Perowskit-LED aus dem Drucker – auf dem Weg zu einem neuen Standard für die Elektronik

Grafische Darstellung des Druckprozesses für die Perowskit-LED.

Grafische Darstellung des Druckprozesses für die Perowskit-LED. © Claudia Rothkirch/HU Berlin

Ein Blick in das Helmholtz Innovation Lab HySPRINT. Wesentliche Arbeiten zu den druckbaren Perovskit-LEDs fanden hier statt.

Ein Blick in das Helmholtz Innovation Lab HySPRINT. Wesentliche Arbeiten zu den druckbaren Perovskit-LEDs fanden hier statt. © HZB/Phil Dera

Perovskit-Solarzellen einfach erklärt: wie sie funktionieren und was sie so effizient macht © HZB

02:15

Einem Team von Forschern des HZB und der Humboldt-Universität zu Berlin ist es zum ersten Mal gelungen, Leuchtdioden (LEDs) aus einem hybriden Perowskit-Halbleitermaterial per Tintenstrahldruck herzustellen. Das Tor zu einer breiten Anwendung solcher Materialien in vielerlei elektronischen Bauelementen ist damit geöffnet. Der Durchbruch gelang den Wissenschaftlern mithilfe eines Tricks: dem „Impfen“ der Oberfläche mit bestimmen Kristallen.

Die Mikroelektronik ist geprägt durch verschiedene funktionelle Materialien, deren Eigenschaften sie für bestimmte Anwendungen auszeichnen. So werden Transistoren und Datenspeicher aus Silizium gefertigt, und auch die meisten photovoltaischen Zellen für die Stromgewinnung aus Sonnenlicht bestehen aus diesem Halbleitermaterial. Um Licht in optoelektronischen Elementen wie Leuchtdioden (LEDs) zu erzeugen, kommen hingegen Verbindungshalbleiter wie Galliumnitrid zum Einsatz. Je nach Materialklasse unterscheiden sich zudem die Herstellungsverfahren.

Raus aus dem Zoo aus Materialien und Methoden

Eine Vereinfachung versprechen hybride Perowskit-Materialien – halbleitende Kristalle, deren organische und anorganische Bestandteile in einer bestimmten Kristallstruktur angeordnet sind. „Je nach Zusammensetzung lassen sich daraus alle Arten von mikroelektronischen Bauelementen fertigen“, sagt Prof. Dr. Emil List-Kratochvil, Leiter einer gemeinsamen Forschergruppe von HZB und Humboldt-Universität.

Hinzu kommt: Perowskit-Kristalle ermöglichen eine vergleichsweise simple Art der Verarbeitung. „Sie lassen sich aus einer flüssigen Lösung herstellen, damit kann man das gewünschte Bauteil Schicht für Schicht direkt aus dem Substrat heraus aufbauen“, erklärt der Physiker.

Nach Solarzellen nun auch Leuchtdioden aus dem Drucker

Dass sich Solarzellen aus einer Lösung solcher Halbleiterverbindungen heraus drucken lassen, haben die Wissenschaftler am HZB in den letzten Jahren bereits gezeigt – und sind heute bei dieser Technologie weltweit führend. Nun gelang es dem gemeinsamen Team von HZB und HU Berlin erstmals, auch funktionsfähige Leuchtdioden auf diese Weise herzustellen. Dazu verwendete die Forschergruppe einen Metall-Halogenid-Perowskit: ein Material, das eine besonders hohe Effizienz bei der Lichterzeugung verspricht – das aber andererseits schwierig zu verarbeiten ist.

„Bislang war es nicht möglich, solche Halbleiterschichten aus einer flüssigen Lösung mit ausreichender Qualität zu erzeugen“, sagt List-Kratochvil. So ließen sich LEDs nur aus organischen Halbleitern drucken, die aber nur eine bescheidene Leuchtkraft liefern. „Die Herausforderung war es, die salzartige Vorstufe, die wir mit dem Drucker auf das Substrat aufbrachten, mit einer Art Lockmittel dazu zu bewegen, rasch und gleichmäßig zu kristallisieren“, erklärt der Wissenschaftler. Das Team wählte dafür einen „Impfkristall“: ein beigefügtes Salz, das sich auf dem Substrat anheftet und wie ein Gerüst für das Wachstum der Perowskit-Struktur dient.

