Göttinger Wissenschaftler entschlüsseln am BESSY II grundlegende Wirkprinzipien biochemischer Reaktionen

Atomare Struktur eines verbogenen, kurz vor der Spaltung stehenden Zuckermoleküls im humanen Enzym Transketolase.

Atomare Struktur eines verbogenen, kurz vor der Spaltung stehenden Zuckermoleküls im humanen Enzym Transketolase.

Enzyme sind die molekularen Katalysatoren des Lebens mit vitalen Funktionen im Stoffwechsel jeder Zelle. Bisher wurde spekuliert, dass Enzyme bei der Durchführung biochemischer Reaktionen ihre Ausgangsstoffe regelrecht verbiegen und dadurch spalten können. Wissenschaftlern am Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften (GZMB) ist es nun erstmals gelungen, diese Hypothese zweifelsfrei zu bestätigen. Dazu nutzten sie die MX-Beamline an BESSY II. Die Ergebnisse der Studie sind in der renommierten Fachzeitschrift Nature Chemistry erschienen.

Die Göttinger Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Dr. Kai Tittmann und Prof. Dr. Ralf Ficner züchteten zunächst hochgeordnete Proteinkristalle des humanen Enzyms Transketolase, das eine Schlüsselrolle bei der Verwertung von Zuckern im menschlichen Stoffwechsel einnimmt. Diese Proteinkristalle versetzten sie mit den natürlichen Zuckersubstraten. Die Analyse der Struktur des Enzymkristalls erfolgte anschließend an der MX-Beamline des Elektronenspeicherrings BESSY II und im französischen Grenoble. Den Wissenschaftlern gelang es, eine ultrahochaufgelöste Struktur des im Enzym gebundenen Zuckermoleküls unmittelbar vor seiner Spaltung in zwei Teile, mit einer extrem hohen Ortsauflösung von 0,1 Nanometer zu bestimmen. „Dieser in seiner Schärfe bis heute einmalige Schnappschuss eines arbeitenden Enzyms offenbart unzweifelhaft, dass das Zuckersubstrat im Enzym verbogen wird wie ein eingespanntes Werkstück in einem Schraubstock“, sagt Prof. Tittmann.

Enzyme stellen oft Angriffspunkte für Medikamente dar. Deshalb sind die neuen Erkenntnisse wichtig für die Entwicklung maßgeschneiderter, hochspezifischer Wirkstoffe, wie zum Beispiel für die Krebstherapie. „Auch die in der vorliegenden Studie untersuchte humane Transketolase übt eine Schlüsselfunktion im Stoffwechsel von Krebszellen aus“, sagt Prof. Tittmann.

Quelle: Universität Göttingen

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Helmholtz-Promotionspreis für Hanna Trzesniowski
    Nachricht
    09.07.2025
    Helmholtz-Promotionspreis für Hanna Trzesniowski
    Hanna Trzesniowski hat während ihrer Promotion am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) an nickelbasierten Elektrokatalysatoren für die Wasserspaltung geforscht. Ihre Arbeit trägt dazu bei, das Verständnis der alkalischen Wasserelektrolyse zu vertiefen und den Weg für die Entwicklung effizienterer und stabilerer Katalysatoren zu ebnen. Dafür erhielt sie am 8. Juli 2025 den Helmholtz-Promotionspreis, der die besten und originellsten Doktorarbeiten der Helmholtz-Gemeinschaft würdigt.
  • Neue Abteilung am HZB: „KI und Biomolekulare Strukturen“
    Nachricht
    07.07.2025
    Neue Abteilung am HZB: „KI und Biomolekulare Strukturen“
    Dr. Andrea Thorn baut seit 1. Juli 2025 am HZB die neue Abteilung „KI und Biomolekulare Strukturen“ auf. Die Biophysikerin bringt langjährige Expertise in KI-basierten Tools für die Strukturbiologie mit und freut sich auf die enge Zusammenarbeit mit dem Team für Makromolekulare Kristallographie an den MX-Beamlines von BESSY II.
  • Forschung ganz nah! Die Lange Nacht der Wissenschaften am HZB
    Nachricht
    20.06.2025
    Forschung ganz nah! Die Lange Nacht der Wissenschaften am HZB
    Am 28. Juni ist es wieder so weit: Die Lange der Wissenschaften findet von 17 - 0 Uhr in Berlin und auch in Adlershof statt. Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen unserer spannenden Forschung!