Schwungvolle Sitzgruppe zum gemeinsamen Brainstorming
Peter Sandhaus schlägt vor BESSY II eine Brücke zwischen Wissenschaft, Kunst und Kommunikation.
Wissenschaft findet nicht nur hinter verschlossenen Labortüren statt, Geistesblitze ereilen uns überall. Peter Sandhaus gibt schnellen Gedanken nun mit dem »Neuronenbeschleuniger« einen neuen Ort. Während im Inneren Elektronen in einem ringförmigen Tunnel nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, spiegelt sich die Dynamik des Elektronenspeicherrings in Peter Sandhaus‘ Kunstwerk vor dem BESSY II-Gebäude wider. Der kreisrunde, marmorweiße »Neuronenbeschleuniger« im Eingangsbereich schafft Raum für Begegnungen und lädt zum gemeinsamen Brainstorming ein. Der Künstler hofft, »dass hier wirklich ein Treffpunkt entsteht, der intensiv genutzt wird.«
Neuronen in Schwung setzen
Die Namensgebung ist ein bewusstes Wortspiel. »Die Verwechslungsgefahr mit dem Wörtchen Neutronen ist Absicht. Ich will, dass man über den Begriff stolpert und damit die eigenen Neuronen schon mal anfangen zu denken,« erklärt Sandhaus augenzwinkernd. Peter Sandhaus belegte den ersten Platz bei dem Wettbewerb »Kunst trifft Wissenschaft«. Er bekam den Zuschlag aufgrund des hohen Interaktionspotenzials und des Identifikationswerts des Kunstwerks mit dem BESSY II-Gebäude.
Der Konzeptkünstler arbeitet gerne mit Orten, deren Bedeutung er durch seine Werke herausarbeitet. Aus der Laborfassade der Immunologieforschung in der Regensburger Uni-Klinik wachsen dank Sandhaus rote, wellenförmige »Antikörper« (2019) aus Aluminium, in den Gateway Gardens greift der verspiegelte »Senkrechtstarter« (2023) in Form eines Papierfliegers die Nähe des Frankfurter Flughafens auf. Gleichzeitig dient er als Kontrast zum runden organischen Gebäude des FLOW Europacenters.
Auch am BESSY II nimmt Sandhaus mit einer »Verkörperung« den Charakter des Ortes auf: »So bekommt eine abstrakte Idee, ein Symbol oder eine Bedeutungsebene, die vor Ort wichtig ist, einen anfassbaren körperlichen Ausdruck.« Der ehemalige Architekt erschafft organisch-sphärische Erfahrungsorte und sucht für jedes Werk das passende Material. Hier hat er sich für eine Umsetzung aus weiß gefärbtem Hochleistungsbeton entschieden, um die raue Betonfassade des BESSY II mit einem eleganten, partizipatorischen Kunstwerk zu veredeln.
Herausfordernder Formenbau
Der Formenbau stellte sich jedoch als herausfordernder dar als gedacht. Hätte Sandhaus den »Neuronenbeschleuniger« aus 3D-Formsand gedruckt, wäre die Oberfläche durch den Sand zu körnig gewesen, auch durch Sandstrahlen hätte man nicht die erforderliche Glattheit erreicht. Stattdessen entschied er sich mit Unterstützung der Firma dade design aus der Schweiz für einen aufwändigen Prozess: »Jedes einzelne Teil wurde aus mindestens drei anderen Formen zusammengesetzt. Erst wurde ein Positiv aus Hartschaum gefräst. Im Anschluss wurde es mit Glasfaser-verstärktem Kunststoff in jeweils drei Teilen abgeformt, auf den Kopf gedreht und jeweils in eine mit Holz verstärkte Schalung gegossen.« Zwischendurch, so Sandhaus, habe man die Schalungsformen vielfach geschliffen und gespachtelt. Das Kunstwerk besteht aus acht Einzelteilen, der Beton ist selbstverdichtend.
Beim Aufbau wurden dann alle acht Teile zusammengepuzzelt. Als Fundament dienen acht Schraubpfähle. So konnte der Asphalt erhalten bleiben, denn für Fundamente aus Beton hätte dieser großflächig entfernt werden müssen. Dann wurden die Betonfertigteile mit schwalbenschwanzförmigen Verbindungen ineinandergeschoben und vergossen. Außerdem wurden die notwendigen Dehnungsfugen mit Silikon geschlossen. Nun ist das bis zu 1,30 Meter hohe Kunstwerk fertig. Auf der geschmeidigen Oberfläche sitzt man selbst nach Regen gut, denn die Oberfläche ist hydrophobiert und mit einem Algenschutzmittel imprägniert. Mit der Zeit wird der »Neuronenbeschleuniger« eine natürliche Patina entwickeln. Die Ideen aber, die dort entstehen, werden glänzen und zu weiterem Fortschritt beitragen.