„Flüstergalerie-Moden“ in Silizium-Nanokegeln verstärken die Lumineszenz

Nanostrukturen aus Silizium unter dem Rasterelektronenmikroskop. Der Durchmesser der Nanosäule beträgt 570 nm. Der Nanokegel dagegen verjüngt sich von seinem oberen Durchmesser 940 nm bis zu 360 nm an der Basis.

Nanostrukturen aus Silizium unter dem Rasterelektronenmikroskop. Der Durchmesser der Nanosäule beträgt 570 nm. Der Nanokegel dagegen verjüngt sich von seinem oberen Durchmesser 940 nm bis zu 360 nm an der Basis. © MPL

Eine Infrarotkamera erfasst die Lumineszenz (Abgabe von Licht) nach der optischen Anregung  der beiden Nanostrukturen.

Eine Infrarotkamera erfasst die Lumineszenz (Abgabe von Licht) nach der optischen Anregung der beiden Nanostrukturen. © MPL

Die Energiedichte des Lumineszenzlichts (hier 1027 nm) im Querschnitt der Nanostrukturen lässt sich numerisch modellieren. Nur im Nanokegel entstehen Flüstergalerie-Moden. Dadurch ist die Lumineszenz 200 mal stärker als in Nanosäulen.

Die Energiedichte des Lumineszenzlichts (hier 1027 nm) im Querschnitt der Nanostrukturen lässt sich numerisch modellieren. Nur im Nanokegel entstehen Flüstergalerie-Moden. Dadurch ist die Lumineszenz 200 mal stärker als in Nanosäulen. © MPL

Das Halbleitermaterial Silizium kann mit Hilfe von Nanostrukturierung ganz neue Talente entfalten. Dies zeigt nun ein Team am HZB-Institut „Nanoarchitekturen für die Energieumwandlung“ und am MPI für die Physik des Lichts. So geben Nanokegel aus Silizium nach Anregung mit sichtbarem Licht 200mal so viel Infrarotlumineszenz ab wie vergleichbar große Nanosäulen.  Modellierungen und experimentelle Ergebnisse zeigen: Die Kegel können durch ihre Geometrie Flüstergalerie-Moden für Infrarotwellen beherbergen, die die Silizium-Lumineszenz verstärken. Neue Anwendungen bis hin zu Nanolasern auf Siliziumbasis sind damit denkbar.

Silizium zählt zu den Standardmaterialien für Computerchips und Solarzellen. Doch obwohl die Eigenschaften von Silizium sehr gut bekannt sind,  gibt es bei Nanostrukturen doch Überraschungen. So hat nun ein Team um Prof. Dr. Silke Christiansen am HZB-Institut ‘ Nanoarchitekturen für die Energieumwandlung‘ sowie am MPI für die Physik des Lichts erstmals gezeigt, wie sich Licht in einem Nanokegel aus Silizium verhält. Ihre Modellrechnungen und Experimente  zeigen nun, warum diese geometrischen Strukturen weitaus besser als beispielsweise vergleichbar große Nanosäulen optisch zur Lumineszenz angeregt werden können. „Die Kegel wirken wie Flüstergalerien, nur nicht für Schall, sondern für Licht“, erklärt der Erstautor der Studie Sebastian Schmitt.  

Starke Lumineszenz in den Nanokegeln

Im Experiment bestrahlten Schmitt und sein Kollege George Sarau einzelne Nanosäulen und Nanokegel aus Silizium mit rotem Laserlicht  (660 Nanometer) und ermittelten die Strahlung, die die Probe als Lumineszenz zurückgab. Ohne Nanostrukturierung ist die Lumineszenz in Silizium sehr gering, da eine Anregung mit sichtbarem Licht in der Regel nicht dazu führt, dass Elektronen unter Abgabe von Infrarotlicht auf ihr ursprüngliches Niveau zurückfallen (indirekte Bandlücke).  Die Nanostrukturen dagegen wandeln einen weitaus größeren Teil des eingestrahlten Lichts in elektromagnetische Strahlung im nahen Infrarotbereich um, und dieser Effekt ist in den Nanokegeln 200mal stärker als in den Nanosäulen. „Dies ist die höchste Lumineszenz-Verstärkung, die je in einer Siliziumstruktur gemessen wurde“, sagt Schmitt. 