Deutlich bessere optische und elektronische Merkmale

So schufen die Forscher gedruckte LEDs mit einer weit höheren Leuchtkraft und deutlich besseren elektrischen Eigenschaften als sie bislang mit additiven Fertigungsverfahren erreichbar waren. Doch für Emil List-Kratochvil ist dieser Erfolg nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer künftigen Mikro- und Optoelektronik, die seiner Meinung nach ausschließlich auf hybriden Perowskit-Halbleitern basiert. „Die Vorteile, die eine universell einsetzbare Klasse von Materialien bietet, aus der sich beliebige Bauteile mit einem einzigen einfachen und kostengünstigen Verfahren fertigen lassen, sind bestechend“, meint der Wissenschaftler. In dem Berliner Labor von HZB und HU will er daher nach und nach alle relevanten elektronischen Bauelemente auf diese Weise herstellen.  

Emil List-Kratochvil ist Professor für Hybride Bauelemente an der Berliner Humboldt-Universität (HU) und Leiter eines 2018 gegründeten Joint Labs, das von der HU gemeinsam mit dem HZB betrieben wird. Darüber hinaus arbeitet im „Helmholtz Innovation Lab HySPRINT“ ein Team um List-Kratochvil und der HZB-Wissenschaftlerin Dr. Eva Unger an der Entwicklung von Beschichtungs- und Druckverfahren – im Fachjargon auch additive Fertigung genannt – für hybride Perowskite, das sind Kristalle mit Perowskit-Struktur, die sowohl anorganische als auch organische Bestandteile enthalten.

Die Arbeit wurde im Journal Materials Horizons veröffentlicht: „Finally, inkjet-printed metal halide perovskite LEDs – utilizing seed crystal templating of salty PEDOT:PSS“. Felix Hermerschmidt, Florian Mathies, Vincent R. F. Schröder, Carolin Rehermann, Nicolas Zorn Morales, Eva L. Unger, Emil. J. W. List-Kratochvil.
DOI: 10.1039/d0mh00512f

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Science Highlight
    29.04.2025
    Batterieforschung: Alterungsprozesse operando sichtbar gemacht
    Lithium-Knopfzellen mit Elektroden aus Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden (NMC) sind sehr leistungsfähig. Doch mit der Zeit lässt die Kapazität leider nach. Nun konnte ein Team erstmals mit einem zerstörungsfreien Verfahren beobachten, wie sich die Elementzusammensetzung der einzelnen Schichten in einer Knopfzelle während der Ladezyklen verändert. An der Studie, die nun im Fachjournal Small erschienen ist, waren Teams der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), der Universität Münster sowie Forschende der Forschungsgruppe SyncLab des HZB und des Applikationslabors BLiX der Technischen Universität Berlin beteiligt. Ein Teil der Messungen fand mit einem Instrument im BLiX-Labor statt, ein weiterer Teil an der Synchrotronquelle BESSY II.
  • Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    Science Highlight
    23.04.2025
    Neues Instrument bei BESSY II: Die OÆSE-Endstation in EMIL
    An BESSY II steht nun ein neues Instrument zur Untersuchung von Katalysatormaterialien, Batterieelektroden und anderen Energiesystemen zur Verfügung: die Operando Absorption and Emission Spectroscopy on EMIL (OÆSE) Endstation im Energy Materials In-situ Laboratory Berlin (EMIL). Ein Team um Raul Garcia-Diez und Marcus Bär hat die Leistungsfähigkeit des Instruments an elektrochemisch abgeschiedenem Kupfer demonstriert.
  • Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Science Highlight
    17.04.2025
    Grüner Wasserstoff: Käfigstruktur verwandelt sich in effizienten Katalysator
    Clathrate zeichnen sich durch eine komplexe Käfigstruktur aus, die auch Platz für Gast-Ionen bietet. Nun hat ein Team erstmals untersucht, wie gut sich Clathrate als Katalysatoren für die elektrolytische Wasserstoffproduktion eignen. Das Ergebnis: Effizienz und Robustheit sind sogar besser als bei den aktuell genutzten Nickel-basierten Katalysatoren. Dafür fanden sie auch eine Begründung. Messungen an BESSY II zeigten, dass sich die Proben während der katalytischen Reaktion strukturell verändern: Aus der dreidimensionalen Käfigstruktur bilden sich ultradünne Nanoblätter, die maximalen Kontakt zu aktiven Katalysezentren ermöglichen. Die Studie ist in „Angewandte Chemie“ publiziert.