BESSY II mit zweiter Spur

Das Bild veranschaulicht am Beispiel einer Autobahn, wie sich die zweite Spur um die erste Spur herumwindet.  Die Experimentatoren an den Beamlines könnten dann zukünftig entweder die dichte Folge von Lichtblitzen der ersten Spur nutzen oder aber die einzelnen Lichtblitze der zweiten Spur auswählen.

Das Bild veranschaulicht am Beispiel einer Autobahn, wie sich die zweite Spur um die erste Spur herumwindet. Die Experimentatoren an den Beamlines könnten dann zukünftig entweder die dichte Folge von Lichtblitzen der ersten Spur nutzen oder aber die einzelnen Lichtblitze der zweiten Spur auswählen. © Heike Cords/HZB

Der Berliner Elektronenspeicherring BESSY II lässt sich auch zweispurig betreiben, zeigte das Beschleuniger-Team am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB): Durch raffinierte Einstellungen an den Magnetoptiken können die Physiker eine zweite Spur erzeugen, auf der zusätzliche Elektronenpakete zirkulieren und Lichtblitze an die Experimentierstationen abgeben. Die Nutzergemeinschaft könnte so in Zukunft nach Bedarf entweder Lichtblitze der einen oder der anderen Spur für ihr Experiment auswählen. Der neu entwickelte Modus konnte bereits stabil eingestellt werden und  erste Tests an Experimentierstationen zeigen vielversprechende Resultate. Damit hat das HZB weltweit Neuland betreten und zugleich einen weiteren Meilenstein in Richtung des Zukunftsprojektes BESSY-VSR erreicht.

Stark vereinfacht könnte man die Elektronenbahnen in BESSY II mit einer Autobahn vergleichen, die bislang nur eine Spur hatte: Die Elektronenpakete im Speicherring entsprächen in diesem Bild Autokolonnen, die auf dieser Spur im Kreis fahren und an bestimmten Stellen ihre „Scheinwerfer“ aufblenden, um die Experimente an den Beamlines mit Lichtblitzen zu versorgen. Nun hat ein Team aus dem HZB-Institut für Beschleunigerphysik eine „zweite Spur“ erzeugt, auf der einzelne Elektronenpakete zirkulieren.

Perfekte Kontrolle

Durch besondere Einstellungen der Magnetoptik bildet sich neben der ersten stabilen Umlaufbahn im Speicherring eine zweite Spur aus, die sich um die erste Umlaufbahn herumwindet. „Wir können die Elektronenpakete dabei sehr gut kontrollieren und auf beiden Spuren quasi beliebige Füllmuster realisieren“, sagt Prof. Dr. Andreas Jankowiak, der das HZB-Institut für Beschleunigerphysik leitet. Als Füllmuster bezeichnen die Physiker die Anordnungen und Abstände zwischen den Elektronenpaketen; um im Bild der Autobahn zu bleiben, könnte ein Füllmuster zum Beispiel aus Wagenkolonnen oder aus einzelnen Autos in bestimmten Abständen bestehen.

Lichtpulse mit Pausen - ganz nach Bedarf

Perspektivisch wird diese Entwicklung das Angebot von BESSY II für die Nutzergemeinschaft deutlich erweitern, denn es gibt bereits heute schon etablierte Verfahren, um gezielt einzelne Lichtblitze auszuwählen. So könnte man mit der neuen Methode die Hauptspur mit Gruppen von Elektronenpaketen besetzen, die Lichtblitze in rascher Folge produzieren, während man auf der Zweitspur einzelne Elektronenpakete platzieren könnte; diese würden dann Lichtblitze mit Pausen erzeugen, was für manche Experimente ideal ist. 

Ausblick BESSY-VSR

Andreas Jankowiak ergänzt: „Diese Entwicklung nützt uns unmittelbar auch für unser Upgrade-Projekt BESSY-VSR, dem Variablen Speicherring. Damit wollen wir künftig sowohl ultrakurze als auch längere Lichtblitze erzeugen, die man dann auf unterschiedliche Spuren setzen könnte“.

Zur Publikation auf der IPAC 2015: 

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Lithium-Schwefel-Batterien mit wenig Elektrolyt: Problemzonen identifiziert
    Science Highlight
    12.08.2025
    Lithium-Schwefel-Batterien mit wenig Elektrolyt: Problemzonen identifiziert
    Mit einer zerstörungsfreien Methode hat ein Team am HZB erstmals Lithium-Schwefel-Batterien im praktischen Pouchzellenformat untersucht, die mit besonders wenig Elektrolyt-Flüssigkeit auskommen. Mit operando Neutronentomographie konnten sie in Echtzeit visualisieren, wie sich der flüssige Elektrolyt während des Ladens und Entladens über mehrere Schichten verteilt und die Elektroden benetzt. Diese Erkenntnisse liefern wertvolle Einblicke in die Mechanismen, die zum Versagen der Batterie führen können, und sind hilfreich für die Entwicklung kompakter Li-S-Batterien mit hoher Energiedichte.
  • Selbst organisierte Monolage verbessert auch bleifreie Perowskit-Solarzellen
    Science Highlight
    04.08.2025
    Selbst organisierte Monolage verbessert auch bleifreie Perowskit-Solarzellen
    Zinn-Perowskit-Solarzellen sind nicht nur ungiftig, sondern auch potenziell stabiler als bleihaltige Perowskit-Solarzellen. Allerdings sind sie auch deutlich weniger effizient. Nun gelang einem internationalen Team eine deutliche Verbesserung:  Das Team identifizierte chemische Verbindungen, die von selbst eine molekulare Schicht bilden, welche sehr gut zur Gitterstruktur von Zinn-Perowskiten passt. Auf dieser Monolage lässt sich Zinn-Perowskit mit hervorragender optoelektronischer Qualität aufwachsen.
  • Schriftrollen aus buddhistischem Schrein an BESSY II virtuell entrollt
    Science Highlight
    23.07.2025
    Schriftrollen aus buddhistischem Schrein an BESSY II virtuell entrollt
    In der mongolischen Sammlung des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin befindet sich ein einzigartiger Gungervaa-Schrein. Der Schrein enthält auch drei kleine Röllchen aus eng gewickelten langen Streifen, die in Seide gewickelt und verklebt sind. Ein Team am HZB konnte die Schrift auf den Streifen teilweise sichtbar machen, ohne die Röllchen durch Aufwickeln zu beschädigen. Mit 3D-Röntgentomographie erstellten sie eine Datenkopie des Röllchens und verwendeten im Anschluss ein mathematisches Verfahren, um den Streifen virtuell zu entrollen. Das Verfahren wird auch in der Batterieforschung angewandt.