Buckyballs auf Gold sind weniger exotisch als Graphen
Mit Berechnungen auf Basis der Dichtefunktionaltheorie und Messdaten aus der spinaufgelösten Photoemission untersuchte das Team den Ursprung der sich wiederholenden Au(111)-Banden und löst sie als tiefe Oberflächenresonanzen auf. Diese Resonanzen führen zu einer zwiebelartigen Fermioberfläche von Au(111). © HZB
C60-Moleküle auf einem Gold-Substrat wirken komplexer als ihr Vorbild aus Graphen, haben aber viel gewöhnlichere elektronische Eigenschaften. Dies zeigen nun Messungen mit ARPES an BESSY II und ausführliche Berechnungen.
Graphen besteht aus Kohlenstoff-Atomen, die sich zu einer flachen Bienenwabenstruktur vernetzen. Das Material besitzt neben überraschend hoher mechanischer Stabilität spannende elektronische Eigenschaften: Die Elektronen verhalten sich wie masselose Teilchen, was sich in spektrometrischen Experimenten klar nachweisen lässt. Messungen zeigen eine lineare Abhängigkeit der Energie vom Impuls, die so genannten Dirac-Kegel: zwei Linien, die sich kreuzen, ohne dass eine Bandlücke – also eine Energiedifferenz zwischen Elektronen im Leitungsband und solchen in den Valenzbändern – auftreten würde.
Varianten mit Graphen-Architektur
Künstliche Varianten der Graphen-Architektur sind in der Materialforschung ein aktuelles Thema. Anstelle der Kohlenstoffatome wurden Quantenpunkte aus Silizium platziert, ultrakalte Atome mit starken Laserfeldern im Bienenwabengitter festgehalten oder Kohlenmonoxid-Moleküle auf einer Kupferoberfläche Stück für Stück mit einem Rastertunnelmikroskop an Ort und Stelle geschoben, wo sie den Elektronen des Kupfers die charakteristischen Grapheneingeschaften übertragen konnten.
Buckyballs auf Gold = künstliches Graphen?
Eine Studie deutete vor kurzem darauf hin, dass es ungleich einfacher ist, künstliches Graphen mit Hilfe von C60-Molekülen, sogenannten Buckyballs, herzustellen. Von diesen muss nur eine gleichmäßige Schicht auf Gold aufgedampft werden, damit die Goldelektronen die besonderen Grapheneigenschaften annehmen. Messungen von Photoemissionsspektren schienen eine Art Dirac-Kegel zu zeigen.
Elektronische Eigenschaften an BESSY II analysiert
„Das wäre wirklich sehr erstaunlich“, meint Dr. Andrei Varykhalov aus dem HZB, der eine Arbeitsgruppe für Photoemission und Rastertunnelmikroskopie leitet. „Denn das C60-Molekül ist absolut unpolar. Für uns war schwer vorstellbar, wie solche Moleküle einen starken Einfluss auf die Elektronen im Gold ausüben sollen.“ Daher starteten Varykhalov und sein Team eine Messreihe, um diese These zu überprüfen.
In kniffliger Kleinarbeit konnte das Berliner Team C60-Lagen auf Gold über einen deutlich größeren Energiebereich und für verschiedene Messparameter untersuchen. Dabei nutzten sie die winkelaufgelöste ARPES-Spektroskopie an BESSY II, die besonders präzise Messungen ermöglicht, und analysierten für einige Messungen auch den Elektronenspin.
Normal statt exotisch
„Wir sehen in unseren Messdaten einen parabelförmigen Zusammenhang zwischen Impuls und Energie, also ein ganz normales Verhalten. Diese Signale stammen von den Elektronen tief aus dem Substrat (Gold bzw. Kupfer) und nicht der Schicht, die von den Buckyballs beeinflusst werden könnte“, erklärt Dr. Maxim Krivenkov, Erstautor der Studie. Auch die linearen Messkurven aus der vorherigen Studie konnte das Team erklären. „Diese Messkurven imitieren die Dirac-Kegel lediglich, sie sind sozusagen ein Artefakt, das sich auf einer Ablenkung der Photoelektronen ergibt, wenn Sie das Gold verlassen und die C60-Schicht passiern“, erläutert Varykhalov. Als künstliches Graphen kann die Buckyball-Schicht auf Gold daher nicht gelten.