Ladungstransfer innerhalb von Übergangsmetall-Farbstoffen analysiert

Ein Röntgenpuls untersucht die Delokalisierung von Eisen 3d-Elektronen auf anliegende Liganden.

Ein Röntgenpuls untersucht die Delokalisierung von Eisen 3d-Elektronen auf anliegende Liganden. © M. Künsting/HZB

In farbstoffbasierten Solarzellen sorgen Übergangsmetall-Komplexe dafür, dass Licht in elektrische Energie umgewandelt wird. Bisher ging man davon aus, dass innerhalb des Moleküls eine räumliche Ladungstrennung stattfindet. Dass dies eine zu simple Beschreibung des Prozesses ist, zeigt eine Analyse an BESSY II. Erstmals hat dort ein Team die fundamentalen elektronischen Prozesse rund um das Metallatom und seine Liganden untersucht. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie, International Edition“ erschienen und stellt das Titelbild.

Organische Solarzellen wie die Grätzel-Zelle bestehen aus Farbstoffen, die auf Übergangsmetall-Komplex-Verbindungen basieren. Sonnenlicht regt die äußeren Elektronen des Komplexes so an, dass sie von Orbitalen am Metallzentrum in Orbitale angrenzender Verbindungen transportiert werden. Bisher ging man davon aus, dass bei diesem Prozess Ladungsträger räumlich getrennt werden, welche dann abgezogen werden, sodass ein elektrischer Strom fließen kann. Dass dies nicht so ist, hat nun ein Team um Alexander Föhlisch am HZB aufklären können.

Mithilfe der kurzen Röntgenpulse von BESSY II im Low-Alpha-Betrieb konnten sie Schritt für Schritt verfolgen, welche Prozesse die Anregung durch Licht (Laserpuls) in einem Eisenkomplex auslöst. „Wir können direkt beobachten, wie der Laserpuls die 3d-Orbitale am Metall entvölkert“, erklärt Raphael Jay, Doktorand und Erstautor der Studie. Mit Hilfe von theoretischen Berechnungen konnten sie die Messdaten aus der zeitaufgelösten Röntgenabsorptions-Spektroskopie sehr genau interpretieren. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Der Laserpuls sorgt zunächst tatsächlich dafür, dass Elektronen vom 3d-Orbital des Eisenatoms auf die angrenzenden Liganden delokalisiert werden. Diese Liganden schieben allerdings ihrerseits sofort Ladung zurück in Richtung des Metall-Atoms, wodurch der Verlust elektronischer Ladung am Metall und die damit ursprünglich verbundene Ladungstrennung sofort kompensiert wird.

Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, neue Materialien für Farbstoffsolarzellen zu entwickeln. Denn bisher werden standardmäßig Ruthenium-Komplexe in organischen Solarzellen verwendet. Ruthenium ist jedoch ein seltenes Element und entsprechend teuer. Eisen-Komplexe wären deutlich billiger, weisen aber hohe Rekombinationsraten auf. Weitere Untersuchungen werden zeigen, worauf es bei Übergangsmetall-Komplexen ankommt, damit Licht effizient in elektrische Energie umgewandelt werden kann.

Covalency-driven preservation of local charge densities in a metal-to-ligand charge-transfer excited iron photosensitizer

Raphael M. Jay, Sebastian Eckert, Vinícius Vaz da Cruz, Mattis Fondell, Rolf Mitzner, and Alexander Föhlisch

Angewandte Chemie International Edition

Doi: 10.1002/anie.201904761

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • MXene als „Rahmen“ für zweidimensionale Wasserfilme zeigt neue Eigenschaften
    Science Highlight
    13.08.2025
    MXene als „Rahmen“ für zweidimensionale Wasserfilme zeigt neue Eigenschaften
    Ein internationales Team unter Leitung von Dr. Tristan Petit und Prof. Yury Gogotsi hat MXene mit eingeschlossenem Wasser und Ionen an der BESSY II untersucht. Dabei ging das Wasser mit steigender Temperatur vom Zustand als lokalisierte Eiskluster in einen quasi-zweidimensionalen Wasserfilm über. Das Team entdeckte dabei, dass diese strukturellen Veränderungen des eingeschlossenen Wassers im MXene einen reversiblen Phasenübergang bewirken: vom Metall zum Halbleiter. Dies könnte die Entwicklung neuartiger Bauelemente oder Sensoren auf Basis von MXenen ermöglichen.
  • Lithium-Schwefel-Batterien mit wenig Elektrolyt: Problemzonen identifiziert
    Science Highlight
    12.08.2025
    Lithium-Schwefel-Batterien mit wenig Elektrolyt: Problemzonen identifiziert
    Mit einer zerstörungsfreien Methode hat ein Team am HZB erstmals Lithium-Schwefel-Batterien im praktischen Pouchzellenformat untersucht, die mit besonders wenig Elektrolyt-Flüssigkeit auskommen. Mit operando Neutronentomographie konnten sie in Echtzeit visualisieren, wie sich der flüssige Elektrolyt während des Ladens und Entladens über mehrere Schichten verteilt und die Elektroden benetzt. Diese Erkenntnisse liefern wertvolle Einblicke in die Mechanismen, die zum Versagen der Batterie führen können, und sind hilfreich für die Entwicklung kompakter Li-S-Batterien mit hoher Energiedichte.
  • Selbstorganisierte Monolage verbessert auch bleifreie Perowskit-Solarzellen
    Science Highlight
    04.08.2025
    Selbstorganisierte Monolage verbessert auch bleifreie Perowskit-Solarzellen
    Zinn-Perowskit-Solarzellen sind nicht nur ungiftig, sondern auch potenziell stabiler als bleihaltige Perowskit-Solarzellen. Allerdings sind sie auch deutlich weniger effizient. Nun gelang einem internationalen Team eine deutliche Verbesserung:  Das Team identifizierte chemische Verbindungen, die von selbst eine molekulare Schicht bilden, welche sehr gut zur Gitterstruktur von Zinn-Perowskiten passt. Auf dieser Monolage lässt sich Zinn-Perowskit mit hervorragender optoelektronischer Qualität aufwachsen.