Schlüsseltechnologie für eine Zukunft ohne fossile Energieträger

Nico Fischer ist Professor für Chemieingenieurswesen an der University of Cape Town, Südafrika und leitet dort das Institut für Katalyse.

Nico Fischer ist Professor für Chemieingenieurswesen an der University of Cape Town, Südafrika und leitet dort das Institut für Katalyse.

Im Juni und Juli 2025 verbrachte der Katalyseforscher Nico Fischer Zeit am HZB. Es war sein „Sabbatical“, für einige Monate war er von seinen Pflichten als Direktor des Katalyse-Instituts in Cape Town entbunden und konnte sich nur der Forschung widmen. Mit dem HZB arbeitet sein Institut an zwei Projekten, die mit Hilfe von neuartigen Katalysatortechnologien umweltfreundliche Alternativen erschließen sollen. Mit ihm sprach Antonia Rötger.

Sie arbeiten in Südafrika, wie blickt man dort auf Klimawandel und Energiewende?

Südafrika hat ein riesiges Potential für den Einsatz von erneuerbaren Energien, produziert aber noch immer 80 bis 90 % der Elektrizität mit Kohle. Das wird sich ändern müssen und wir tragen mit unserer Forschung dazu bei, dass eine defossilisierte Wirtschaft möglich wird. Aber Kohlenstoffverbindungen werden wir nach wie vor brauchen, zum Beispiel als Treibstoff für den Flugverkehr. Solche Treibstoffe werden dann nicht mehr mit Erdöl produziert, sondern über neue Verfahren mit CO2 und Wasserstoff, dabei wird CO2 sozusagen recycelt.

Sie sprechen auch immer wieder mit politischen Entscheidungsträgern. Wie gelingt Ihnen da die Kommunikation?

Es ist nicht einfach, die eigene Begeisterung verständlich zu machen. Was mich antreibt, ist ja zu verstehen, was auf der Mikro- oder Nanoebene passiert. Aber das ist nicht das, was Politiker interessiert. Bei politischen Diskussionen sollte man nicht darüber reden, wie toll die letzte Messung war, sondern besser darüber, wie das der Wirtschaft vor Ort hilft. Und Politiker haben sehr wenig Zeit, wenn wir das in drei Minuten nicht rüberbringen können, ist die Chance vertan. Ich habe viel über Kommunikation aus meiner Zeit in der Industrie gelernt, schaue mir aber auch oft von Kolleginnen oder Kollegen etwas ab.

Können Sie das Rätselhafte bei der Katalyse in einfache Worte fassen?

In der Schule haben wir gelernt, dass Katalysatoren eine Reaktion beschleunigen, aber sich dabei selbst gar nicht verändern. Das stimmt jedoch nicht ganz. Gábor A. Somorjai, ein bekannter Katalyse-Experte, hat es so ausgedrückt: „Wenn man einen Katalysator vor und nach der Reaktion anschaut, ist es ungefähr als wenn man ein Spermium und ein bisschen Asche anschaut und sagt, daraus könne man das ganze Leben eines Menschen beschreiben“. Da passiert also sogar ziemlich viel. Erst seit wenigen Jahren haben wir die experimentellen Möglichkeiten, um Katalysatoren während der katalytischen Reaktionen zu untersuchen und das hilft uns, zu verstehen, was da eigentlich passiert.

Was bringt die Zusammenarbeit mit dem HZB?

Das Schöne an dieser Partnerschaft ist, dass wir wirklich komplementär sind. Wir an unserem Institut machen die Materialsynthese und testen auch die Katalysatoren. Bei CARE-O-SENE ist noch das KIT, das Fraunhofer-Institut IKTS und INERATEC dabei, die Pilot-Anlagen und Anlagen in Containergröße betreiben. Wir machen die kleinen Testungen und tragen zum fundamentalen Verständnis bei, Fraunhofer und INERATEC machen die Großtestungen. Sasol macht die ganz großen Testungen. Und HZB bindet das Ganze durch die Charakterisierung der Materialien zusammen. Denn an der Röntgenquelle BESSY II stehen wirklich ideale Charakterisierungsmethoden zur Verfügung.

Was wünschen Sie sich für eine Nachfolgequelle BESSY III?

Ich wünsche mir ein System, an dem man das Langzeitverhalten von Katalysatoren untersuchen kann. Das ist auch entscheidend für die Industriepartner. Das Szenario ist, dass der Katalysator alle paar Tage für eine kurze Zeit in den Strahl gehalten wird. Das wird sogar schon geplant, und zwar so, dass wir es ferngesteuert bedienen können.

Dann sitzen sie in Südafrika und steuern einen Roboter, der unterschiedliche Proben in den Probenhalter einlegt?

Ganz genau. Es geht wirklich um Messungen über viele Monate. Manche Ablagerungen bauen sich nur langsam auf, es kann sein, dass ein Katalysator in den ersten 100 Stunden toll ist, aber nach einigen Monaten nicht mehr funktioniert. Es könnte auch umgekehrt sein. Und manche Katalysatoren sind am Anfang nur mittelmäßig und werden mit der Zeit besser. Um das zu verstehen, braucht man Langzeitversuche. Das gibt es bislang nicht an Synchrotronanlagen, wo man vielleicht eine Woche Messzeit zugeteilt bekommt. Solche Langzeitversuche würden unglaublich helfen, um große Fortschritte in der Katalysatorforschung zu erreichen.

Das HZB will bis 2035 treibhausgasneutral werden und wir haben schon einige Schritte unternommen…aber wo wir keine Fortschritte machen, ist bei der Reduktion der Flugreisen. Lösen wir das Problem durch Projekte wie CARE-O-SENE?

Das ist ein schwieriges Problem. Uns trifft es ganz besonders, wir sitzen an der Spitze vom südlichen Afrika und müssen lange Strecken fliegen, um mit Partnern zusammen zu arbeiten oder bestimmte Messungen zu machen. Corona hat da einen unglaublichen Fortschritt gebracht, Videokonferenzen funktionieren jetzt sehr gut. Trotzdem ist es so, dass der direkte Austausch über einen Kaffee nicht wegzudenken ist. Da muss uns noch mehr einfallen, wie wir das klug und fair umsetzen können. Denn auch CARE-O-SENE wird das Problem nicht schnell lösen, wir werden auf absehbare Zeit nur einen kleinen Teil des Treibstoffs ersetzen können. Der Flugverkehr muss schon deutlich abnehmen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Infokasten

Nico Fischer ist Professor für Chemieingenieurswesen an der University of Cape Town, Südafrika und leitet dort das Institut für Katalyse.

Fischer hat am KIT in Karlsruhe studiert, in Cape Town promoviert und als Forschungsgruppenleiter bei der BASF in Ludwigshafen Industrieerfahrung gesammelt. Er untersucht und entwickelt neuartige Katalysatoren, vor allem für die Umwandlung von CO2 zu Synthesegasen.

In den Projekten CARE-O-SENE und GreenQUEST arbeitet das Institut für Katalyse eng mit Teams am HZB und weiteren Partnern zusammen. In CARE-O-SENE geht es um die Synthese von nachhaltigen Flugtreibstoffen aus CO2 und in GreenQUEST um eine synthetische Alternative zu LPG, sowohl für die industrielle Anwendung also auch als Brennstoff für Kochherde in afrikanischen Haushalten als Alternative zu Biomasse.

 

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