Stabilität von Perowskit-Solarzellen erreicht den nächsten Meilenstein

In der Kontroll-Perowskit-Schicht (links) bilden sich zwischen den Mikrokristallen Hohlräume. In der neuen Variante (rechts) polstert die dipolare Polymerverbindung die winzigen Kristalle ab und reduziert damit den thermomechanischen Stress.

In der Kontroll-Perowskit-Schicht (links) bilden sich zwischen den Mikrokristallen Hohlräume. In der neuen Variante (rechts) polstert die dipolare Polymerverbindung die winzigen Kristalle ab und reduziert damit den thermomechanischen Stress. © G. Li/HZB

Unter dem Rasterelektronenmikroskop (REM) sind an den Korngrenzen des Kontroll-Perowskitfilms (links) deutliche Hohlräume zu erkennen. Diese Defekte können zu Verlusten führen und den Wirkungsgrad verringern. Mit Zugabe von b-pV2F (rechts) sind die Hohlräume geschrumpft.

Unter dem Rasterelektronenmikroskop (REM) sind an den Korngrenzen des Kontroll-Perowskitfilms (links) deutliche Hohlräume zu erkennen. Diese Defekte können zu Verlusten führen und den Wirkungsgrad verringern. Mit Zugabe von b-pV2F (rechts) sind die Hohlräume geschrumpft. © G. Li/HZB

Perowskit-Halbleiter versprechen hocheffiziente und preisgünstige Solarzellen. Allerdings reagiert das halborganische Material sehr empfindlich auf Temperaturunterschiede, was im normalen Außeneinsatz rasch zu Ermüdungsschäden führen kann. Gibt man jedoch eine dipolare Polymerverbindung zur Vorläuferlösung des Perowskits hinzu, verbessert sich die Stabilität enorm. Dies zeigt nun ein internationales Team unter der Leitung von Antonio Abate, HZB, im Fachjournal Science. Die so hergestellten Solarzellen erreichen Wirkungsgrade von deutlich über 24 Prozent, die selbst bei dramatischen Temperaturschwankungen zwischen -60 und +80 Grad Celsius über hundert Zyklen kaum sinken. Das entspricht etwa einem Jahr im Außeneinsatz.

Die Materialklasse der Halogenid-Perowskite könnte Solarstrom noch effizienter und zu noch geringeren Kosten ermöglichen. Die Materialien sind sehr günstig, lassen sich mit minimalem Energieaufwand zu dünnen Schichten verarbeiten und erreichen bereits Wirkungsgrade, die deutlich über denen herkömmlicher Silizium-Solarzellen liegen.

Das Ziel: 20 Jahre im Außeneinsatz

Von Solarmodulen wird jedoch erwartet, dass sie unter Freilandbedingungen mindestens 20 Jahre lang eine stabile Leistung erbringen. Dabei müssen sie große Temperaturschwankungen aushalten. Silizium-Module schaffen das problemlos, während die halborganischen Perowskite recht schnell an Leistung verlieren. „Sonnenlicht kann das Innere einer PV-Zelle rasch auf 80 Grad Celsius aufheizen; im Dunkeln kühlt die Zelle dann sofort wieder auf Außentemperatur ab. Das löst große mechanische Spannungen in der Dünnschicht aus Perowskit-Mikrokristallen aus, die zu Defekten und sogar zu lokalen Phasenübergängen führen, so dass die Solarzelle an Qualität verliert", erklärt Prof. Antonio Abate, der am HZB eine große Gruppe leitet.

Chemische Variationen

Gemeinsam mit seinem Team und internationalen Partnern hat er eine chemische Variante untersucht, die die Stabilität der Perowskit-Dünnschicht in verschiedenen Solarzellenarchitekturen deutlich verbessert. Besonders ausgeprägt war die Verbesserung in der so genannten p-i-n-Architektur, die normalerweise etwas weniger effizient ist als die häufiger verwendete n-i-p-Architektur.

