Leistungsunterschied: Ihre Hypothese ist, dass die Größe der Ionen, ihre unterschiedlichen Ein- und Aussalzungsfähigkeiten (Hofmeister-Reihe) und ihre unterschiedliche pH-Pufferkapazität eine Rolle spielen. „Tatsächlich hat die Zusammensetzung des Elektrolyten einen überraschend deutlichen Einfluss auf die Effizienz der Glycerin-Oxidation, und wir konnten diesen Trend sowohl bei Bismut-Vanadat- als auch bei polykristallinen Platinanoden beobachten ", sagt Doktorand Heejung Kong. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass sich dieser Befunde auch auf andere Materialien und Prozesse übertragen lassen.

"Unsere Forschung könnte dazu beitragen, Nebenprodukte der Biodieselproduktion effizienter in wertvolle Chemikalien umzuwandeln. Damit würden Abfallstoffe genutzt und die Auswirkungen auf die Umwelt minimiert", sagt Favaro.

Hinweis: Diese Arbeit wurde vom Europäischen Innovationsrat (EIC) im Rahmen des OHPERA-Projekts (Finanzhilfevereinbarung 101071010) unterstützt.

 

*Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1179499/umfrage/produktion-von-biodiesel-und-erneuerbarem-diesel-eu/=

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Langzeittest zeigt: Effizienz von Perowskit-Zellen schwankt mit der Jahreszeit
    Science Highlight
    21.07.2025
    Langzeittest zeigt: Effizienz von Perowskit-Zellen schwankt mit der Jahreszeit
    Auf dem Dach eines Forschungsgebäudes am Campus Adlershof läuft ein einzigartiger Langzeitversuch: Die unterschiedlichsten Solarzellen sind dort über Jahre Wind und Wetter ausgesetzt und werden dabei vermessen. Darunter sind auch Perowskit-Solarzellen. Sie zeichnen sich durch hohe Effizienz zu geringen Herstellungskosten aus. Das Team um Dr. Carolin Ulbrich und Dr. Mark Khenkin hat Messdaten aus vier Jahren ausgewertet und in der Fachzeitschrift Advanced Energy Materials vorgestellt. Dies ist die bislang längste Messreihe zu Perowskit-Zellen im Außeneinsatz. Eine Erkenntnis: Standard-Perowskit-Solarzellen funktionieren während der Sommersaison auch über mehrere Jahre sehr gut, lassen jedoch in der dunkleren Jahreszeit etwas nach. Die Arbeit ist ein wichtiger Beitrag, um das Verhalten von Perowskit-Solarzellen unter realen Bedingungen zu verstehen.

  • Natrium-Ionen-Batterien: Neuer Speichermodus für Kathodenmaterialien
    Science Highlight
    18.07.2025
    Natrium-Ionen-Batterien: Neuer Speichermodus für Kathodenmaterialien
    Batterien funktionieren, indem Ionen zwischen zwei chemisch unterschiedlichen Elektroden gespeichert und ausgetauscht werden. Dieser Prozess wird Interkalation genannt. Bei der Ko-Interkalation werden dagegen sowohl Ionen als auch Lösungsmittelmoleküle in den Elektrodenmaterialien gespeichert, was bisher als ungünstig galt. Ein internationales Team unter der Leitung von Philipp Adelhelm hat nun jedoch gezeigt, dass die Ko-Interkalation in Natrium-Ionen-Batterien mit den geeigneten Kathodenmaterialien funktionieren kann. Dieser Ansatz bietet neue Entwicklungsmöglichkeiten für Batterien mit hoher Effizienz und schnellen Ladefähigkeiten. Die Ergebnisse wurden in Nature Materials veröffentlicht.
  • 10 Millionen Euro Förderung für UNITE – Startup Factory Berlin-Brandenburg
    Nachricht
    16.07.2025
    10 Millionen Euro Förderung für UNITE – Startup Factory Berlin-Brandenburg
    Die UNITE – Startup Factory Berlin-Brandenburg wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als eines von zehn bundesweiten Leuchtturmprojekten für wissenschaftsbasierte Gründungen ausgezeichnet. UNITE soll als zentrale Transfer-Plattform für technologiegetriebene Ausgründungen aus der Wissenschaft und Industrie in der Hauptstadtregion etabliert werden. Auch das Helmholtz-Zentrum Berlin wird davon profitieren.