BESSY II: Was Ionen durch Polymermembranen treibt

Membran.

Membran. © HZB

Photoelektrolyseure und Elektrolysezellen können grünen Wasserstoff oder fossilfreie Kohlenstoffverbindungen erzeugen – allerdings benötigen sie Ionenaustausch-Membranen. Ein HZB-Team hat nun in einem hybriden Flüssiggas-Elektrolyseur an der Röntgenquelle BESSY II den Transport von Ionen durch die Membran untersucht. Anders als erwartet treiben Konzentrationsunterschiede aber kaum elektrische Felder Ionen an. Die Diffusion ist also der entscheidende Prozess. Diese Erkenntnis könnte bei der Entwicklung hocheffizienter und deutlich umweltfreundlicherer Membranmaterialien helfen.

Ionenaustausch-Membranen werden in (Photo)elektrolyseuren, Brennstoffzellen und Batterien benötigt, um Ionen zu trennen und die gewünschten Prozesse zu ermöglichen. Synthetisch produzierte Polymermembranen wie NAFION sind dabei besonders effizient, aber leider nicht abbaubar. In der Europäischen Union wird derzeit ein Verbot solcher „Ewigkeits-Chemikalien“ diskutiert. Die Entwicklung geeigneter Alternativen ist jedoch eine Herausforderung. Daher ist es wichtig, besser zu verstehen, warum NAFION und andere etablierte Polymermembranen so gut funktionieren.

Ein Team um Dr. Marco Favaro vom HZB-Institut für Solare Brennstoffe hat diese Frage nun mit einer speziellen Art von Elektrolysezelle untersucht. In diesem Zelltyp sitzt die Membran an der Außenwand und steht so sowohl mit dem flüssigen Elektrolyten als auch mit einer gasförmigen äußeren Umgebung in Kontakt. Je nach Polarität des angelegten Potenzials wirkt die Membran entweder als Anode oder als Kathode. Dieser hybride Flüssiggas-Elektrolyseur gilt als besonders vorteilhaft für die elektrochemische Umwandlung von CO2, da in der Gasphase höhere CO2-Konzentrationen möglich sind als in wässrigen Lösungen.

Für die Studie verwendeten Favaro und sein Team handelsübliche Ionenaustauschmembranen in Kontakt mit einem Modellelektrolyten wie Natriumchlorid (NaCl) in Wasser. Der Gasphase wurde Wasserdampf zugeführt. Die Migration von Natrium- und Chloridionen durch die Membranen konnte mit Röntgenphotoelektronenspektroskopie bei Umgebungsdruck (AP-HAXPES) an der SpAnTeX-Endstation an der KMC-1-Beamline von BESSY II untersucht werden. „Wir hatten eigentlich erwartet, dass die Dynamik der Ionen durch die elektrischen Felder zwischen Anode und Kathode des Elektrolyseurs bestimmt wird, und dass die Elektromigration der Hauptfaktor ist“, sagt Marco Favaro.

Ionenaustausch-Membranen sind Schlüsselkomponente

Die Analyse der Daten zeigte jedoch das Gegenteil. Elektromigration spielt kaum eine Rolle, die Ionen diffundieren einfach durch die Membran. Ein Diffusionsmodell simuliert die Daten numerisch perfekt. „Wir folgern daraus, dass Ionen die Polymermembranen in diesen Elektrolyseuren durchdringen, und zwar aufgrund von Sprüngen, die durch die in den Membranen vorhandenen ionisierten funktionellen Gruppen vermittelt werden. Da außerdem auch Wasser durch das Polymer diffundiert, werden die Ionen „mitgeschleppt“, erklärt Favaro.

Diese Ergebnisse sind aus einer Reihe von Gründen interessant. Denn solche hybriden Elektrolyseure ermöglichen es, CO2 in wertvolle Chemikalien umzuwandeln, die sonst nur aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden können. Zu verstehen, wie diese Elektrolyseure funktionieren, hilft auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Wirtschaft. Dabei sind die Ionenaustausch-Membranen eine Schlüsselkomponente. Die bisher verwendeten Polymerverbindungen sind jedoch nicht abbaubar. Es ist daher überaus wichtig, die relevanten Triebkräfte von Transportprozessen zu verstehen, um neue Membranmaterialien zu entwickeln, die effizient und umweltfreundlich sind. Favaro will dieses Projekt nun am HIPOLE vorantreiben, dem neuen Helmholtz-Institut in Jena, das sich auf die Entwicklung von neuen Polymermaterialien für Energietechnologien konzentriert.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Wie Karbonate die Umwandlung von CO2 in Kraftstoff beeinflussen
    Science Highlight
    25.11.2025
    Wie Karbonate die Umwandlung von CO2 in Kraftstoff beeinflussen
    Ein Forschungsteam vom Helmholtz Zentrum Berlin (HZB) und dem Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft (FHI) hat herausgefunden, wie Karbonatmoleküle die Umwandlung von CO2 in nützliche Kraftstoffe durch Gold-Elektrokatalysatoren beeinflussen. Ihre Studie beleuchtet, welche molekularen Mechanismen bei der CO2-Elektrokatalyse und der Wasserstoffentwicklung eine Rolle spielen und zeigt Strategien zur Verbesserung der Energieeffizienz und der Selektivität der katalytischen Reaktion auf.
  • Neue Katalysatormaterialien auf Basis von Torf für Brennstoffzellen
    Science Highlight
    25.11.2025
    Neue Katalysatormaterialien auf Basis von Torf für Brennstoffzellen
    Eisen-Stickstoff-Kohlenstoff-Katalysatoren haben das Potenzial, teure Platinkatalysatoren in Brennstoffzellen zu ersetzen. Dies zeigt eine Studie aus Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und der Universitäten in Tartu und Tallinn, Estland. An BESSY II beobachtete das Team, wie sich komplexe Mikrostrukturen in den Proben bilden. Anschließend analysierten sie, welche Strukturparameter für die Förderung der bevorzugten elektrochemischen Reaktionen besonders wichtig waren. Der Rohstoff für solche Katalysatoren ist gut zersetzter Torf.
  • Helmholtz-Nachwuchsgruppe zu Magnonen
    Nachricht
    24.11.2025
    Helmholtz-Nachwuchsgruppe zu Magnonen
    Dr. Hebatalla Elnaggar baut am HZB eine neue Helmholtz-Nachwuchsgruppe auf. An BESSY II will die Materialforscherin sogenannte Magnonen in magnetischen Perowskit-Dünnschichten untersuchen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihrer Forschung Grundlagen für eine zukünftige Terahertz-Magnon-Technologie zu legen: Magnonische Bauelemente im Terahertz-Bereich könnten Daten mit einem Bruchteil der Energie verarbeiten, die moderne Halbleiterbauelemente benötigen, und das mit bis zu tausendfacher Geschwindigkeit.

    Dr. Hebatalla Elnaggar will an BESSY II magnetische Perowskit-Dünnschichten untersuchen und damit die Grundlagen für eine künftige Magnonen-Technologie schaffen.