BESSY II: Was Molekül-Orbitale über die Stabilität aussagen

Molekulargeometrische Strukturen der trans- und cis-Isomere Fumarat und Maleat (oben, von links nach rechts) zusammen mit ihrem hydrierten Molekül, den Succinat-Dianionen (unten).

Molekulargeometrische Strukturen der trans- und cis-Isomere Fumarat und Maleat (oben, von links nach rechts) zusammen mit ihrem hydrierten Molekül, den Succinat-Dianionen (unten). © HZB

Fumarat, Maleat und Succinat sind organische Moleküle, die in der Koordinationschemie und teilweise auch in der Biochemie der Körperzellen eine Rolle spielen. Ein HZB-Team hat diese Moleküle nun an BESSY II mit Hilfe von RIXS und DFT-Simulationen analysiert. Die Ergebnisse geben nicht nur Aufschluss über die elektronischen Strukturen, sondern auch über die relative Stabilität dieser Moleküle. Dies könnte auch der Industrie dabei helfen, die Stabilität von Koordinationspolymeren zu optimieren.

Fumarat, Maleat und Succinat sind Carbonsäure-Dianionen vom Typ C4H2O4 oder C4H4O4 und können unterschiedlichen Geometrien (cis oder trans) und unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Einige Varianten können beispielsweise metallische Elemente in organische Verbindungen einbauen und spielen damit eine Schlüsselrolle in der Koordinationschemie, andere Varianten sind in biologischen Prozessen wichtig. So entstehen Fumarat und Succinat als Zwischenprodukte in den Mitochondrien von Zellen. Maleat dagegen bildet sich in der Regel nicht in natürlichen biologischen Prozessen und wird genutzt, um haltbare Materialien herzustellen. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob diese Verbindungen ewig halten oder biologisch abbaubar sind.

Die Stabilität von Fumarat-, Maleat- und Succinat-Dianionen wird nicht nur durch ihre Molekülgeometrien beeinflusst, sondern auch durch die elektronische Struktur der Moleküle, insbesondere durch das höchste besetzte Molekülorbital (HOMO) und das niedrigste unbesetzte Molekülorbital (LUMO). Der Einfluss der Molekülorbitale auf die Stabilität dieser Moleküle ist jedoch noch nicht erforscht.

XAS und RIXS an BESSY II

Nun hat ein Team am HZB unter der Leitung von Prof. Alexander Föhlisch den Einfluss der elektronischen Struktur auf die Stabilität von Fumarat-, Maleat- und Succinat-Dianionen aufgeklärt. „Wir haben diese Verbindungen an BESSY II mit zwei verschiedenen, sehr leistungsfähigen Methoden analysiert“, sagt Dr. Viktoriia Savchenko, Erstautorin der Studie. So gibt die Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) Aufschluss über die unbesetzten elektronischen Zustände eines Systems, während die resonante inelastische Röntgenstreuung (RIXS) Informationen über die besetzten höchsten Orbitale und über Wechselwirkungen zwischen den HOMO-LUMO-Orbitalen liefert. Die Ergebnisse können mit makroskopischen Eigenschaften, insbesondere der Stabilität, in Verbindung gebracht werden.

Maleat weniger stabil

Die Analyse der Spektraldaten zeigt, dass Maleat potenziell weniger stabil ist als Fumarat und Succinat. Und mehr noch: Die Analyse erklärt auch, warum: Die elektronische Dichte im HOMO-Orbital an der C=C-Bindung zwischen den Carboxylatgruppen könnte zu einer schwächeren Bindung von Maleat mit Molekülen oder Ionen führen. Fumarat und Succinat hingegen könnten stabiler sein, da ihre HOMO-Orbitale gleichermaßen delokalisiert sind. „Damit besteht die Möglichkeit, dass Maleat durch bestimmte Zusatzstoffe abgebaut werden könnte“, sagt Savchenko.

arö


Das könnte Sie auch interessieren

  • Gefriergussverfahren – Eine Anleitung für komplex strukturierte Materialien
    Science Highlight
    25.04.2024
    Gefriergussverfahren – Eine Anleitung für komplex strukturierte Materialien
    Gefriergussverfahren sind ein kostengünstiger Weg, um hochporöse Materialien mit hierarchischer Architektur, gerichteter Porosität und multifunktionalen inneren Oberflächen herzustellen. Gefriergegossene Materialien eignen sich für viele Anwendungen, von der Medizin bis zur Umwelt- und Energietechnik. Ein Beitrag im Fachjournal „Nature Reviews Methods Primer“ vermittelt nun eine Anleitung zu Gefriergussverfahren, zeigt einen Überblick, was gefriergegossene Werkstoffe heute leisten, und skizziert neue Einsatzbereiche. Ein besonderer Fokus liegt auf der Analyse dieser Materialien mit Tomoskopie.

  • IRIS-Beamline an BESSY II mit Nanomikroskopie erweitert
    Science Highlight
    25.04.2024
    IRIS-Beamline an BESSY II mit Nanomikroskopie erweitert
    Die Infrarot-Beamline IRIS am Speicherring BESSY II bietet nun eine vierte Option, um Materialien, Zellen und sogar Moleküle auf verschiedenen Längenskalen zu charakterisieren. Das Team hat die IRIS-Beamline mit einer Endstation für Nanospektroskopie und Nanoimaging erweitert, die räumliche Auflösungen bis unter 30 Nanometer ermöglicht. Das Instrument steht auch externen Nutzergruppen zur Verfügung.
  • Einfachere Herstellung von anorganischen Perowskit-Solarzellen bringt Vorteile
    Science Highlight
    17.04.2024
    Einfachere Herstellung von anorganischen Perowskit-Solarzellen bringt Vorteile
    Anorganische Perowskit-Solarzellen aus CsPbI3 sind langzeitstabil und erreichen gute Wirkungsgrade. Ein Team um Prof. Antonio Abate hat nun an BESSY II Oberflächen und Grenzflächen von CsPbI3 -Schichten analysiert, die unter unterschiedlichen Bedingungen produziert wurden. Die Ergebnisse belegen, dass das Ausglühen in Umgebungsluft die optoelektronischen Eigenschaften des Halbleiterfilms nicht negativ beeinflusst, sondern sogar zu weniger Defekten führt. Dies könnte die Massenanfertigung von anorganischen Perowskit-Solarzellen weiter vereinfachen.