Ein Polster gegen Stress

„Wir haben die Bauelementstruktur und die Prozessparameter optimiert, wobei wir auf frühere Ergebnisse aufbauen konnten. So gelang uns schließlich eine entscheidende Verbesserung mit b-Poly(1,1-difluorethylen) oder kurz b-pV2F", sagt Guixiang Li, der unter der Leitung von Prof. Abate promoviert. b-pV2F-Moleküle ähneln einer Zickzackkette, die mit alternierenden Dipolen besetzt ist. „Dieses Polymer scheint sich wie eine weiche Schale um die einzelnen Perowskit-Mikrokristalle in der dünnen Schicht zu legen und bildet eine Art Polster gegen thermomechanische Belastungen ", erklärt Abate.

Rekordwirkungsgrad für p-i-n-Architektur: 24,6 %

Tatsächlich zeigen Aufnahmen unter dem Rasterelektronenmikroskop, dass sich die winzigen Körnchen in den Zellen mit b-pV2F enger aneinander schmiegen. „Außerdem verbessert die Dipolkette von b-pV2F den Transport von Ladungsträgern und erhöht damit die Effizienz der Zelle", sagt Abate. Tatsächlich konnte die Gruppe im Labormaßstab Zellen mit einem Wirkungsgrad von bis zu 24,6 % herstellen, ein Rekord für die p-i-n-Architektur !

Ein Jahr Außeneinsatz unter extremen Belastungen!

Die so hergestellten Solarzellen mussten einen harten Test durchlaufen: mehr als hundert Zyklen zwischen +80 Celsius und -60 Celsius und 1000 Stunden kontinuierlicher 1-Sonnen-Äquivalent-Beleuchtung mussten sie aushalten. Das entspricht etwa einem Jahr Außeneinsatz. „Selbst unter diesen extremen Belastungen erreichten sie am Ende noch einen Wirkungsgrad von 96 %", betont Abate. Das liegt schon in der richtigen Größenordnung. Wenn es nun gelingt, die Verluste noch ein wenig zu reduzieren, könnten Perowskit-Solarmodule auch nach 20 Jahren noch einen Großteil ihrer ursprünglichen Leistung erbringen - dieses Ziel rückt nun in greifbare Nähe.

arö

  • Link kopieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Vortragsreihe zu BIPV auf der Inolope Expo 2025
    Nachricht
    06.02.2025
    Vortragsreihe zu BIPV auf der Inolope Expo 2025
    Das Helmholtz-Zentrum Berlin und BAIP - Beratungsstelle für Bauwerkintegrierte Photovoltaik sind Partner der Inolope Expo 2025 – der Business-Plattform für innovative Gebäudehüllen.

    An unserem Stand 7.F02 laden wir zu Gesprächen  und Informationen zu BIPV ein. An zwei Tagen präsentieren wir praxisorientierte Vorträge zum Thema bauwerkintegrierte Photovoltaik und Insights zu unserem Real-labor Testinghalle. Hier erfahren Sie, wie Sie mit solarer Architektur auf innovative, ästhetische und nachhaltige Weise gestalten.

  • HZB schafft erneut Weltrekord bei CIGS-Pero-Tandemsolarzellen
    Nachricht
    04.02.2025
    HZB schafft erneut Weltrekord bei CIGS-Pero-Tandemsolarzellen
    Durch die Kombination von zwei Halbleiterdünnschichten zu einer Tandemsolarzelle sind hohe Wirkungsgrade bei minimalem ökologischem Fußabdruck erreichbar. Teams aus dem HZB und der Humboldt-Universität zu Berlin haben nun eine Tandemzelle aus CIGS und Perowskit vorgestellt, die mit einem Wirkungsgrad von 24,6 % den neuen Weltrekord hält. Dieser Wert wurde durch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE zertifiziert.
  • Nanoinseln auf Silizium mit schaltbaren topologischen Texturen
    Science Highlight
    20.01.2025
    Nanoinseln auf Silizium mit schaltbaren topologischen Texturen
    Nanostrukturen mit spezifischen elektromagnetischen Texturen versprechen Anwendungsmöglichkeiten für die Nanoelektronik und zukünftige Informationstechnologien. Es ist jedoch sehr schwierig, solche Texturen zu kontrollieren. Nun hat ein Team am HZB eine bestimmte Klasse von Nanoinseln auf Silizium mit chiralen, wirbelnden polaren Texturen untersucht, die durch ein externes elektrisches Feld stabilisiert und sogar reversibel umgeschaltet werden können.