Flüstergalerien für das Licht

Dies kann das Team auch gut erklären: Denn mit numerischen Modellen lässt sich die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen in den verschiedenen Geometrien einer Silizium-Nanostruktur berechnen. Dabei zeigt sich: Weil der Querschnitt im Nanokegel mit der Höhe zunimmt, gibt es mehrere Ebenen, in denen sich das Infrarotlicht konstruktiv überlagert und verstärkt, es bilden sich stehende Wellen aus, die eine erhöhte Anregung von Elektronen und damit Abgabe von Lumineszenz ermöglichen. Dieser Effekt ist in Fachkreisen als Purcell-Effekt bekannt: Wenn sich eine Lichtquelle in einem optischen Resonator befindet, steigt die spontane Emission von Licht an. Die Nanokegel sind demnach hervorragende Resonatoren, eben optische Flüstergalerien für das Licht.

Designregeln für Nanostrukturen

„Solche Nanostrukturen aus einzelnen Kegeln sind nicht schwierig herzustellen“, erklärt Schmitt. Als neue Bauelemente wären sie sehr gut in die vorherrschenden CMOS-Halbleitertechnologien integrierbar, zum Beispiel als Dioden, optoelektronische Schalter und Lichtsensoren. In Verbindung mit einem geeigneten optisch aktiven Medium könnten diese Strukturen sogar Laserlicht produzieren, vermuten die Physiker.  „Wir können aus solchen Erkenntnissen einfache Design-Regeln für Halbleiternanostrukturen ableiten, um die Anzahl und Wellenlängen der gespeicherten Moden zu kontrollieren und damit auch die Lumineszenz“, sagt Silke Christiansen.  


Die Arbeit ist im renommierten Fachjournal Scientific Reports  erschienen. DOI: 10.1038/srep17089
"Observation of strongly enhanced photoluminescence from inverted cone-shaped silicon nanostuctures"
Sebastian W. Schmitt, George Sarau & Silke Christiansen

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Gute Aussichten für Zinn-Perowskit-Solarzellen
    Science Highlight
    03.12.2025
    Gute Aussichten für Zinn-Perowskit-Solarzellen
    Perowskit-Solarzellen gelten weithin als die Photovoltaik-Technologie der nächsten Generation. Allerdings sind Perowskit-Halbleiter langfristig noch nicht stabil genug für den breiten kommerziellen Einsatz. Ein Grund dafür sind wandernde Ionen, die mit der Zeit dazu führen, dass das Halbleitermaterial degradiert. Ein Team des HZB und der Universität Potsdam hat nun die Ionendichte in vier verschiedenen Perowskit-Halbleitern untersucht und dabei erhebliche Unterschiede festgestellt. Eine besonders geringe Ionendichte wiesen Zinn-Perowskit-Halbleiter auf, die mit einem alternativen Lösungsmittel hergestellt wurden – hier betrug die Ionendichte nur ein Zehntel im Vergleich zu Blei-Perowskit-Halbleitern. Damit könnten Perowskite auf Zinnbasis ein besonders großes Potenzial zur Herstellung von umweltfreundlichen und besonders stabilen Solarzellen besitzen.
  • Synchrotron-strahlungsquellen: Werkzeugkästen für Quantentechnologien
    Science Highlight
    01.12.2025
    Synchrotron-strahlungsquellen: Werkzeugkästen für Quantentechnologien
    Synchrotronstrahlungsquellen erzeugen hochbrillante Lichtpulse, von Infrarot bis zu harter Röntgenstrahlung, mit denen sich tiefe Einblicke in komplexe Materialien gewinnen lassen. Ein internationales Team hat nun im Fachjournal Advanced Functional Materials einen Überblick über Synchrotronmethoden für die Weiterentwicklung von Quantentechnologien veröffentlicht: Anhand konkreter Beispiele zeigen sie, wie diese einzigartigen Werkzeuge dazu beitragen können, das Potenzial von Quantentechnologien wie z. B. Quantencomputing zu erschließen, Produktionsbarrieren zu überwinden und den Weg für zukünftige Durchbrüche zu ebnen.
  • Neue Katalysatormaterialien auf Basis von Torf für Brennstoffzellen
    Science Highlight
    25.11.2025
    Neue Katalysatormaterialien auf Basis von Torf für Brennstoffzellen
    Eisen-Stickstoff-Kohlenstoff-Katalysatoren haben das Potenzial, teure Platinkatalysatoren in Brennstoffzellen zu ersetzen. Dies zeigt eine Studie aus Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und der Universitäten in Tartu und Tallinn, Estland. An BESSY II beobachtete das Team, wie sich komplexe Mikrostrukturen in den Proben bilden. Anschließend analysierten sie, welche Strukturparameter für die Förderung der bevorzugten elektrochemischen Reaktionen besonders wichtig waren. Der Rohstoff für solche Katalysatoren ist gut zersetzter Torf.