Beschleunigerphysik: Alternatives Material für supraleitende Hochfrequenzkavitäten getestet

<p class="MsoCommentText">Die Fotomontage zeigt eine Probe aus reinem Niob (links) und eine Probe, die mit Nb<sub>3</sub>Sn beschichtet wurde (rechts).

Die Fotomontage zeigt eine Probe aus reinem Niob (links) und eine Probe, die mit Nb3Sn beschichtet wurde (rechts). © HZB

Supraleitende Hochfrequenzkavitäten können Elektronenpakete in modernen Synchrotronquellen und Freien Elektronenlasern mit extrem hoher Energie ausstatten. Zurzeit bestehen sie aus reinem Niob. Eine internationale Kooperation hat nun untersucht, welche Vorteile eine Beschichtung mit Niob-Zinn im Vergleich zu reinem Niob bietet.

Zurzeit ist Niob das Material der Wahl, um supraleitende Hochfrequenzkavitäten zu bauen. So werden sie für Projekte wie bERLinPro und BESSY-VSR eingesetzt, aber auch bei Freien Elektronenlasern wie dem XFEL oder dem LCLS-II.

Beschichtung verspricht Einsparungen

Doch eine Beschichtung mit Niobzinn (Nb3Sn) könnte zu deutlichen Verbesserungen führen. Denn supraleitende Hochfrequenzkavitäten aus Niob müssen bei 2 Kelvin (-271 Grad Celsius) betrieben werden, was aufwändige Kryotechnik erfordert. Durch eine Beschichtung mit Nb3Sn könnten Kavitäten dagegen auch bei 4 statt 2 Kelvin betrieben werden und zudem möglicherweise höhere elektromagnetische Felder aushalten, ohne dass die Supraleitung zusammenbricht. In Zukunft könnte das bei großen Beschleunigern Millionen Euro in Bau- und Stromkosten sparen, da der Aufwand für die Kühlung deutlich geringer ist.

Experimente in USA, Kanada, Schweiz und HZB

Ein Team um Prof. Dr. Jens Knobloch, der das SRF-Institut am HZB leitet, hat nun in Zusammenarbeit mit Kollegen aus den USA, Kanada und der Schweiz Tests mit supraleitenden Proben durchgeführt, die an der Cornell University, USA, mit Nb3Sn beschichtet wurden. Die Experimente fanden am Paul-Scherrer-Institut, Schweiz, am TRIUMF, Kanada, und am HZB statt.

Beschichtete Probe hält mehr aus

„Wir haben die kritischen Magnetfeldstärken von supraleitenden Nb3Sn-Proben in statischen und Hochfrequenz-Feldern gemessen“, sagt Sebastian Keckert, Erstautor der Studie, der im Team von Knobloch promoviert. Durch die Kombination verschiedener Messverfahren konnten sie die theoretische Vorhersage bestätigen, dass das kritische Magnetfeld von Nb3Sn in Hochfrequenz-Feldern höher ist als das für statische Magnetfelder. Allerdings sollte das beschichtete Material im Hochfrequenz-Feld noch ein sehr viel höheres kritisches Magnetfeld aufweisen.

Somit haben die Tests auch gezeigt, dass der aktuell verwendete Beschichtungsprozess zur Herstellung von Nb3Sn weiterentwickelt werden könnte, um den theoretischen Werten noch näher zu kommen.

 

Die Arbeit wird auf dem Cover der Fachzeitschrift „Superconductor Science and Technology“ , (2019), angezeigt. Critical fields of Nb3Sn prepared for superconducting cavities; S. Keckert, T. Junginger, T. Buck, D. Hall, P. Kolb, O. Kugeler, R. Laxdal, M. Liepe, S. Posen , T. Prokscha, Z. Salman, A. Suter and J. Knobloch

doi:10.1088/1361-6668/ab119e

arö


Das könnte Sie auch interessieren

  • Gefriergussverfahren – Eine Anleitung für komplex strukturierte Materialien
    Science Highlight
    25.04.2024
    Gefriergussverfahren – Eine Anleitung für komplex strukturierte Materialien
    Gefriergussverfahren sind ein kostengünstiger Weg, um hochporöse Materialien mit hierarchischer Architektur, gerichteter Porosität und multifunktionalen inneren Oberflächen herzustellen. Gefriergegossene Materialien eignen sich für viele Anwendungen, von der Medizin bis zur Umwelt- und Energietechnik. Ein Beitrag im Fachjournal „Nature Reviews Methods Primer“ vermittelt nun eine Anleitung zu Gefriergussverfahren, zeigt einen Überblick, was gefriergegossene Werkstoffe heute leisten, und skizziert neue Einsatzbereiche. Ein besonderer Fokus liegt auf der Analyse dieser Materialien mit Tomoskopie.

  • IRIS-Beamline an BESSY II mit Nanomikroskopie erweitert
    Science Highlight
    25.04.2024
    IRIS-Beamline an BESSY II mit Nanomikroskopie erweitert
    Die Infrarot-Beamline IRIS am Speicherring BESSY II bietet nun eine vierte Option, um Materialien, Zellen und sogar Moleküle auf verschiedenen Längenskalen zu charakterisieren. Das Team hat die IRIS-Beamline mit einer Endstation für Nanospektroskopie und Nanoimaging erweitert, die räumliche Auflösungen bis unter 30 Nanometer ermöglicht. Das Instrument steht auch externen Nutzergruppen zur Verfügung.
  • Einfachere Herstellung von anorganischen Perowskit-Solarzellen bringt Vorteile
    Science Highlight
    17.04.2024
    Einfachere Herstellung von anorganischen Perowskit-Solarzellen bringt Vorteile
    Anorganische Perowskit-Solarzellen aus CsPbI3 sind langzeitstabil und erreichen gute Wirkungsgrade. Ein Team um Prof. Antonio Abate hat nun an BESSY II Oberflächen und Grenzflächen von CsPbI3 -Schichten analysiert, die unter unterschiedlichen Bedingungen produziert wurden. Die Ergebnisse belegen, dass das Ausglühen in Umgebungsluft die optoelektronischen Eigenschaften des Halbleiterfilms nicht negativ beeinflusst, sondern sogar zu weniger Defekten führt. Dies könnte die Massenanfertigung von anorganischen Perowskit-Solarzellen weiter vereinfachen.