Spintronik für künftige energieeffiziente Informationstechnologien: Spin-Ströme in Topologischen Isolatoren kontrolliert

Die Skizze zeigt die charakteristische Spin-Ausrichtung (Pfeile) von Elektronen in einem topologischen Isolator (unten). Ein zirkular polarisierter Laserpuls dreht die Spins aus der Oberflächenebene der Probe heraus (Mitte). Dies lässt sich mit einem linear polarisierten zweiten Puls nachweisen (oben).

Die Skizze zeigt die charakteristische Spin-Ausrichtung (Pfeile) von Elektronen in einem topologischen Isolator (unten). Ein zirkular polarisierter Laserpuls dreht die Spins aus der Oberflächenebene der Probe heraus (Mitte). Dies lässt sich mit einem linear polarisierten zweiten Puls nachweisen (oben).

Ein internationales Team um den HZB-Forscher Jaime Sánchez-Barriga hat gezeigt, wie sich in Proben aus einem Topologischen Isolator-Material spinpolarisierte Ströme gezielt in Gang setzen lassen. Zudem konnten sie die Ausrichtung der Spins in diesen Strömen kontrollieren. Damit demonstrierten sie, dass sich diese Materialklasse dafür eignet, mithilfe von Spins Daten zu verarbeiten. Die Arbeit ist in der renommierten Zeitschrift Physical Review B erschienen und wurde als "Editor's Suggestion" ausgezeichnet.

Künftige Informationstechnologien sollen Daten mit deutlich weniger Einsatz von Energie verarbeiten. Eine spannende Materialklasse dafür sind Topologische Isolatoren. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Elektronen an der Oberfläche extrem beweglich sind und das Material dort leitfähig ist. Im Innern ist es dagegen ein Isolator, dort leitet es keinen Strom.

Da Elektronen gleichzeitig auch ein magnetisches Moment tragen (Spin), könnten Topologische Isolatoren auch „spintronische“ Bauelemente ermöglichen: diese basieren nicht mehr wie Halbleiterbauelemente auf der Bewegung von Ladungsträgern wie Elektronen, sondern auf dem Transport oder der Manipulation ihrer Spins. Um damit zu schalten, wird deutlich weniger Energie benötigt.

Nun hat ein internationales Team um den HZB-Physiker Jaime Sánchez-Barriga  gezeigt, wie sich in Topologischen Isolatoren die Spins der Elektronen ausrichten und kontrollieren lassen. Sie untersuchten Proben aus dem Topologischen Isolator Antimon-Tellurid mit zirkular polarisiertem Laserlicht. Über die „Drehrichtung“ des Laserlichts konnten sie Elektronen-Ströme mit parallel ausgerichteten Spins (spinpolarisiert) gezielt in Gang setzen und lenken. Zudem gelang es ihnen, die Ausrichtung der Spins zu verändern. Am Team waren Experimentatoren vom Berliner Max-Born-Institut, der Lomonossow Universität Moskau und Theoretiker von der LMU München beteiligt. Die Arbeit ist in der renommierten Zeitschrift Physical Review B erschienen und wurde als "Editor's Suggestion" ausgezeichnet.

„Wenn man magnetisch dotierte topologische Isolatoren verwenden würde, könnte man die Spininformation vermutlich auch speichern“, erklärt Oliver Rader, der am HZB die Abteilung für grüne Spintronik leitet. „Um das zu untersuchen und dabei auch insbesondere das dynamische Verhalten der magnetischen Momente zu erkunden, werden aber ultrakurze
Lichtpulse im weichen Röntgenbereich benötigt. Mit dem geplanten Upgrade der Synchrotronquelle BESSY II zu BESSY VSR können solche Experimente in Zukunft zum Standard werden.“

Zur Publikation:

Ultrafast spin-polarization control of Dirac fermions in topological insulators, J. Sánchez-Barriga, E. Golias, A. Varykhalov, J. Braun, L. V. Yashina, R. Schumann, J. Minár, H. Ebert, O. Kornilov, and O. Rader
Phys. Rev. B 93, 155426
DOI: http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevB.93.155426


Link zur Besprechung in PhysRevB (Editor's Suggestion)

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Langzeit-Stabilität von Perowskit-Solarzellen deutlich gesteigert
    Science Highlight
    07.11.2025
    Langzeit-Stabilität von Perowskit-Solarzellen deutlich gesteigert
    Perowskit-Solarzellen sind kostengünstig in der Herstellung und liefern viel Leistung pro Fläche. Allerdings sind sie bisher noch nicht stabil genug für den Langzeit-Einsatz. Nun hat ein internationales Team unter der Leitung von Prof. Dr. Antonio Abate durch eine neuartige Beschichtung der Grenzfläche zwischen Perowskitschicht und dem Top-Kontakt die Stabilität drastisch erhöht. Dabei stieg der Wirkungsgrad auf knapp 27 Prozent, was dem aktuellen state-of-the-art entspricht. Dieser hohe Wirkungsgrad nahm auch nach 1.200 Stunden im Dauerbetrieb nicht ab. An der Studie waren Forschungsteams aus China, Italien, der Schweiz und Deutschland beteiligt. Sie wurde in Nature Photonics veröffentlicht.
  • Energie von Ladungsträgerpaaren in Kuprat-Verbindungen
    Science Highlight
    05.11.2025
    Energie von Ladungsträgerpaaren in Kuprat-Verbindungen
    Noch immer ist die Hochtemperatursupraleitung nicht vollständig verstanden. Nun hat ein internationales Forschungsteam an BESSY II die Energie von Ladungsträgerpaaren in undotiertem La₂CuO₄ vermessen. Die Messungen zeigten, dass die Wechselwirkungsenergien in den potenziell supraleitenden Kupferoxid-Schichten deutlich geringer sind als in den isolierenden Lanthanoxid-Schichten. Die Ergebnisse tragen zum besseren Verständnis der Hochtemperatur-Supraleitung bei und könnten auch für die Erforschung anderer funktionaler Materialien relevant sein.
  • Elektrokatalyse mit doppeltem Nutzen – ein Überblick
    Science Highlight
    31.10.2025
    Elektrokatalyse mit doppeltem Nutzen – ein Überblick
    Hybride Elektrokatalysatoren können beispielsweise gleichzeitig grünen Wasserstoff und wertvolle organische Verbindungen produzieren. Dies verspricht wirtschaftlich rentable Anwendungen. Die komplexen katalytischen Reaktionen, die bei der Herstellung organischer Verbindungen ablaufen, sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Moderne Röntgenmethoden an Synchrotronquellen wie BESSY II ermöglichen es, Katalysatormaterialien und die an ihren Oberflächen ablaufenden Reaktionen in Echtzeit, in situ und unter realen Betriebsbedingungen zu analysieren. Dies liefert Erkenntnisse, die für eine gezielte Optimierung genutzt werden können. Ein Team hat nun in Nature Reviews Chemistry einen Überblick über den aktuellen Wissensstand veröffentlicht.