Schnelle Entmagnetisierung durch Spintransport

Dass ein ultrakurzer Laserpuls eine ferromagnetische Schicht im Nu entmagnetisieren kann, ist seit etwa 1996 bekannt. Doch wie diese Entmagnetisierung funktioniert, ist noch nicht verstanden. Nun haben die Physikerin Dr. Andrea Eschenlohr und ihre Kollegen vom Helmholtz-Zentrum Berlin und der Universität Uppsala in Schweden gezeigt, dass es offenbar nicht der Lichtpuls selbst ist, der die Entmagnetisierung bewirkt.

Sie bestrahlten dafür zwei unterschiedliche Schichtsysteme mit extrem kurzen Laserpulsen von nur hundert Femtosekunden (10–15 s). Während eine Probe im Wesentlichen aus einer dünnen ferromagnetischen Nickelschicht bestand, war in der anderen Probe diese Nickelschicht von einer unmagnetischen Goldschicht bedeckt. Obwohl sie nur 30 Nanometer (10-9m) dick war, schluckte die Goldschicht den Großteil des Laserlichts, in der Nickelschicht kam kaum noch Licht an. Dennoch nahm die Magnetisierung der Nickelschicht kurz nach dem Eintreffen des Laserpulses in beiden Proben rasch ab, bei der goldbeschichteten Probe allerdings um Sekundenbruchteile später. Dies konnten die Forscher durch Messungen mit zirkular polarisierten Femtosekunden-Röntgenpulsen beobachten, die sie am Femtoslicing-Strahlrohr am Berliner Elektronenspeicherring BESSY II durchführten, den das HZB betreibt.

„Wir konnten damit experimentell zeigen, dass dabei die ultraschnelle Entmagnetisierung nicht durch das Licht selbst bewirkt wird, sondern durch heiße Elektronen, die der Laserpuls erzeugt“, erklärt Andrea Eschenlohr. Die so angeregten Elektronen können sich über kurze Distanzen, also durch die hauchdünne Goldschicht, extrem rasch bewegen. Sie transportieren damit ihr magnetisches Moment (den „Spin“) auch in die ferromagnetische Nickelschicht, so dass dort die vorherrschende magnetische Ordnung zusammenbricht. „Eigentlich wollten wir sehen, wie wir die Spins mit dem Laserpuls beeinflussen können“, erklärt der Leiter des Experiments Dr. Christian Stamm. „Dass wir aber direkt beobachten konnten, wie diese Spins wandern, war eine Überraschung.“

Laserpulse sind damit eine Möglichkeit, gezielt „Spinströme“ zu erzeugen, bei denen Spin an Stelle von elektrischer Ladung übertragen wird. Diese Beobachtung ist für das Forschungsgebiet der Spintronik interessant. Dabei entwerfen Forscher neue Bauelemente aus magnetischen Schichtsystemen, die mit Spins anstatt mit Elektronen „rechnen“ und dadurch Informationen extrem schnell und energiesparend verarbeiten und speichern können.

Dr. Andrea Eschenlohr war bis Ende 2012 am HZB beschäftigt, wo sie die hier vorgestellten Ergebnisse im Rahmen ihrer Doktorarbeit erzielte. Sie ist seit Januar als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen tätig.

Die Arbeit “Ultrafast spin transport as key to femtosecond demagnetization” wurde am 27.1.2012 in Nature Materials veröffentlicht.
http://dx.doi.org/10.1038/NMAT3546

Dr. Andrea Eschenlohr
Universität Duisburg-Essen
Tel.: +49 (0)203 379-4531
andrea.eschenlohr@uni-due.de

Die Dissertation von Andrea Eschenlohr ist nun online im Open Access abrufbar.

((doi: http://dx.doi.org/10.5442/d0033))

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Poröse organische Struktur verbessert Lithium-Schwefel-Batterien
    Science Highlight
    15.09.2025
    Poröse organische Struktur verbessert Lithium-Schwefel-Batterien
    Ein neu entwickeltes Material kann die Kapazität und Stabilität von Lithium-Schwefel-Batterien deutlich verbessern. Es basiert auf Polymeren, die ein Gerüst mit offenen Poren bilden. In der Fachsprache werden sie radikale kationische kovalente organische Gerüste oder COFs genannt. In den Poren finden katalytisch beschleunigte Reaktionen statt, die Polysulfide einfangen, die ansonsten die Lebensdauer der Batterie verkürzen würden. Einige der experimentellen Analysen wurden an der BAMline an BESSY II durchgeführt. Prof. Yan Lu, HZB, und Prof. Arne Thomas, Technische Universität Berlin, haben diese Arbeit gemeinsam vorangetrieben.
  • Wie sich Nanokatalysatoren während der Katalyse verändern
    Science Highlight
    10.09.2025
    Wie sich Nanokatalysatoren während der Katalyse verändern
    Mit der Kombination aus Spektromikroskopie an BESSY II und mikroskopischen Analysen am NanoLab von DESY gelang es einem Team, neue Einblicke in das chemische Verhalten von Nanokatalysatoren während der Katalyse zu gewinnen. Die Nanopartikel bestanden aus einem Platin-Kern mit einer Rhodium-Schale. Diese Konfiguration ermöglicht es, strukturelle Änderungen beispielsweise in Rhodium-Platin-Katalysatoren für die Emissionskontrolle besser zu verstehen. Die Ergebnisse zeigen, dass Rhodium in der Schale unter typischen katalytischen Bedingungen teilweise ins Innere der Nanopartikel diffundieren kann. Dabei verbleibt jedoch der größte Teil an der Oberfläche und oxidiert. Dieser Prozess ist stark von der Oberflächenorientierung der Nanopartikelfacetten abhängig.
  • Schlüsseltechnologie für eine Zukunft ohne fossile Energieträger
    Interview
    21.08.2025
    Schlüsseltechnologie für eine Zukunft ohne fossile Energieträger
    Im Juni und Juli 2025 verbrachte der Katalyseforscher Nico Fischer Zeit am HZB. Es war sein „Sabbatical“, für einige Monate war er von seinen Pflichten als Direktor des Katalyse-Instituts in Cape Town entbunden und konnte sich nur der Forschung widmen. Mit dem HZB arbeitet sein Institut an zwei Projekten, die mit Hilfe von neuartigen Katalysatortechnologien umweltfreundliche Alternativen erschließen sollen. Mit ihm sprach Antonia Rötger.