Kleine Kraftpakete für ganz besonderes Licht

Ein gepulster Laser läuft mit dem Elektronenstrahl durch den MLS-U125-Undulator und erzeugt eine Energiemodulation. Derselbe Undulator dient bei den folgenden Durchgängen des Elektronenstrahls als Strahler. Die Undulatorstrahlung wird von einer schnellen Fotodiode erfasst, während der Laserpuls mit Hilfe eines elektrooptischen Schalters vom Erfassungspfad ferngehalten wird.

Ein gepulster Laser läuft mit dem Elektronenstrahl durch den MLS-U125-Undulator und erzeugt eine Energiemodulation. Derselbe Undulator dient bei den folgenden Durchgängen des Elektronenstrahls als Strahler. Die Undulatorstrahlung wird von einer schnellen Fotodiode erfasst, während der Laserpuls mit Hilfe eines elektrooptischen Schalters vom Erfassungspfad ferngehalten wird. © HZB/ Communications Physics

Jörg Feikes und Arnold Kruschinski im Kontrollraum von BESSY II und der MLS.

Jörg Feikes und Arnold Kruschinski im Kontrollraum von BESSY II und der MLS. © Ina Helms / HZB

Ein internationales Forschungsteam stellt in Nature Communications Physics das Funktionsprinzip einer neuen Quelle für Synchrotronstrahlung vor. Durch Steady-State-Microbunching (SSMB) sollen in Zukunft effiziente und leistungsstarke Strahlungsquellen für kohärente UV-Strahlung möglich werden. Das ist zum Beispiel für Anwendungen in der Grundlagenforschung, aber auch der Halbleiterindustrie sehr interessant.

Wenn ultraschnelle Elektronen um die Kurve fliegen, senden sie Licht aus – Synchrotronstrahlung. Das wird in so genannten Speicherringen genutzt, in denen Magnete die Elektronen auf eine geschlossene Bahn zwingen. Dieses Licht ist longitudinal inkohärent und besteht aus einem breiten Spektrum an Wellenlängen. Durch seine hohe Brillanz ist es ein vortreffliches Werkzeug für die Materialforschung. Durch Monochromatoren lassen sich zwar auch einzelne Wellenlängen aus dem Spektrum herauspicken aber dies reduziert die Strahlungsleistung um viele Größenordnungen auf Werte von wenigen Watt.

Auf die Größe kommt es an

Doch was wäre, wenn ein Speicherring stattdessen von sich aus monochromatisches, kohärentes Licht mit Leistungen von einigen Kilowatt, analog einem Hochleistungslaser, liefern würde? Auf diese Frage fanden der Physiker Alexander Chao und sein Doktorand Daniel Ratner 2010 eine Antwort: Werden die in einem Speicherring kreisenden Elektronenpakete kürzer als die Wellenlänge des von ihnen ausgesendeten Lichts, dann wird die emittierte Strahlung kohärent und dadurch millionenfach leistungsstärker.

„Dazu muss man wissen, dass die Elektronen in einem Speicherring nicht homogen verteilt kreisen“, erklärt Arnold Kruschinski, Doktorand am HZB und Hauptautor der Arbeit. „Sie bewegen sich in Paketen mit einer typischen Länge von etwa einem Zentimeter und einem Abstand von etwa 60 Zentimetern. Das ist sechs Größenordnungen mehr als die von Alexander Chao vorgeschlagenen Mikro-Bunche.“ Der chinesische Theoretiker Xiujie Deng hat für das Steady-State-Micro-Bunching-Projekt (SSMB) einen Satz von Einstellungen für einen bestimmten Typ von Kreisbeschleunigern definiert, die Isochrone oder „low-alpha“-Ringe. Mit diesen entstehen nach Wechselwirkung mit einem Laser viele kurze Teilchenpakete, deren Länge und Abstand nur einen Mikrometer beträgt.

Dass dies funktioniert, hat das Forschungsteam vom HZB, der Tsinghua University und der PTB bereits 2021 in einem Proof-of-Principle-Experiment nachgewiesen. Dafür nutzte es die Metrology Light Source (MLS) in Adlershof – den ersten für low-alpha Betrieb konzipierten Speicherring überhaupt. Das Team konnte nun in umfangreichen Experimenten die Theorie von Deng zur Generierung von Mikro-Bunchen vollständig verifizieren. „Für uns ist das ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer neuartigen SSMB-Strahlenquelle“, sagt Arnold Kruschinski.

Der lange Weg zum Erfolg

Bis dahin wird es allerdings noch dauern, ist sich HZB-Projektleiter Jörg Feikes sicher. Er sieht beim SSMB viele Parallelen zur Entwicklung der Freie-Elektronen-Laser. „Nach ersten Experimenten und Jahrzehnten Entwicklungsarbeit sind aus dieser Idee dann kilometerlange, supraleitende Beschleuniger geworden“, sagt er. „Solche Entwicklungen sind sehr langfristig. Am Anfang steht eine Idee, dann eine Theorie, und dann kommen Experimentatoren, die das nach und nach umsetzen und ich denke, dass sich SSMB genauso entwickeln wird.“

Kai Dürfeld / Wissenschaftsjournalist

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Science Highlight
    28.10.2024
    Wasserstoff: Durchbruch bei Alkalischen Membran-Elektrolyseuren
    Einem Team aus Technischer Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum Berlin, Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg (IMTEK) und Siemens Energy ist es gelungen, eine hocheffiziente alkalische Membran-Elektrolyse Zelle erstmals im Labormaßstab in Betrieb zu nehmen. Das Besondere: Der Anodenkatalysator besteht dabei aus preisgünstigen Nickelverbindungen und nicht aus begrenzt verfügbaren Edelmetallen. An BESSY II konnte das Team die katalytischen Prozesse durch operando Messungen im Detail darstellen, ein Theorie Team (USA, Singapur) lieferte eine konsistente molekulare Beschreibung. In Freiburg wurden mit einem neuen Beschichtungsverfahren Kleinzellen gebaut und im Betrieb getestet. Die Ergebnisse sind im renommierten Fachjournal Nature Catalysis publiziert.
  • Wechselströme für alternatives Rechnen mit Magneten
    Science Highlight
    26.09.2024
    Wechselströme für alternatives Rechnen mit Magneten
    Eine neue Studie der Universität Wien, des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart und der Helmholtz-Zentren in Berlin und Dresden stellt einen wichtigen Schritt dar, Computerbauelemente weiter zu miniaturisieren und energieeffizienter zu machen. Die in der renommierten Fachzeitschrift Science Advances veröffentlichte Arbeit zeigt neue Möglichkeiten, reprogrammierbare magnetische Schaltungen zu schaffen, indem Spinwellen durch Wechselströme angeregt und bei Bedarf umgelenkt werden. Die Experimente dafür wurden an der Maxymus-Beamline an BESSY II durchgeführt.
  • BESSY II: Heterostrukturen für die Spintronik
    Science Highlight
    20.09.2024
    BESSY II: Heterostrukturen für die Spintronik
    Spintronische Bauelemente arbeiten mit magnetischen Strukturen, die durch quantenphysikalische Wechselwirkungen hervorgerufen werden. Nun hat eine Spanisch-Deutsche Kooperation Heterostrukturen aus Graphen-Kobalt-Iridium an BESSY II untersucht. Die Ergebnisse belegen, wie sich in diesen Heterostrukturen zwei erwünschte quantenphysikalische Effekte gegenseitig verstärken. Dies könnte zu neuen spintronischen Bauelementen aus solchen Heterostrukturen führen.